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Das Karussell der Spitzbuben

Das Karussell der Spitzbuben

Titel: Das Karussell der Spitzbuben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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anzustellen.
    Scott setzte sich ihr gegenüber und sah sie erwartungsvoll an. Er schätzte sie auf Mitte Zwanzig. Von ihrer Erscheinung und den Bewegungen ordnete er sie in die Gruppe der besser verdienenden Angestellten ein.
    Sie suchte sichtlich nach einem Anfang. Schließlich richtete sie sich im Sitzen etwas auf und begann zögernd, fast tastend: „Man... man hat mir gesagt, daß Sie ein guter... ein sehr guter Detektiv seien. Und ein diskreter dazu.“ Scott lächelte ihr über den Brillenrand hinweg zu. Natürlich bin ich ein sehr guter und diskreter Detektiv! stimmte er ihr insgeheim zu. Laut jedoch stellte er fest: „Mit anderen Worten, Sie haben ein Anliegen, das ein Übermaß an Diskretion erfordert.“
    „Ich glaube schon. Außerdem dürfte es sehr ungewöhnlich sein.“ Schnell ergänzte sie: „Jedenfalls bilde ich mir ein, daß es ungewöhnlich ist. Und ich bin hilf- und ratlos.“ Marc Scott sah in das hübsche Gesicht vor ihm. Ja, genauso sah sie aus: hilf- und ratlos.
    „Lassen Sie mich Ihr Problem hören, und ich werde Ihnen sagen, ob ich helfen kann, Miß Wilson!“
    Bonnie Wilson zog die Umhängetasche, die sie zur Seite gelegt hatte, auf ihren Schoß und öffnete den Verschluß. Sie reichte Scott einen Umschlag. „Bitte, würden Sie diesen Brief lesen.“

    Der Detektiv warf einen flüchtigen Blick auf den Poststempel. „Am sechsten abgestempelt!“
    Sie nickte. „Ja. Erhalten habe ich ihn letzte Woche.“ Marc Scott faltete das Blatt auseinander und las die handgeschriebenen Zeilen:

    Liebste Bonnie,
    was ich seit langem befürchte, scheint nun eingetreten zu sein: Sie haben mich auf gespürt! Solltest Du jetzt diesen Brief erhalten, gibt es mich nicht mehr. Ein Anwalt wird ihn dann in den Kasten geworfen haben. Denn, so lautete sein Auftrag: Sollte er drei Tage hintereinander nichts von mir hören, dann bin ich nicht mehr in der Lage, mich zu melden.
    Liebste Bonnie, mein früheres Leben war nicht so, wie ich es Dir erzählt habe. Mein wirklicher Name lautet auch nicht Henry Thompson, sondern Howard Townsend.
    Ebensowenig gab es je reiche Eltern, denen ich in Kanada entwischt bin. Aber ich will Dich nicht mit Einzelheiten belasten. Die, die hinter mir her sind, wissen mit Sicherheit nichts von Dir. Nichts von Dir und nichts von unserem kleinen Landhaus. Ich war stets sehr vorsichtig, wenn ich zu Dir kam.
    Fahre hin, in unser Landhaus, mein Liebling. Dort findest Du den Schlüssel, einen wirklichen Schlüssel, der Dich für alle Zeit finanziell unabhängig macht. Details darf ich nichtnennen, weil ich nicht weiß, ob dieses Schreiben, trotz Anwalt, in fremde Hände gerät. Nur so viel: Denke gut darüber nach, wie wir unsere Ankunft immer gefeiert haben, und Du wirst dann mit Sicherheit auf die Lösung des Rätsels stoßen. Leb wohl, mein Liebling.
    Dein unglücklicher Howard, der Dich viel zu spät kennengelernt hat.

    Nachdenklich, mit einer Spur Mißtrauen um die Mundwinkel, ließ Marc Scott das Schreiben sinken. Kaum merkbar schüttelte er den Kopf. Gerade so, als wollte er dem Absender Vorwürfe machen, daß er den Brief geschrieben hatte.
    „Ist es nun ein... ein ungewöhnlicher Brief, Mister Scott?“ fragte Bonnie Wilson leise.
    „Sagen wir mal so: Es ist ein Brief, der eine Menge Fragen unbeantwortet läßt.“
    „Man hat ihn umgebracht. Aber warum?“ stieß die junge Frau hervor, und in ihren Augen stand Entsetzen ebenso wie Zorn über die eigene Unwissenheit.
    „Wäre es tatsächlich an dem, dann ließe sich die Frage nach dem Warum nur beantworten, wenn man seine Vergangenheit kennt. Kennen Sie seine Vergangenheit, Miß Wilson?“
    „Wir haben wenig über seine Vergangenheit gesprochen. Er behauptete, daß er im Augenblick vom Erbe seiner Mutter lebe und daß ihn sein Vater dafür hasse. Später wollte er eine Immobilienagentur aufmachen.“
    Marc Scott hatte plötzlich eine steile Falte zwischen den Augenbrauen. „Hat Sie der Widerspruch nicht stutzig gemacht? Auf der einen Seite schreibt er, daß er keine reichen Eltern habe, auf der anderen lebt er vom Erbteil seiner Mutter..
    Bonnie Wilson nickte gequält. „Ja, ich habe den Widerspruch bemerkt. Er bleibt für mich ebenso unverständlich wie vieles andere. Ich habe Nachforschungen in Kanada anstellen lassen. Aber in der ganzen großen Stadt Ottawa gibt es keine Firma Albert Townsend mit vierhundert Beschäftigten.“ Sie schluckte. „Er hat mir erzählt, daß sein Vater Albert heißt.“
    „Wo wohnt er?“
    „Er

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