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Das Kastanienhaus

Das Kastanienhaus

Titel: Das Kastanienhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Trenow
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Ansprache.
    Weil ich nichts vorbereitet hatte, musste ich improvisieren. Während ich auf den Stuhl kletterte, fragte ich mich, was Vater wohl sagen würde. Plötzlich aber erkannte ich etwas sehr Wichtiges: Ich musste meinen Vater nicht länger nachahmen, sondern bloß ich selbst sein.
    Ich holte tief Luft. » Das sind in der Tat wunderbare Nachrichten, und ich denke, Mr. Churchill hat alles dazu gesagt « , fing ich an. » Mir bleibt eigentlich nur noch, Ihnen allen aus tiefstem Herzen zu danken, Ihnen und Ihren Angehörigen, dass Sie mich und meine Familie in den langen, schrecklichen Jahren des Krieges so unerschütterlich unterstützt und mit allen Kräften an unserer kriegswichtigen Produktion mitgearbeitet haben. Auch das war eine große Leistung, mit der wir alle dazu beitragen konnten, unserem Land endlich den ersehnten Frieden zu erkämpfen. «
    Als ich eine kurze Pause machte, um Luft zu holen, rief von hinten eine vertraute Stimme: » Hört, hört! « Ich schaute in die Richtung – da stand er, einen Kopf größer als die meisten, und strahlte übers ganze Gesicht: Robbie. Für einen Moment brachte er mich aus dem Konzept, doch ich fasste mich schnell wieder. » Ich weiß, dass viele von uns geliebte Menschen verloren haben, die nie mehr heimkehren werden, und ich bin mit meinen Gedanken bei Ihnen. Andere hingegen dürfen wir hoffentlich bald wieder in der Heimat willkommen heißen. Dazu gehört auch mein Bruder John. «
    Ich hielt inne, wartete die Beifallsrufe ab, bevor ich weitersprach. » Deshalb noch einmal: mein herzlicher Dank an Sie alle. Ich bin sicher, Sie wollen jetzt gerne mit Ihren Freunden feiern, deshalb schließen wir die Fabrik für heute und morgen. Wir fangen am Dienstag zur gewohnten Zeit wieder an. Soweit ich weiß, ist für heute Nachmittag eine Feier in der Innenstadt beim Rathaus geplant, wo wir uns vielleicht später sehen. «
    » Ein dreifaches Hoch auf Miss Lily « , riefen die Leute, und einige Männer hoben mich auf ihre Schultern und trugen mich durch die Menge. Als wir am Ende des Raums ankamen, streckte Robbie mir die Hand entgegen, und sie ließen mich neben ihm auf den Boden nieder.
    Er gab mir einen Kuss auf die Wange. » Gut gemacht « , sagte er. » Dein Vater wäre stolz auf dich. «
    » Danke « , sagte ich und errötete gegen meinen Willen. Ich war nach wie vor auf der Hut, was Robbie betraf. Zu sehr war er in die Hintergründe meines schuldhaften Verhaltens verstrickt. Und nie wieder würde ich mich von ihm in die Enge treiben lassen – ich hatte das Schlimmste erlebt, und es gab nichts mehr, wovor ich Angst hatte. Ganz gewiss nicht vor Robbie Cameron. Außerdem hing die Zukunft der Fabrik nicht länger von seinen Verträgen ab. Das Blatt hatte sich gewendet.
    » Ist es nicht ein herrlicher Tag? « , sagte er. » Wäre es zu viel verlangt, wenn ich darum bäte, mich dir und deiner Familie für die Feierlichkeiten anschließen zu dürfen? Ich habe ein paar Flaschen als Spende mitgebracht. «
    » Ich nehme an, wir gehen später ins Stadtzentrum, um dort mit den anderen zu feiern. « Erfasst von der allgemeinen Euphorie, war ich sogar nett zu Robbie. » Wenn du magst, kannst du gerne vorher auf einen Drink ins Kastanienhaus kommen. «
    Ich schickte ihn mit Mutter voraus, um noch in der Firma ein bisschen aufzuräumen. Als ich nach Hause kam, war das Wohnzimmer voller Leute in Feierlaune: Veras Eltern und andere Freunde der Familie, Mutters Kolleginnen vom Roten Kreuz, ein paar Angestellte aus der Fabrik mit ihren Familien, die Gwen eingeladen hatte. Robbie machte sich nützlich, indem er die Drinks einschenkte.
    » Woher kommt das denn alles? « , fragte ich, als er mit einem Tablett großzügig eingeschenkter Champagnerflöten und Whiskygläser an mir vorbeikam.
    » Frag besser nicht « , sagte er augenzwinkernd. » Schottische Verwandte sind manchmal ganz praktisch. Es ist noch mehr im Auto, falls wir es brauchen. «
    Als wir in die Stadt aufbrachen, war ich bereits ein wenig angesäuselt und musste mich auf der einen Seite bei Robbie und auf der anderen bei Gwen unterhaken. Ich hatte in Westbury nie zuvor ein solches Fest erlebt: Market Hill war rappelvoll und die Party im vollen Gange. Alle Geschäfte waren mit rot-weiß-blauen Wimpeln geschmückt, und nach einer Rede des Bürgermeisters auf der Rathaustreppe fing eine Band auf dem Platz an zu spielen.
    » Möchten Sie gerne tanzen, Mrs. Holmes? « , fragte Robbie und streckte zuvorkommend seine Hand. Eine

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