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Das Kartengeheimnis

Das Kartengeheimnis

Titel: Das Kartengeheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jostein Gaarder
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Planeten mit dir zusammen erleben darf. Ich weiß, welches Glück jedes einzelne kleine Gewürm auf diesem Planeten hat.«
    »Und die, die Pech hatten?« fragte ich.
    »Die gibt es nicht!« brüllte er. »Sie sind nie geboren worden. Das Leben ist eine riesige Lotterie, bei der nur die Gewinnerlose sichtbar sind.«
    Dann blickte er lange aufs Meer.
    »Fahren wir weiter?« fragte ich schließlich.
    »Nein. Du bleibst schön still sitzen, Hans-Thomas. Es kommt nämlich noch mehr.«
    Er sagte das, als wäre es nicht nur er selber, der da redete. Als sähe er sich als eine Art Rundfunkempfänger, der nur auffing, was von irgendwoher zu ihm kam. Man nennt das wohl Inspiration.
    »So ist es mit allen Zufällen«, sagte Vater jetzt.
    Ich zog die Lupe aus der Tasche und blickte zu ihm auf. Wenn er erst eine Weile seine Gedanken ordnete, bevor er anfing zu reden, kam etwas Wichtiges, das wußte ich.
    »Nehmen wir ein einfaches Beispiel: Ich denke an einen Freund, und im nächsten Moment ruft er an oder steht auf der Treppe. Viele halten so einen Zufall für etwas Übernatürliches. Aber ich denke auch oft an diesen Freund, ohne daß er an meiner Tür klingelt. Und er ruft mich auch öfters an, ohne daß ich an ihn gedacht habe. You see?«
    Ich nickte.
    »Aber wir erinnern uns vor allem an die Gelegenheiten, wo beides gleichzeitig passiert ist, und das ist das Entscheidende. Wenn wir einen Zehner finden, wenn wir ihn gerade dringend brauchen, heißt es prompt, das liege an etwas ›Übernatürlichem‹. Selbst, wenn wir pausenlos pleite sind. Und auf genau diese Weise entstehen haufenweise vage Gerüchte über allerlei ›übernatürliche‹ Erlebnisse von irgendwelchen Tanten und Onkeln. Die Leute interessieren sich nämlich so sehr für solche Geschichten, daß es bald immer mehr von ihnen gibt. Aber auch hier ist es so, daß nur die Gewinnerlose sichtbar sind. Es ist kein Wunder, daß ich eine Schublade voller Joker habe, wenn ich sie sammle !«
    Er war ganz außer Atem.
    »Hast du nie versucht, dich zu bewerben?« fragte ich.
    »Wovon zum Henker redest du?« bellte er.
    »Um eine Stellung als staatlicher Philosoph«, sagte ich.
    Er lachte heiser, dann fügte er in etwas gedämpfterem Ton hinzu: »Wenn wir uns so sehr in das ›Übernatürliche‹ verbeißen, dann liegt das an einer seltsamen Blindheit: Wir sehen nicht das Allergeheimnisvollste von allem – nämlich, daß es eine Welt gibt. Viele interessieren sich mehr für Marsmenschen und fliegende Untertassen als für die ganze rätselhafte Schöpfung, die sich direkt vor unserer Nase entfaltet. Ich glaube nicht, daß die Welt ein Zufall ist, Hans-Thomas.«
    Er machte eine kleine Pause, dann beugte er sich über mich und flüsterte: »Ich glaube, daß das Universum gewollt ist. Eines Tages wirst du sehen, daß sich hinter all den Myriaden von Sternen und Galaxien eine Absicht verbirgt.«
    Ich fand, was er gesagt hatte, fügte sich wunderbar in die Reihe der vorangegangenen lehrreichen Zigarettenpausen. Aber ich war trotzdem nicht davon überzeugt, daß alles, was mit dem Brötchenbuch zu tun hatte, ein Zufall sein sollte. Vielleicht war es wirklich ein blinder Zufall, daß Vater und ich Murano besucht hatten, ehe ich über die Karozwerginnen las. Es konnte auch so ein blinder Zufall sein, daß mir eine Lupe in die Hand gedrückt wurde und ich dann ein Brötchenbuch in Mikroschrift erhielt. Aber daß gerade ich das Brötchenbuch bekommen hatte – dahinter mußte eine Absicht stecken.

KREUZ FÜNF
    ... es war schwieriger geworden, Karten zu spielen...
    Als wir an diesem Abend in Ancona eintrafen, war Vater so schrecklich gut gelaunt, daß ich mich fast vor ihm fürchtete. Während wir im Auto darauf warteten, daß wir an Bord durften, starrte er die Fähre lange wortlos an.
    Es war ein großes gelbes Schiff namens Mediterranean Star . Die Überfahrt nach Griechenland sollte zwei Nächte und einen Tag dauern. Die Fähre fuhr abends um neun. Nach der ersten Nacht würden wir den ganzen Sonntag auf See verbringen, und wenn uns nicht Seeräuber überfielen, würden wir Montag morgens um acht den ersten Fuß auf griechischen Boden setzen. Vater hatte eine Broschüre über die Fähre besorgt.
    »Die hat achtzehntausend Tonnen, Hans-Thomas, das ist also keine Badewanne. Sie macht siebzehn Knoten und hat Platz für über tausend Passagiere und dreihundert Autos. Sie hat mehrere Läden und Restaurants, Bars und Sonnendecks, Diskothek und Spielkasino, aber das ist noch nicht

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