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Das Kastanienhaus

Das Kastanienhaus

Titel: Das Kastanienhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Trenow
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kämpfen, wenn man es mir erlaubt. «
    » Du willst gegen dein eigenes Land kämpfen? « Kurt lachte freudlos. Dann legte er zwei Finger an die Schläfe. » Soll ich mich gleich selbst umbringen, damit du dir die Mühe ersparst? «
    » Bist du verrückt geworden? « Stefan sprang erregt auf und griff nach Kurts Arm. » Wir müssen gegen die Nazis kämpfen, nicht gegen die Deutschen insgesamt. Und schon gar nicht gegen unsere Leute. Sie müssen wir vielmehr vor den Nazis retten, hast du das vergessen? «
    » Aber im Krieg sind alle betroffen, jeder kann sterben. Auch Menschen, die sich nichts haben zuschulden kommen lassen oder sogar selbst unter den Nazis leiden mussten. Ein Krieg nimmt darauf keine Rücksicht « , schrie Kurt ihn an.
    » Warum hört ihr nicht auf, alle beide? « Walter hielt sich die Ohren zu.
    » Beruhigt euch, Jungs « , sagte Vater. » Trinkt einen Schluck und lasst uns vernünftig reden. «
    Stefan nahm ein Glas und setzte sich wieder, während Kurt noch nicht fertig war mit seinen Vorhaltungen. » Die lassen dich sowieso nicht in die Armee « , sagte er verbittert. » Du bist der Feind, schon vergessen? «
    » Nein, so ist das nicht « , warf ich ein und fühlte mich ziemlich hilflos.
    » Sie werden uns wahrscheinlich sowieso nach Hause zurückschicken. Oder uns einsperren. «
    » Bitte, Kurt. « Auch wenn ich vehement solche Spekulationen zurückwies, war ich mir längst nicht so sicher, wie ich tat. Während des letzten Krieges waren die Deutschen interniert worden. Als » feindliche Ausländer « , wie es hieß.
    Mutter stand auf. » Ach, Kurt, mein Lieber, ich bin mir sicher, dass sie das nicht tun werden « , sagte sie. Er aber stürmte aus dem Zimmer und warf die Tür hinter sich ins Schloss. Walter erhob sich leise, um seinem Bruder zu folgen, und kurz darauf hörten wir, wie die Haustür zugezogen wurde.
    » Soll ich sie zurückholen? « , fragte ich.
    » Er wird sich wieder beruhigen « , meinte Stefan. » Sie werden zurückkommen, wenn sie so weit sind. «
    Vater schenkte Sherry nach. » Lasst uns auf eine rasche Lösung trinken « , sagte er, und wir hoben unsere Gläser. Alle bis auf John, der mit dem Rücken zu uns am Fenster stand und blicklos nach draußen starrte. Nach einer Weile sagte er leise, ohne sich zu uns umzudrehen: » Wenn du möchtest, versuche ich für dich herauszufinden, ob Deutsche sich zur Army melden können, Stefan. Ich kann mich morgen im Rekrutierungsbüro in Cambridge danach erkundigen – ich fahre sowieso hin. «
    Also hatte Vera ihn nicht umstimmen können. Mutter stieß einen Klagelaut aus, während Vater geräuschvoll einatmete und dabei sein Sherryglas umklammerte, als könne er sich daran festhalten. » Ich hoffe, du wirst nichts überstürzt tun, mein Sohn. « Man merkte ihm an, wie mühsam er sich beherrschte.
    John drehte sich um. Er stand gerade und groß da, als trüge er bereits Uniform. » Ich handle nicht überstürzt, Vater, sondern denke bereits seit Monaten darüber nach. Es gibt für mich keinen anderen Weg – ich halte es für meine Pflicht. «
    Das bedächtige Ticktack der Standuhr im Flur klang mit einem Mal überhastet und unregelmäßig. Stefan wirkte blass und starr wie eine Statue. Mutter war am Boden zerstört.
    » Mein liebster Junge « , flüsterte sie, » du musst tun, was du für richtig hältst. « Sie zog ein Spitzentaschentuch hervor und putzte sich die Nase.
    » Darüber müssen wir reden. « Vater nahm John am Arm und führte ihn zur Tür. » Wann ist das Abendessen so weit, Grace? «
    Sie antwortete nicht. Als sie den Salon verließen, fing ich Johns Blick auf. Wie kannst du nur, formte ich mit den Lippen meine stumme Frage.
    Es war nur gut, dass Mutter kein warmes Abendessen geplant hatte, denn es dauerte über eine Stunde, bis Vater und John mit geröteten Gesichtern wiederauftauchten. Stefan war zum Cottage gegangen, um nach den anderen zu sehen, und Mutter und ich hatten uns Sherry nachgeschenkt. Ihren Stimmen nach zu urteilen hatte es zwischen Vater und John eindeutig eine heftige Auseinandersetzung gegeben.
    » Und? « , fragten Mutter und ich gleichzeitig.
    » Ich fürchte, seine Entscheidung steht fest « , sagte Vater. » Ich kann ihn nicht davon abbringen, deshalb bleibt uns wohl nichts anderes übrig, als seine Entscheidung zu unterstützen. Auch wenn wir nicht begeistert sind, ist es doch ein mutiger Entschluss, der mich stolz stimmt. «
    John setzte sich auf die Armlehne von Mutters Sessel und legte ihr den

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