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Das Kartengeheimnis

Das Kartengeheimnis

Titel: Das Kartengeheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jostein Gaarder
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an. Aber richtig verwirrt war sie, als Vater mir einen starren Jokerblick zuwarf.
    Nachdem wir eine gute Stunde lang über alles mögliche geredet hatten, nur nicht über das, woran wir alle dachten, machte Mama den sagenhaften Vorschlag, ich solle die beiden allein lassen und schon mal schlafen gehen. Es sollte wohl ihr Beitrag zu meiner Erziehung sein, nachdem sie sich acht Jahre lang nicht um mich gekümmert hatte.
    Mein Vater bedachte mich mit einem vertraulichen Nun-tu-ihr-schon-den-Gefallen-Blick, und mir ging auf, daß es wahrscheinlich an mir lag, wenn das Gespräch nicht auf den Punkt kam. Ich begriff, daß die Erwachsenen unter vier Augen miteinander reden mußten. Trotz allem waren sie es, die sich voneinander weg verirrt hatten; ich machte die Sache höchstens ein bißchen komplizierter.
    Ich umarmte Mama ausgiebig, und sie flüsterte mir ins Ohr, daß sie am nächsten Vormittag mit mir in die beste Konditorei der Stadt gehen würde. Wir waren also schon dabei, uns kleine Geheimnisse zuzulegen.
    Als ich mich in unserem Zimmer ausgezogen hatte, las ich weiter in dem Brötchenbuch. Es waren nicht mehr sehr viele Seiten übrig.

HERZ VIER
    ... auch wir wissen nicht, wer die Karten austeilt...
     
     
     
    Der Bäcker-Hans starrte leer vor sich hin. Solange er von der magischen Insel erzählte, lag in seinen tiefen blauen Augen eine eigenartige Glut, aber nun schien diese Glut erloschen. Es war fast ganz dunkel in dem kleinen Zimmer – längst war es Nacht geworden. Nur im Kamin leuchtete noch ein schwacher Schein des Feuers, das früher am Abend hell gelodert hatte. Der Bäcker-Hans erhob sich und stocherte mit einem Schürhaken in der Glut. Für kurze Zeit erwachte das Kaminfeuer zu neuem Leben und warf ein flackerndes Licht auf die Goldfischgläser und die vielen anderen merkwürdigen Dinge in dem kleinen Zimmer.
    Ich hatte den ganzen langen Abend jedem Wort des alten Bäckers atemlos gelauscht. Während er von Frodes Spielkarten erzählte, hatte ich mich ein paarmal mit vor Staunen weit geöffnetem Mund ertappt. Ich wagte es nicht, ihn zu unterbrechen. Und obwohl er nur dieses eine Mal von Frode und der magischen Insel erzählte, bin ich mir sicher, daß ich mich an jedes Wort erinnere.
    ›So kam Frode in gewisser Weise doch noch nach Europa zurück‹, schloß er, immer noch dem Feuer zugewandt.
    Ich wußte nicht, sprach er zu mir oder zu sich selber. Und ich war mir auch nicht sicher, was er meinte.
    ›Denkst du an die Karten?‹ fragte ich.
    ›Ja, daran auch.‹
    ›Es sind die oben auf dem Boden, nicht?‹
    Der Alte nickte. Dann ging er in sein Schlafzimmer. Als er zurückkam, hielt er das Kistchen mit den Karten in der Hand.
    ›Das sind Frodes Patiencekarten, Albert.‹
    Vorsichtig stellte er das Kistchen vor mir auf den Tisch. Ich spürte, wie mein Herz schneller schlug, als ich die Karten aus dem Kistchen nahm. Ganz oben lag die Herz Vier. Ich nahm den Stapel und blätterte ihn Karte für Karte durch. Sie waren alle so verblichen, daß ich nicht immer erkennen konnte, welche Karte ich vor mir hatte. Einige aber erkannte man noch gut; den Karo Buben, Herz und Pik König, Kreuz Zwei und Herz As und ein paar andere.
    ›Und das sind dieselben Karten... die auf der Insel herumgelaufen sind?‹ fragte ich im Flüsterton.
    Wieder nickte der Alte.
    Und wirklich kam mir jede Karte, die ich in der Hand hielt, vor wie eine lebendige Person. Als ich den Herz König vor dem Kaminfeuer in die Höhe hielt, fiel mir ein, was er auf der seltsamen Insel gesagt hatte. Einmal, dachte ich, war er ein springlebendiger Zwerg unter dem Himmel. Einmal lief er zwischen Blumen und Bäumen in dem großen Garten herum. Das Herz As hielt ich lange in der Hand. Ich mußte daran denken, was sie zuletzt gesagt hatte: daß sie in dieser Patience nicht zu Hause sei.
    ›Nur der Joker fehlt‹, sagte ich, als der Stapel wieder vollständig vor mir lag. Ich hatte zweiundfünfzig Karten gezählt.
    Der Bäcker-Hans nickte.
    ›Der ist mit mir zur großen Patience weitergezogen. Verstehst du, mein Sohn? Auch wir sind solche springlebendigen Zwerge unter dem Himmel. Und auch wir wissen nicht, wer die Karten austeilt.‹
    ›Glaubst du... er ist immer noch in der Welt unterwegs?‹
    ›Darauf kannst du Gift nehmen, mein Sohn. Nichts auf dieser Welt kann dem Joker etwas anhaben.‹
    Der Bäcker-Hans stand mit dem Rücken zum Kamin. Als für einen Augenblick das Feuer aufloderte, warf er plötzlich einen schwarzen Schatten über mich,

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