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Das kalte Schwert

Das kalte Schwert

Titel: Das kalte Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Morgan
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beiseite, aus dem Fluss der Hauptverkehrsstraße heraus und auf die steileren, weniger benutzten Gassen, die etwas direkter ins Zentrum von Hinerion führten. Dem Pferd gefiel das nicht sonderlich, aber er strich ihm wiederholt über den Hals, als sie sich abwärts wandten, und beschwichtigte es, so gut er konnte, während das beständige durchdringende Zittern durch sein Brustbein hinauf in seine Gliedmaßen fuhr.
    »Du und ich, Mädchen«, murmelte er. »Du und ich.«
    Unten an der südlichen Kolonnade schob er das Zittern mit
einem Knurren beiseite, wie ein Buch, das ihm nicht sonderlich gefallen hatte, und stieg vor dem Kopfgeldjägerbüro ab. Er band sein Pferd fest, suchte einen Straßenjungen, der es für eine Münze bewachte, und trat unter dem Säulendach ein. Die Türen zum Büro standen weit offen; gelblicher Lampenschein ergoss sich hinaus aufs Pflaster und die abgerissene Schar von Männern, die dort standen oder saßen. Es waren gut ein Dutzend, und ihr Beruf wurde durch das Schimmern von billigem, schartigem Stahl hier und da bekundet; eine Axt, über einen breiten Rücken geschlungen und die Schulter überragend, ein Schwert, dessen Besitzer eine Seilschlinge statt einer Scheide am Gürtel hängen hatte; ein paar hässlich aussehende Messer aus Parashal, eine Stablanze im majakischen Stil, die auf zehn Schritt Entfernung als Fälschung zu erkennen war.
    Im Allgemeinen passten die Männer zu ihren Waffen: schmuddelig, vernarbt und abgenutzt durch den Gebrauch.
    Na ja – vermutlich siehst du im Augenblick auch nicht gerade glänzend aus, Gil.
    Die versammelte Gesellschaft war anscheinend zum gleichen Schluss gekommen. Die Männer wirkten nicht im Geringsten neugierig, als er ins Licht trat, sondern sahen in ihm einen von sich und widmeten sich gleich wieder ihren gemurmelten Gesprächen und ihrem Würfelspiel. Ein ergrauter alter Krieger nickte ihm mit seinem langbärtigen Kinn auf eine Weise zu, die vielleicht liebenswürdig gemeint war.
    Ringil erwiderte die Geste und sprach Naomisch mit yheltethischem Akzent. »Viel los heute Abend. Gibt’s was Neues?«
    »Du hast nichts gehört?« Ein bleicher Schwertkämpfer mit Augenklappe, der sich von einer kleineren Auseinandersetzung umdrehte, die er mit dem Besitzer der falschen majakischen Lanze hatte. »Abschaum von der Straße hat heute früh eine
große Sklavenkarawane aufgemischt. Keine zehn Meilen vor den Stadtmauern. Am helllichten Tag. Haben etwa fünfhundert Sklaven befreit und alle anderen abgemurkst. Wo bist du gewesen, Mann? Die ganze Stadt schwirrt von der Sache.«
    Ringil winkte unbestimmt. »Bin vor ’ner halben Stunde durchs Schwarzsegeltor reingekommen. Laraninthal von Shenshenath. Zum ersten Mal seit einem Jahr wieder auf Ligagebiet. Von wie vielen Köpfen sprechen wir?«
    »Genügend für alle«, knurrte jemand in einer groben Nachahmung von Gils südlichem Akzent und mit dem typischen imperialen Stolpern über die naomische Grammatik. Wie eine Klinge, wie der Zahn bei einem höhnischen Grinsen, und dann ebenso plötzlich abgeschüttelt und ersetzt durch eine gelangweilte, säuerliche Geringschätzung. »Stell dich einfach hinten an, Südländer.«
    Diese Bemerkung wurde mit Gekicher quittiert, das aus dem Kreis der Würfelspieler zu entspringen schien. Die Knochenkuben fielen klappernd auf den Boden, und der Mann, der sie geworfen hatte, sah zu Ringil auf, ob er beleidigt war. Die bemühte Leere in seinem Blick besagte, dass es ihm ziemlich egal war.
    »Mindestens zwanzig, dreißig Köpfe«, sagte der bärtige Krieger eilig, »müssen es sein, diese Karawanen sind gut bewacht. Anscheinend hat die Grenzwache etwa ein Dutzend erwischt, eine Nachhut, aber der Rest ist entkommen.«
    Ringil brach den Blickkontakt mit dem Würfelspieler ab und sah stattdessen durch die Türen des Büros, wo ein Angestellter gähnend an einem Schreibtisch saß und mit einer Schreibfeder in der Hand über einer offenen Schwarte brütete. Dahinter waren ein paar andere an Schubladen und Schreibrollen beschäftigt. Eine Handvoll weiterer Kopfgeldjäger hatte es vorgezogen,
im Büro zu bleiben. Sie saßen in den Ecken des Raums und sahen bei der Erledigung des Papierkrams zu.
    »Also.« Der Drang zu zittern vereinfachte es, den yheltethischen Akzent vorzutäuschen. Er hielt seine Kiefer zusammengepresst, sodass die naomischen Silben guttural klangen. »Fünfzig Gesetzlose, die sich im Wald verstecken. Klingt ziemlich vage für mich. Mehr habt ihr

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