Das Karrieremacherbuch
restlichen 55 Minuten der Pause weiterarbeiten zu können. Ein Karrierearbeiter, ein Career Worker – jemand, der denkt, mit viel Arbeit auch viel bewirken zu können. Doch nach der gängigen Karriereformel wird Arbeit nicht in Erfolg umgewandelt. Jemand, der sich so reinhängt, wird so gut wie immer ausgenutzt. Er ist der ideale Beschleuniger für die Karriere von anderen. Ich wunderte mich nicht, als er erzählte, dass seine Vorgesetzten immer mehr Aufgaben auf ihn abluden. Er wirkte so angespannt, als könnte der Burn-out ihn schon mit unter 30 erwischen. Dann ist Schluss mit der Art von Karriere, die er sich vorstellte. Burn-out merkt man nicht, er ist schwuppdiwupp einfach da. Dann kippt man um und kann Monate gar nicht mehr arbeiten und auch danach nur begrenzt. Es lohnt sich also nicht, sich kaputtzumachen. Und bringt rein gar nichts für das berufliche Weiterkommen.
Career Worker
Ehrgeizlinge gab es schon immer. Nur waren sie anders gepolt. Bei den Yuppies meiner Generation bedeutete Erfolg eine gute Position als Banker oder Rechtsanwalt haben, Partys machen und eine Rolex tragen. Das hatte noch mehr mit Schein und Status zu tun als mit Burn-out und war letztendlich gesünder. Heute bettet sich beruflicher Erfolg in einen neuen Kontext ein. Karriere ist ganz eng verwoben mit Leistung, Fleiß und Disziplin. Viele Berufseinsteiger glauben, dass leistungs- und fleißorientierte Career Worker am Arbeitsmarkt überlegen sind. In der Schulzeit und während des Studiums arbeiten viele deshalb bis zum Umfallen und rüsten sich mit Bildung hoch – nicht selten sanft motiviert von ihren modernen Eltern. Danach wollen sie die Früchte ernten: in einem möglichst geordneten System Karriere machen, am besten mit einem Trainee-Programm in die sichere Laufbahn starten, dabei einen Auslandsaufenthalt mitnehmen und dann schön geregelt die Karriereleiter rauf, eins, zwei, drei. Eventuell wird das Trainee-Programm bei den besonders Ehrgeizigen ersetzt durch zwei, drei Jahre in den Durchlauferhitzern der Unternehmensberatungen. Vielleicht ist das auch alles gleich, Hauptsache, es gibt einen Einstieg zum Aufstieg als spätere Führungskraft, um einen sicheren Job mit gutem Gehalt zu erlangen. Die einen oder anderen mögen sich zeitweise dem Klimaschutz, der Windenergie, dem kulturellen Bereich oder sonstigen nützlichen Themen zuwenden, aber im Grunde geht es den meisten um dasselbe: um Aufstieg. Weil sie alle denken, dass nur das vor dem sozialen Absturz bewahrt und dem Schicksal, ins Prekariat abzusinken.
Geregelten Aufstieg gibt es nicht mehr
Das geregelte Aufsteigen auf einer mit klaren Stufen aufgebauten Karriereleiter ist der Wunsch der meisten Berufseinsteiger. Und der größte Irrtum. Denn geregelten Aufstieg gibt es nicht. So wie es überhaupt immer weniger vertikalen Aufstieg geben wird. Die Firmen lügen Ihnen etwas vor, wenn sie etwas anderes behaupten. Im Moment präsentieren sie Ihnen eine Fach-, Projekt- und Führungslaufbahn als Karriereschmankerl. Zuerst tendiert man dazu, über kurz oder lang auf Führung zu setzen. Spätestens nach zwei, drei Jahren muss es nach oben und weitergehen.
Karrieremachen ist ein wichtiger Antrieb, oft schon für 25-Jährige. »Wo und wie kann ich meine Laufbahn beschleunigen?«, schrieb mir gerade ein junger Wirtschaftsinformatiker. Ich ermittle in solchen Fragen erst einmal, welches Verständnis von Karriere eine Person hat. Oft ist das Ergebnis überraschend: Nicht wenige fühlen sich gedrängt zu regelmäßigen Sprüngen auf der Karriereleiter und sind am Ende froh, wenn sie erfahren, dass sie ihre Karriere entspannter viel erfolgreicher entwickeln könnten. Dass sie keine Career Worker sein müssen, weil Arbeitsmaschinen gern als Mitarbeiter gehalten, jedoch ungern befördert werden.
Sie erfahren, dass sie nicht alle zwei Jahre einen neuen Titel brauchen, sondern vielleicht nur eine bestimmte Weiterbildung. Sie merken, dass ihre innere Unzufriedenheit im Grunde genommen mit dem äußeren Druck zu tun hat, demzufolge man weiterkommen muss. Manche bekommen auch Mut zu schwimmen, ohne ein klares berufliches Ufer zu sehen. Manche schaffen es sogar, die Planwirtschaft ganz aufzugeben.
»Manager werden«
Die Einstellung zum beruflichen Fortkommen ist heute furchtbar verkrampft! Viele Leute sind Getriebene, die meinen, vor dem 40. Lebensjahr restlos alles erlebt und erreicht haben zu müssen. Die Treibjagd haben der unberechenbare Arbeitsmarkt, die Kurvenkonjunktur, Eltern
Weitere Kostenlose Bücher