Das Karrieremacherbuch
»bad guys«. Ergo: Wer als Manager auf dem freien Markt eine neue Stelle sucht, ist der ideale »Kehrbesen«.
Für einen Jobwechsel gibt es nur zwei Gründe: eine echte Notsituation oder einen Gehaltssprung von 10 bis 20 Prozent. Dies ist bei vielen älteren Fachkräften der Hauptgrund fürs lange Bleiben und Warten auf die Kaminkarriere.
Weg mit den alten Ängsten
Unterm Strich implizieren diese Regeln die Überzeugung, dass gekündigte Mitarbeiter immer auch Schlechtleister seien und man es bis zu einem Alter von 35, 40 Jahren »geschafft« haben müsse. Sie führen zu der Annahme, dass an jemandem, der sich verändern will, irgendetwas faul sein müsse. Aus dem Denken, die Kündigung sei etwas »Böses«, ein »Makel«, den man verheimlichen muss, entstanden allerlei weitere fragwürdige Empfehlungen. »Sagen Sie nie, dass Sie freigestellt worden sind, damit kommen Sie in eine schlechte Verhandlungssituation« ist ein typischer Rat, der auf diesen alten Gesetzen basiert. Danach scheint zudem klar zu sein, dass ein Mann mit guter Ausbildung eine Führungsposition erlangen muss, weil er ansonsten ein Versager ist. Und dass für Frauen sowieso andere Regeln gelten. Wo bitte bleibt Alice Schwarzer?
Alte Gesetze beeinflussten die Berufsratgeber
Die sieben ungeschriebenen Karrieregesetze finden sich so oder ähnlich nach wie vor in den Köpfen vieler Bewerber Ihrer Väter-Generation. Und natürlich finden sich immer genug Beispiele dafür, die sie bestätigen. Tatsächlich kamen in den Krisenjahren 2003 bis 2005 über 45-Jährige nur schwer ins Vorstellungsgespräch. Tatsächlich wurde vor allem vielen Schlecht leistern gekündigt. Und, wen wundert es, es war oft die Notsituation, die zum Wechsel trieb. Also war man ein schlechter Bewerber.
Dabei ist auch das Thema Leistung anfechtbar. Denn: Wer in einem Unternehmen schlechte Ergebnisse bringt, kann in einem anderen erfolgreich sein. Die Performance eines Mitarbeiters ist stark abhängig von Glück und Umfeld. Top-Managern billigt man das zu: Alle haben Ups und Downs, Fehltritte und Erfolge wechseln sich ab. Nicht zuletzt ist auch die Interpretation der Performance individuell, sofern keine messbaren Kriterien wie Zahlen herangezogen werden. Aufgrund dieser schwierigen Bewertung des Faktors Leistung im Job kommt es immer wieder dazu, dass aus Versehen gute Leute zum überflüssigen Headcount gezählt werden können. Jedenfalls habe ich ein paar Mal erlebt, dass Mitarbeiter gekündigt und dann wieder eingestellt worden sind, als man merkte, dass man ohne sie doch schlecht auskam.
Das alte ungeschriebene Karrieregesetzbuch, das es sich irgendwann zwischen 1975 und 1990 in den Köpfen heimisch machte, wahrscheinlich im Zuge des Entstehens von Ratgeberliteratur, 33 legte die Basis für Tipps und Ratschläge, die Bewerbungsexperten, Personalberater und Buchautoren heute geben. »Wenn Sie sich verändern, müssen Sie mindestens 10 Prozent mehr Gehalt fordern« ist so ein Klassiker, der in nahezu jedem Ratgeber nachzulesen ist.
Angst vor dem Absturz
Kaminkarriere war das Nonplusultra und der Jobverlust entsprechend ein Drama. Es galt, so lange wie möglich zu verschweigen, dass man gekündigt oder gar freigestellt worden war. Stundenlang büffelten die Jobsuchenden, wie sie einen Arbeitstag im Präsens schildern, wenn sie schon Monate gar nicht mehr arbeiteten. Das ist eine kaum zu bewältigende schauspielerische Leistung, die ich schon vor zehn Jahren für völlig überflüssig und kontraproduktiv hielt. Noch 2007 machte ein Outplacement-Berater 34 einem arbeitslos gewordenen Bekannten von mir deutlich, dass er angestellt »spielen« sollte und sich zudem auf keinen Fall unterhalb seines alten Leiter-Controlling-Gehalts verkaufen dürfte. Die Folge: Er lernte seine Auftritte auswendig und lehnte alle Angebote als gehaltsmäßig unakzeptabel ab. Ob nun die stümperhafte Schauspielerei oder die Gehaltsforderung zur Erfolglosigkeit führte, vermutlich beides: Am Ende der Arbeitslosengeld-I-Frist stand mein Bekannter ohne Job da und erinnerte sich beiläufig, dass ich bereits vor zwölf Monaten gesagt hatte, mehr als 130 000 Euro seien bei seinem Profil nicht drin.
Gehalt und Alter entkoppeln
Was der ihm zugeteilte Berater offenbar ignoriert hatte: Immer noch ist es teilweise so, dass sich Menschen mit sehr langer Betriebszugehörigkeit gehaltsmäßig von Jahr zu Jahr hocharbeiten. Hier trifft jedoch alte auf neue Karrierewelt. Neu ist, dass Gehälter marktorientierter
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