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Das Karpaten-Projekt

Das Karpaten-Projekt

Titel: Das Karpaten-Projekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schmitz
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Vergällen des Futters. Ansonsten würde ich gern mit Teddy
ein paar Tage rumziehen und ihm bei der Arbeit zuschauen.«

    »Wenn Ihre Kondition dafür ausreicht …«

    Schreiber ignorierte das Lächeln des Bärenmannes. »Machen
Sie sich um mich keine Sorgen. Es langt, wenn meine Mutter das tut. Die ist
übrigens siebenundachtzig und auch noch ganz gut zu Fuß.«

    »Sie brauchen einen Schlafsack undHiking Boots.«

    »Diana wird Ihnen verraten haben, dass ich Jäger bin. Da
schleppt man solches Zeug immer mit sich rum.«

    Hannes wollte gleich zu Anfang für klare Verhältnisse
sorgen. Er hatte keine Lust, die Recherche mittendrin wegen unüberbrückbarer
Meinungsunterschiede abbrechen zu müssen. Entweder der Tierschützer akzeptierte
ihn als Jäger oder er lehnte die Zusammenarbeit mit einem ›Lustmörder‹ ab.
Schreiber streckte die Beine auf dem Laubboden aus, drückte das Kreuz durch und
wartete auf näheren Bescheid. Er kam in Form einer scharf gestellten Frage.

    »Töten Sie auch Bären?«

    »Wissen Sie«, begann Hannes, »früher habe ich Wildkaninchen
und Ringeltauben im Ruhrpott gejagt. Bären kamen da nicht vor. Jetzt gehe ich
in der Lausitz auf Rehe und Wildschweine. Da gibt es neuerdings wieder Wölfe.
Aber selbst wenn es legal wäre, würde ich die nicht schießen. Ich bin froh,
dass sie zurückgekommen sind. Außerdem jage ich für den Kochtopf. Bis zum
fertigen Gericht alles selbst machen, das finde ich das Tolle an der Jagd.«

    »Hier essen sie auch Bärenschinken.«

    »Würd ich gern mal probieren. Aber dafür brauch ich ja
nicht gleich einen ganzen Bären totzuschießen. Außerdem kostet das ein
Schweinegeld.«

    »Im Prinzip hätten Sie aber nichts dagegen?«

    Schreiber zögerte einen Moment mit der Antwort. In Teddys
Alter hatte auch er einen Sack voll Prinzipien mit sich rumgeschleppt. Hehre
Grundsätze, von denen sich viele im Laufe des Lebens als Luftnummern erwiesen
hatten. Jetzt versuchte er, sich so schlau wie möglich zu machen, bevor er zu
einer Meinung fand. An Grundsätzen war ihm nur einer geblieben, der hatte
nichts mit der Jagd zu tun. Als Reporter weigerte er sich hartnäckig, kleine
Leute in die Pfanne zu hauen.

    »Ich weiß noch zu wenig über Bären, um Ihre Frage zu
beantworten«, sagte Hannes. »Aber ich bin hier, um möglichst viel darüber zu
erfahren. Und falls Sie das beruhigt: Ich hab kein Gewehr dabei.«

    An dieser Stelle griff Diana Steinkamp ein. Ihr schien
viel an einer Magazin -Geschichte über
Teddy, Karpatenbären und sich selbst zu liegen. »Ich finde, mit der Position
können wir leben, Teddy. Oder siehst du das anders?«

    Der Bärenbeschützer rutschte seinen Hintern auf dem
Baumstamm zurecht. Dann sagte er: »Okay, Di.« Begeistert klang das nicht. Ihm
blieb wohl nichts anderes, wenn er seine Sponsorin behalten wollte.

    Sie vereinbarten einen Treffpunkt für den nächsten Morgen
im Stramba-Tal. Weit genug weg von der Fütterung, damit, falls sie beobachtet
würden, kein Verdacht aufkäme. Dann banden sie die Pferde los und stiegen auf.
Das heißt, Schreiber versuchte es. Immer wenn er einen Fuß in den Steigbügel
steckte, machte Kuri einen Schritt nach vorn. Mit dem Aufsteigen klappte es
erst, als Teddy den Zossen an den Zügel nahm und ihn ruhig stellte.

    »Danke«, knurrte Schreiber und ritt hinter der Steinkamp
her.

     

7

    Katharina lag auf dem Bett. Es war dunkel im Zimmer. Sie
starrte auf das Fenster und wartete darauf, dass das Morgenlicht die Schwärze
der Nacht vertriebe. Das Haus schlief. Kein Schlurfen in der Wohnung über ihr.
Keine Toilettenspülung nebenan. Sogar der Fernseher im Stockwerk unter ihr
schwieg. Sie war allein mit der Stille. Tastend wanderte Katharinas Hand über
den Verband. Im Spital hatten sie die Risswunden genäht, ihren linken Arm von
den Fingern bis über den Ellenbogen eingewickelt. Die Ärztin hatte ihr ein
Schmerzmittel eingeflößt. »Sie brauchen jetzt viel Ruhe«, hatte sie gesagt, »schlafen
Sie sich aus, doamna Orend. Es ist
vorbei.«

    Katharina konnte nicht schlafen. Es war noch nicht
vorbei. Die Bilder, die sich vor vier Stunden in ihre Netzhaut gebrannt hatten,
hielten sie wach. Eine Blutlache auf dem Beton, in der das Mädchen seltsam
verrenkt lag. Bärenkrallen, die ihren Arm zerschnitten. Der kleine Bär, der
hinkend im Wald verschwand. Das Kopfschütteln des Notarztes, der das Mädchen
untersuchte. Die Gesichter der Gaffer über ihr, als sie am Boden saß und
weinte. Wie Standbilder einer DVD

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