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Das Karpaten-Projekt

Das Karpaten-Projekt

Titel: Das Karpaten-Projekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schmitz
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durch die Kronen der Buchen. Das
Schnauben der Pferde klang weit durch den Wald.

    Diana Steinkamp umkurvte einen Windwurf, stoppte die
Stute und schwang sich aus dem Sattel. Musste das sein? Hannes war froh, oben
zu sein, und hatte vor, den Sattel erst bei der Villa Diana wieder zu
verlassen. Aber Frau Steinkamp führte ihren Zossen am Zügel weiter und ihm
blieb nichts, als vorsichtig vom Pferd zu rutschen und ihr zu folgen.

    Hinter dem Windwurf saß ein Mann auf einem gestürzten
Ahorn und sah ihnen entgegen. Er trug ein flecktarnfarbenes Hemd mit langen
Ärmeln und Cargohosen gleichen Musters. Seine Augen verbarg er hinter einer
schwarzen Sonnenbrille. Unter dem dunklen Tuch, das er sich um den Kopf
gebunden hatte, lugten blonde Fransen hervor. Das Alter des Mannes war schwer
zu schätzen. Weiche, rundliche Gesichtszüge ließen ihn jünger erscheinen, als
er wahrscheinlich war. Schreiber tippte auf Anfang dreißig.

    Als sie auf ein paar Schritt heran waren, stand der Mann
auf und lächelte der Steinkamp zu. »Hi, Di.«

    Schreiber hielt ›Haidai‹ für eine alberne Begrüßung, oder
er war einfach zu alt dafür.

    »Hi, Teddy. Schön, dich zu sehen. Das ist Hannes
Schreiber vom Magazin. Teddy ist der
Mann, der die rumänischen Bären vor der Ausrottung retten wird.«

    Hannes hielt dem jungen Mann seine Hand hin. »Tag, Teddy.«

    Der Getarnte betrachtete Schreibers Pfote wie ein ausgestorben
geglaubtes Reptil und berührte sie kaum. Er sah dem Journalisten von unten
herauf ins Gesicht. Zumindest vermutete Hannes das. Der Mensch war einen Kopf
kleiner als er und setzte die Sonnenbrille wahrscheinlich nur beim Duschen ab.
Diana Steinkamp band die Pferde an einen entblätterten Ast und setzte sich zu
Herrn Teddy auf den Stamm. Schreiber hockte sich auf den Waldboden vor ihnen.
Er wollte sich ein Bild von dem Bärenflüsterer machen und nicht an seiner Seite
kuscheln.

    »Wie läuft’s?« Die Steinkamp knuffte ihren Teddy kumpelig
in die Seite.

    »Dass ich im Mai Molly und Zar verloren habe, weißt du ja
schon.«

    »Wo genau ist es passiert?«

    »An der Fütterung im Stramba-Tal haben sie beide ermordet,
kurz vor Ende der Jagdzeit. Es war meine Schuld. Ich hätte regelmäßiger
hingehen müssen. Aber das Waldgebiet ist so verdammt groß. Ich kann einfach
nicht jede Fütterung jeden Tag betreuen. Zu Fuß schaff ich das nicht.«

    Diana Steinkamp tätschelte Teddys Schulter. »Mach dir
keine Vorwürfe«, sagte sie, »was du hier leistest, macht dir so schnell keiner
nach.«

    »Trotzdem bin ich traurig.«

    »Ich doch auch, Teddy. Ich hab geweint, als deine Mail
kam. Wie wär’s, wenn wir ein Quad anschafften? Damit kämst du schneller rum.«

    Teddy rückte seine Sonnenbrille zurecht. »ATVs hört man
meilenweit, Di. Die Wildhüter könnten mich dann viel einfacher orten. Die
wundern sich eh schon, wenn die Bären ihre Pellets nicht anrühren.«

    Hannes hatte inzwischen Block und Kuli aus der Jacke gefischt
und angefangen, sich Notizen zu machen. »Wie schaffen Sie das eigentlich, die
Bären vom Fressen abzuhalten?«, fragte er.

    Teddy warf Lady Di einen schnellen Blick zu. Sie nickte
ihm aufmunternd zu.

    »Diesel«, sagte der Bärenbeschützer, »ich kippe Dieselöl
über die Pellets in den Futtertrögen. Das wirkt super. Die Brownies kommen zur
Fütterung, riechen den Sprit und trollen sich wieder.«

    Schreiber hatte sich natürlich vorher gefragt, wie man
Bären von der Fütterung fernhalten könnte. Topfschlagen und Gummigeschosse aus
der Zwille waren ihm eingefallen. Auf die einfachste Idee war er nicht
gekommen. Mit stinknormalem Diesel das Futter vergällen: hochwirksam, aber
schlecht fürs Geschäft. Bartelmus’ Kundschaft wollte einen Bärenversteher,
jemanden, der das größte Raubtier Europas durch gutes Zureden zum Besseren bekehrte.
Keinen Typen, der possierlichen Petzen Petrochemie ins Essen schüttete.

    »Hört sich unspannend an«, sagte Schreiber.

    Teddy schnaubte. »Wenn Sie nächtliche Gewaltmärsche durch
Bärenland langweilig finden und Flucht vor den Förstern fad, dann kann ich
Ihnen nicht helfen.« Er schob seine Sonnenbrille ein Stück höher auf die Nase,
verschränkte die Arme vor dem Bauch und schwieg.

    Diana Steinkamp schaltete sich ein. »Ich glaube, Hengstkämpfe
sind das Letzte, was wir brauchen, Männer. Wir sollten lieber überlegen, wie
Herr Schreiber an eine spannende Story kommt.«

    Hannes beeilte sich beizudrehen. »Meine Bemerkung bezog
sich allein auf das

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