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Das Kastanienhaus

Das Kastanienhaus

Titel: Das Kastanienhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Trenow
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gegen Abend nach Hause begleitete, sagte sie wie aus heiterem Himmel: » Was läuft da eigentlich, Lily? «
    » Was meinst du damit? «
    » Ich frage dich, was zwischen dir und Gwen ist. «
    » Keine Ahnung, was du meinst « , log ich, während mein Inneres sich ahnungsvoll verkrampfte.
    » Die Art, wie sie dich ansieht, wenn du etwas sagst. Wie sie dich anlächelt. Sie betet dich an. Das kann dir beim besten Willen nicht entgangen sein – so naiv bist du nun wiederum nicht. «
    » Vera, du täuschst dich « , sagte ich ein wenig zu vehement. Natürlich wusste ich genau, worüber sie sprach: Gwens selbstverständliche Vertraulichkeiten, die flüchtigen Küsse auf die Wange, die Berührung meines Arms, ihre Hand auf meinem Knie. Als wir den Tee in den Salon brachten, lag Gwens Arm um meine Taille.
    » Lily? « Vera stockte. » Du bist doch nicht … «
    » Was nicht? « , fuhr ich sie gereizt an.
    Mitten auf der Straße schauten wir einander an und suchten beide nach Worten. Sie sprach zuerst. » Ich habe vermutet, dass sie anders, du weißt schon … Aber du, Lily? «
    Ich schüttelte den Kopf, leugnete immer noch. » Ich verstehe nicht, wovon du sprichst. Ehrlich nicht. Wir sind bloß gute Freundinnen. «
    Veras Miene sprach Bände. » Wie kannst du nur? « , rief sie schrill. » Denkst du nicht mehr an Stefan? Seit ein paar Monaten wird er erst vermisst! Die Liebe deines Lebens, hast du gesagt. Was denkst du dir eigentlich dabei? «
    » Nein! « Meine Stimme hallte von den Wänden der Häuser wider. » Du hast das völlig falsch verstanden. « Ich packte sie an den Schultern und sah ihr direkt ins Gesicht. » Hör mir zu! Nichts passiert. Nichts! «
    Sie senkte den Blick und fing an zu zittern. » Lily, es tut mir so leid « , schluchzte sie. » Es ist dieser verdammte Stress, der mich ständig überreagieren lässt. Deshalb haben sie mich nach Hause geschickt. Weil ich nichts mehr relativieren kann, alles überzogen sehe. Ich hätte das Thema niemals ansprechen dürfen. «
    » Ist schon gut « , sagte ich, doch das war es nicht. Meine Beine gaben nach, und ich musste mich hinsetzen, einfach so an den Straßenrand, den Kopf auf die Knie gestützt. Vera hockte sich neben mich.
    » Es ist bloß … « , fing ich an.
    » Bloß was? «
    » Er fehlt mir so sehr, dass es wehtut. Ich halte es nicht aus « , schluchzte ich. » Meine Welt ist auseinandergefallen, und Gwen hält mich wenigstens einigermaßen zusammen. Sie ist eine gute Seele, Vera: so freundlich, so großzügig, so stark und immer für mich da. Ich weiß nicht, was ich ohne sie tun würde. «
    » Lily, das mag ja sein. Nur siehst du nicht, was sie für dich empfindet? Sie möchte dich nicht nur trösten – sie will etwas anderes von dir. «
    Ich schüttelte halbherzig den Kopf, obwohl Vera recht hatte.
    Erst vor ein paar Tagen, als ich am Abend meine müden Glieder in der Badewanne ausgestreckt hatte und meinen Tagträumen nachhing, klopfte es an der Badezimmertür.
    » Komm rein, die Tür ist offen « , rief ich in der Annahme, es sei meine Mutter.
    Gwen trat ein, eindeutig nackt unter ihrem Morgenmantel, und setzte sich auf den Toilettendeckel. Wir hatten uns immer ohne Schamgefühl voreinander ausgezogen und waren oft spärlich bekleidet herumgelaufen, ohne uns etwas dabei zu denken. Jetzt allerdings sah sie mich auf eine Art an, die mich irritierte. Irgendwie zu intim. Und dann sagte sie plötzlich: » Darf ich zu dir in die Wanne? « Einen Augenblick lang dachte ich, es sei ein Witz, bis ich an ihrem Gesichtsausdruck erkannte, dass sie es todernst meinte.
    » Tut mir leid, ich wollte gerade raus « , sagte ich rasch, setzte mich auf und angelte nach meinem Handtuch, um meinen Busen zu bedecken. Enttäuschung trat in ihren Blick, und mir wurde voller Entsetzen klar, dass ich klipp und klar hätte Nein sagen und eindeutig Position beziehen müssen, anstatt mich mit einem » Tut mir leid « herauszureden.
    Sie nickte stumm, während ich aus dem Bad in mein Zimmer floh. Angespannt wartete ich auf ihr Klopfen, doch sie kam nicht. Weder an diesem noch an dem folgenden Abend. Wir verloren kein Wort mehr darüber, und ich hoffte, wir könnten zu einer unbefangenen Freundschaft zurückfinden.
    Aber so einfach funktionierte das offenbar nicht. Vera hatte auf der ganzen Linie recht, erkannte ich später auf dem Heimweg. In meinem Verlangen nach Trost war ich in eine höchst ungesunde Abhängigkeit geraten – bei einer Frau mit Gwens Neigungen ein fahrlässiges

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