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Das Karussell der Spitzbuben

Das Karussell der Spitzbuben

Titel: Das Karussell der Spitzbuben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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Er nahm das Ersatzrad, fuhr damit zur nächsten Tankstelle und ließ es aufpumpen. So lernten wir uns kennen. Er bat mich nie um Geld, im Gegenteil, er bezahlte immer, wenn wir ausgingen oder verreisten. Jetzt, im nachhinein, bekommt es natürlich einen Sinn, wenn mich manchmal das Gefühl übermannte, er hielte nach jemandem Ausschau. Er wirkte oft fahrig, unruhig, oder er fuhr erschrocken zusammen, wenn ich ihn ansprach. Angeblich stammte er aus Ottawa, wo er bei einer Grundstücksfirma arbeitete. Sehr zum Unwillen seines Vaters, den ich leider nicht ausfindig machen konnte. Aber Schuhe interessierten ihn einfach nicht.“
    „Schuhe??“ fragte Scott verblüfft.
    „Ja. Sein Vater sollte eine Schuhfabrik besitzen. ,Bonnie’, hat er einmal zu mir gesagt, ,wenn man mich zwänge, nur noch in geschlossenen Räumen zu arbeiten, ginge ich innerhalb weniger Wochen ein wie eine Pflanze ohne Sonne und Wasser.“ Namen von irgendwelchen Freunden hat er nie erwähnt. Er war stets hilfsbereit und liebenswürdig. Und was Ihre letzte Frage anbetrifft: Nein, er bat mich nie um eine undurchsichtige Gefälligkeit.“
    Die nächste Stunde plätscherte das Frage-und-Antwort-Spiel ohne jegliche Höhepunkte dahin. Das lag zweifellos daran, daß Marc Scott seine Aufmerksamkeit zu teilen hatte. Während er Bonnie Wilson zuhörte, wanderten seine Augen in regelmäßigen Abständen zum Rückspiegel. Zweimal fuhr er ohne jeden ersichtlichen Grund links heran, und beide Male antwortete er seiner Begleiterin, daß er nur die Bremsen ausprobiert hätte.
    Fünf Meilen vor Gilford etwa stieß ihn Bonnie Wilson leicht in die Seite. „Hören Sie mir überhaupt zu, Mister Scott?“ fragte sie vorwurfsvoll.
    „Aber ja“, nickte Scott, „Sie sagten gerade, daß Ihre Mutter gegen Howard Townsend eingestellt war und daß Sie das sehr bedrückte.“ Übergangslos, ohne die Stimme anzuheben, fuhr Scott fort: „Und jetzt hören Sie mir gut zu. Ich verrate Ihnen etwas, und Sie versprechen mir, sich nicht umzudrehen!“
    Es dauerte einige Sekunden, bis Bonnie Wilson den Sinn dieser Aufforderung begriff. Mit erstickter Stimme versuchte sie sich zu vergewissern: „Das heißt... daß... daß..
    „Daß wir verfolgt werden! Ja, so ist es. Ich habe sie schon vor einer Stunde das erste Mal bemerkt.“
    Bonnie Wilsons Hand krampfte sich um Scotts linken Arm. „Um Gottes willen, Mister Scott, was tun wir jetzt?“ Sie schluchzte trocken und flüsterte heiser vor Furcht: „Warum nur bin ich nicht gleich zur Polizei gegangen, als der Brief kam?“
    Marc Scott legte ihr beschwichtigend seine Linke auf die Hand. „Keine Panik, Miß Wilson. Es gibt nicht einen einzigen Grund, beunruhigt zu sein. Verlassen Sie sich ganz auf mich.“ Seine Stimme klang in der Tat mehr belustigt als besorgt. Und er lächelte ihr zu, als er versprach: „Wir werden die Burschen schneller außer Gefecht gesetzt haben, als denen lieb sein wird. Entspannen Sie sich, es droht Ihnen keine Gefahr.“
    Seine Worte verfehlten nicht ihre Wirkung, obwohl kaum zu übersehen war, daß es Bonnie Wilson Überwindung kostete, sich in ihrem Sitz nicht nach hinten zu wenden.
    „Wie viele sind es?“ fragte sie flüsternd.
    „Sagen wir mal so“, grinste er zur Seite, „wenn keiner auf dem Rücksitz schläft, haben wir es mit einem Duo zu tun. Beide tragen Bart, Mütze und Sonnenbrille. Man könnte sie aus der Entfernung fast für Zwillinge halten.“
    „Was nun?“
    „Kurz vor der Abzweigung nach Gilford gibt es eine große Raststätte.“
    „Ja, ich weiß“, nickte die junge Frau.
    „Dann wissen Sie sicher auch, daß man in der Snackbar einen vorzüglichen Tee serviert. Wir werden dort eine kleine Pause einlegen. Bei dieser Gelegenheit werde ich unauffällig mit der Polizei in Gilford telefonieren.“
    „Und was wollen Sie sagen?“
    „Darüber muß ich noch nachdenken. Aber mir wird bestimmt was Gescheites einfallen.“
    Bis zur Raststätte Brokersfield tätigte Marc Scott noch drei überflüssige Überholmanöver, die prompt von dem gelben Wagen nachvollzogen wurden. Als er den linken Blinker vor der Ausfahrt zur Raststätte betätigte, begannen auch die Verfolger, Lichtsignale zu geben.
    Scott fuhr direkt bis zur Snackbar und registrierte zufrieden, wie sich der Gelbe zum Parken in gehörigem Abstand zwischen zwei Transporter schob.
    Der Detektiv bestellte zweimal Tee. Wenn er geglaubt hatte, daß sich die Verfolger ebenfalls einfinden würden, sah er sich getäuscht. Offensichtlich

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