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Das Karpathenschloß

Das Karpathenschloß

Titel: Das Karpathenschloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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nur ahnte, welchem Gedankengange der junge Mann sich in diesem Augenblicke hingab.
    Da Nic Deck indeß schwieg, wurde der Vorschlag des Schäfers von Niemand weiter aufgenommen. Wer hätte es auch jetzt, wo das Karpathenschloß entschieden verhext war, wagen sollen, dieses zu besuchen, wenn er nicht schon vorher den Kopf verloren hatte? Jeder sachte also die geeignetsten »Gründe« hervor, sich davon loszukaufen. Der Biró war nicht mehr in dem Alter, so etwas zu unternehmen. Der Lehrer hatte seine Schule zu besorgen, Jonas seinen Gasthof zu führen; Frik hatte seine Schafe zu hüten und die anderen Bauern hatten sich mit ihrem Vieh oder Heu zu beschäftigen.
    Nein! Kein Einziger wollte das Opfer einer solchen Unbesonnenheit werden, und wiederholte für sich:
    »Wer so kühn wäre nach der Burg zu gehen, dürfte von dort wohl niemals wieder heimkehren!«
    Da öffnete sich rasch die Thür der Gaststube… Alle schracken zusammen.
    Es war aber nur der Doctor Patak, und es wäre denn doch schwierig gewesen, ihn für eine jener bezaubernden Lamies anzusehen, von denen Magister Hermod gesprochen hatte.
    Da sein Patient todt war – was seinem medicinischen Scharfsinn alle Ehre machte – hatte sich Doctor Patak beeilt, in die Versammlung im »König Mathias« zu kommen.
    »Da seid Ihr endlich!« rief Meister Koltz.
    Doctor Patak wechselte erst mit jedem einen kräftigen Händedruck, als wenn er Arzneien ausgetheilt hätte, und rief dann in halb spöttischem Tone:
    »Nun, Ihr Leute, immer ist’s die Burg, das Teufelsnest, das Euch beschäftigt! – O, Ihr Hasenfüße! Wenn das alte Schloß qualmen will, so laßt’s doch ruhig qualmen! Raucht denn Euer gelehrter Hermod nicht, und noch dazu den ganzen langen Tag?… Wahrlich, das ganze Dorf ist bleich vor Schrecken! Ich habe bei meinen Krankenbesuchen von gar nichts Anderem reden hören! Die Geister haben da draußen ein Feuer angezündet. Warum denn nicht? Wenn sie sich nun den Schädel erkältet haben?… Vielleicht frieren sie auch in den Zimmern des Wartthurms – oder sie mußten dort gerade Brot für jene Welt backen! Man muß sich da oben doch am Ende auch ernähren, wenn es wahr ist, daß Jeder dereinst wieder aufersteht!… Vielleicht sind es Bäckergesellen aus dem Himmel, die dort ihren Backofen eingerichtet haben.«
    So platzte der Mann mit einem Scherze nach dem andern heraus – freilich nicht nach dem Geschmacke der Bewohner von Werst, die solchen Spott ernsthaft verabscheuten.
    Man ließ den Doctor reden.
    Dann aber fragte ihn der Biró:
    »Sie schreiben also dem, was auf der Burg vor sich geht, keinerlei Bedeutung zu, Doctor?…
    – Nicht die geringste, Meister Koltz.
    – Sagten Sie nicht früher einmal, Sie wären gleich bereit dorthin zu gehen, wenn man Ihnen das nicht zutrauen sollte?…
    – Ich?… erwiderte etwas stotternd der alte Krankenwärter, den es doch unangenehm berührte, daß man ihn jetzt an seine Worte erinnerte.
    – Nun freilich! Haben Sie das nicht wiederholt geäußert? fuhr der Beamte unbeirrt fort.
    – Gesagt hab’ ich es wohl… ganz sicher, und wahrhaftig… wenn es sich nur darum handelt, es zu wiederholen…
    – Es handelt sich darum, es zu thun.
    – Es zu thun?…
    – Ja, und statt, daß wir es Ihnen nicht zutrauen… begnügen wir uns, Sie darum zu ersuchen, setzte Meister Koltz hinzu.
    – Ja, Ihr begreift, meine Freunde… natürlich… ein derartiger Vorschlag…
    – Nun also, da Ihr zögert, Doctor, ließ der Wirth sich vernehmen, so ersuchen wir Euch darum nicht, sondern trauen es Euch einfach nicht zu…
    – Ihr traut mir es nicht zu?…
    – Ja, Doctor!
    – Ihr geht gleich zu weit, Jonas, mischte sich da der Biró ein. Man darf so etwas von Patak nicht behaupten. Wir wissen, daß er ein Mann von Wort ist; was er gesagt hat, daß er thun werde, das wird er auch thun, und wär’s auch nur um dem Dorfe, nein, dem ganzen Lande einen wichtigen Dienst zu erweisen.
    – ‘S ist also Ernst?… Ihr wollt, daß ich nach dem Schlosse gehe? rief der Doctor, dessen kupferiges Gesicht ganz blaß wurde.
    – Davon werdet Ihr nun nicht loskommen, erklärte Meister Koltz entschieden.
    – Ich bitte Euch aber, bester Freund… ich bitte Euch… das wollen wir uns doch erst überlegen!…
    – Ueberlegt ist schon Alles, ließ Jonas sich vernehmen.
    – Seid einmal gerecht… Wozu würde es nützen, wenn ich nun wirklich dahin ginge… und was könnte ich besten Falls finden?… Einige wackere Leute, die in der Burg ein

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