Das Karussell der Spitzbuben
Schwager alle Steuersachen. Ja, und das wollte ich auch an diesem Wochenende tun. Zu diesem Zweck habe ich mir heimlich eine kleine elektronische Rechenmaschine aus der Firma mit nach Hause genommen.“
„Und das ist verboten?“ warf Martin ein.
„Ja. Es gibt dafür sogar eigens einen Paragraphen. Nach diesem werden Zuwiderhandlungen mit fristloser Entlassung bestraft.“
Bernd Martin schüttelte den Kopf:
„Das sind ja ziemlich drastische Methoden für ein fortschrittliches Werk. Sie sagten am Telefon etwas von Erpressung. Hängt diese mit der Rechenmaschine zusammen?“
„Ja. Der Mann, der anrief, formulierte es so: ,Tausend Mark oder fristlose Entlassung.’“
„Daß er davon weiß, läßt darauf schließen, daß er zu Ihrem Kollegenkreis gehört. Haben Sie die Stimme erkannt?“
Bühler verneinte und fügte nach einer Atempause hinzu: „Als ich die Maschine in die Tasche packte, hörte ich meine Tür gehen. Aber es kam niemand herein. Erst nach dem Anruf wußte ich, wie wichtig dieses Türgeräusch war.“ Der Detektiv sah interessiert auf:
„Wie soll ich das verstehen?“
„Es schränkt den Täterkreis auf vier Personen ein. Die Tür führt nämlich zu einem Balkonzimmer, das keinen weiteren Ausgang hat, und in dem vier Kollegen arbeiten.“ Martin schien von diesem Tatbestand ziemlich beeindruckt, und in seine Augen war etwas getreten, das man als Jagdfieber bezeichnen könnte. Aber noch schien er nicht ganz sicher:
„Könnte es nicht auch sein, daß Ihr Schwager eine unvorsichtige Bemerkung gemacht hat?“
Bühler winkte entschieden ab.
„Das konnte er gar nicht. Er wußte nichts von der Maschine. Da er fünf reizende, aber auch sehr laute Kinder hat, bearbeite ich seine Sachen immer in meiner Wohnung... Aber mir ist etwas anderes aufgefallen: Als der Fremde mit mir telefonierte, hörte ich im Hintergrund Musizieren.“
„Meinen Sie Radiomusik?“
„Nein. Jemand spielte ein Instrument. Es klang fast wie Akkordeon...“
„Vielleicht Mundharmonika?“
„Nein, es heißt anders... mir liegt der Name auf der Zunge...“
„Ah, ich weiß, was Sie meinen: eine Melodica!“ Eberhard Bühler nickte eifrig:
„Ja, so heißt das Instrument.“
„Spielt einer dieser vier Kollegen aus dem Nebenzimmer so eine Melodica?“
„Nein, nicht daß ich wüßte!“ erwiderte Bühler. „Können Sie mir die Adressen der vier geben?“
Bühler zuckte mit den Schultern.
„Die von Maier und Gerlach habe ich, aber..Dann besann er sich: „Die von Otto und Fiedler können wir dem Telefonbuch entnehmen... Wollen Sie mir wirklich helfen?“
„Ich will es wenigstens versuchen. Was dabei herauskommt, müssen wir abwarten. Auf alle Fälle will ich morgen vormittag Ihren geschätzten Kollegen einen Besuch abstatten.“ Und mit einem Lächeln setzte Martin hinzu: „Hoffentlich nehmen es mir die Herren nicht übel, daß ich sie am heiligen Sonntag überfalle. Und dann auch noch vor dem Mittagessen.“ Sein Gesicht war plötzlich wieder sehr ernst. „Noch etwas“, sagte er, „wenn ich die Herren auf gesucht habe, wissen drei weitere von der Misere. Deshalb scheint es mir ratsam, wenn Sie Ihrem Chef am Montag reinen Wein einschenken. Sprechen Sie ein offenes Wort mit ihm... “
Auf Bühlers Gesicht malte sich Betroffenheit. Doch je länger er über diesen Vorschlag nachdachte, um so mehr glaubte er, daß der Detektiv recht hatte.
„Ja, ich werde es wohl tun...“ stimmte er dann bei.
Sonntag vormittag.
Bernd Martin hatte die vier Adressen nach Entfernungen geordnet. Das hieß, daß sein Besuch Nummer eins dem am weitesten entfernt wohnenden Kollegen Bühlers galt. Es war ein Mann namens Paul Gerlach. Und er war ziemlich reserviert, als er öffnete und fragte:
„Bitte, was wünschen Sie?“
Martin verbeugte sich kurz und erwiderte höflich: „Verzeihen Sie bitte die Störung zu so ungewohnter Stunde, Herr Gerlach. Ich hätte Sie gern einmal gesprochen. Mein Name ist Martin.“
„Um was handelt es sich denn?“
„Um Ihren Kollegen Bühler!“
Gerlach sah überrascht auf. Dann erkundigte er sich mit mäßiger Anteilnahme: „Ist ihm was passiert?“
„So könnte man es auch nennen... Nur hier...“ Martin deutete mit der Hand auf die Umgebung des Hausflurs.
Gerlach verstand: „Bitte, treten Sie ein!“ Seine Stimme wurde wieder von der schon bekannten Reserviertheit beherrscht.
Wenig später saßen sie sich im Wohnzimmer gegenüber. Von nebenan drangen Küchengeräusche
Weitere Kostenlose Bücher