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Das Kastanienhaus

Das Kastanienhaus

Titel: Das Kastanienhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Trenow
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Kurt.
    » Ist schon okay, Junge. Irgendeine Idee, wer das geschrieben haben könnte? «
    Sie schüttelten den Kopf.
    » Was ist mit den Männern aus dem Pub? « , fragte ich.
    » Was für Männer? « Der Beamte horchte auf.
    Als Stefan ihnen die Geschichte erzählte, reagierte Vater verärgert. » Warum hast du nicht eher etwas gesagt? « , knurrte er. » Das hat nichts mehr mit Vorurteilen zu tun, das ist Antisemitismus. So etwas dürfen wir nicht tolerieren. «
    Stefan schüttelte den Kopf. » Wir wollten Sie damit nicht behelligen, Mr. Harold. «
    Der Constable seufzte. » Ich befürchte, es wird sich kaum nachweisen lassen, wer es war, Sir. Ich könnte mal mit dem Wirt sprechen, ob der etwas weiß. «
    » Und wenn die Kerle daraufhin wiederkommen « , warf Walter kleinlaut ein.
    » Diese Möglichkeit ist leider nicht auszuschließen, Junge « , meinte Constable Kilby und schüttelte mitleidig den Kopf. » Alles in allem scheint es mir das Beste zu sein, wenn ihr die Köpfe einzieht und in Deckung geht. Nach meiner Erfahrung geben solche Typen am schnellsten auf, wenn man ihre Provokation nicht beachtet. Denn Reaktionen sind genau das, worauf sie es anlegen. «
    Als Gwen eine Woche später auf dem Heimweg im Kastanienhaus hereinschaute, fand sie uns alle vor dem Radiogerät vor, wo wir gebannt den Sechsuhrnachrichten lauschten. Es ging um das britische Expeditionskorps, das sich gerade noch über den Kanal hatte in Sicherheit bringen können, bevor es in Kriegsgefangenschaft geriet.
    » Unglaublich, was die in Dünkirchen geleistet haben « , sagte ich. » Weit über dreihunderttausend Soldaten auf kleinen Booten überzusetzen, trotz deutscher Luftangriffe … «
    » Ja, ich habe davon gehört « , erwiderte Gwen kurz angebunden. » Leider habe ich ebenfalls schlechte Nachrichten, nur näher an zu Hause dran. «
    Instinktiv wusste ich, dass es um Stefan, Kurt und Walter ging, und mein Magen krampfte sich schmerzhaft zusammen. Wie immer, wenn sich über mir oder meiner Familie ein Unheil zusammenbraute. » Möchtest du vielleicht einen Drink, während du es uns erzählst? Sherry? «
    » Lieber etwas Stärkeres, wenn’s geht. «
    » Gin Tonic? Der ist noch nicht rationiert. Oder Whisky und Wasser? «
    » Whisky bitte. Pur. «
    Ich schaltete das Radio aus, während Vater ein Glas einschenkte und es ihr reichte. Sie trank einen großen Schluck.
    » Leider habe ich schlechte Nachrichten, Mr. Harold. In der Fabrik sind Gerüchte im Umlauf. «
    » Gerüchte? Was für Gerüchte? « , fragte Vater und runzelte die Stirn.
    » Man erzählt sich, die Fallschirmseide werde gezielt sabotiert. «
    Ich dachte für einen Moment, das sei bloß eine Wiederholung des Tratsches, den ich vor ein paar Wochen gerüchteweise mitbekommen hatte. Bis mir klar wurde, dass die Sache inzwischen aus dem Ruder gelaufen war. Jetzt wurden gezielte Verleumdungen gegen die drei jungen Deutschen in Umlauf gesetzt, boshafte Unterstellungen, die jedoch auf fruchtbaren Boden zu fallen schienen.
    » Was für ein ausgemachter Schwachsinn « , explodierte Vater. » Wir testen jeden Ballen. Mir wurden keinerlei Probleme berichtet. «
    » Ich gebe bloß wieder, was ich gehört habe, Sir. « Gwen verschränkte abwehrend die Arme vor der Brust.
    » Schon gut, schon gut « , murmelte er und zog seine Pfeife aus der Tasche. » Und ich danke Ihnen, dass Sie mich darauf aufmerksam gemacht haben. Gibt es irgendwelche Anhaltspunkte, von wem das ausgeht? «
    Gwen schüttelte den Kopf. » Nicht wirklich. Ich habe zwar eine Vermutung, kann aber nichts nachweisen. «
    Sollte ich ihnen von dem Gespräch erzählen, das ich im Waschraum belauscht hatte? Lieber nicht, denn das alles war doch sehr vage gewesen. Plötzlich kam mir ein anderer, ein ganz schrecklicher Gedanke. Könnte Gwen ähnlichen Klatsch gehört haben und ihn nun bewusst aufbauschen, um gegen Stefan Stimmung zu machen? Weil sie meine Beziehung zu ihm nicht guthieß? Sei nicht albern, wies ich mich selbst zurecht, denn eigentlich hatte Gwen mir keinen Anlass für eine solche Unterstellung gegeben, außer dass sie seinerzeit die Anordnungen meines Vaters, ihres Chefs, befolgte und Stefan und mich bei der Arbeit trennte.
    Vater unterbrach meine wilden Spekulationen, als er sich erhob, zum Kamin ging und bedächtig seine Pfeife ausklopfte. » Wir müssen diesem Spuk ein Ende bereiten. Sofort. Gwen, berufen Sie für morgen bitte eine Betriebsversammlung ein, für die ganze Belegschaft. Betonen Sie, dass die

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