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Das Kastanienhaus

Das Kastanienhaus

Titel: Das Kastanienhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Trenow
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oder? «
    » Ich denke schon « , sagte er und küsste mich erneut.
    Etwas später begann er zu reden: » Ich wollte dich an jenem Abend treffen, weil ich dich so sehr vermisste. Und dann sah ich dich mit diesem Mr. Cameron – am liebsten hätte ich ihn umgebracht, so wütend war ich. «
    » Das würde nichts bringen, weißt du? Er bezahlt derzeit unsere Löhne. «
    Er lachte freudlos. » Und das erlaubt es ihm, dich zu bedrohen? «
    » Natürlich nicht « , seufzte ich. » Aber es ist kompliziert. «
    » Wird er es deinem Vater erzählen? «
    » Eher nicht, es ist bloß eine Drohung. Es gefällt ihm einfach, wenn er Macht über jemanden hat. Und das von Zeit zu Zeit ausspielen kann. «
    » Trotzdem dürfte es zu gefährlich sein, uns weiterhin zu treffen « , sagte er resigniert.
    » Ach was « , sagte ich entschieden. » Robbie ist zum Glück nur selten hier – also müssen wir bloß wegen Vater aufpassen. «
    Stefan zog mich auf die Füße und küsste mich wieder – auf die Stirn, die Nase, das Kinn, hinter meine Ohren, meinen Nacken hinunter –, presste seinen Körper an meinen, als könnten wir eins werden. Mir wurde ganz schwindlig vor Verlangen.
    » Ich kann ohne dich nicht leben « , flüsterte ich. » Allerdings müssen wir uns vielleicht mit kleineren Portionen zufriedengeben. «
    » Was meinst du damit? Das klingt ja fast, als sollten wir uns eine Tafel Schokolade sorgfältig einteilen. «
    » Na ja, so ähnlich ist das auch. Künftig sollten wir sehr genau überlegen, wo wir uns treffen und wann – und ebenfalls wann nicht. «
    » Und immer nur ein Stück Schokolade essen, richtig « , lachte er. » Aber du bist so viel süßer als Schokolade. «
    » Und du machst süchtiger als jede Süßigkeit « , sagte ich und streichelte seine Wange.
    » Wir müssen einfach sehr, sehr, sehr vorsichtig sein « , sagte er ernst. Wir besiegelten unsere Übereinkunft mit einem letzten Kuss, und während ich im Dunkeln meinen Weg nach Hause suchte und mich in das stille Haus schlich, fühlte ich mich seit Monaten endlich wieder glücklich.
    Beim nächsten Mal brachte Stefan ein paar Flaschen Bier mit, und ich hatte ein paar Kekse aus Mutters Vorratsschrank stibitzt, doch eigentlich reichte uns unser Zusammensein. Wir waren uns selbst genug, verbrachten zwei selige Stunden miteinander, unterhielten und küssten uns trunken vor Freude. War es wirklich nur ein paar Monate her, dass wir so nicht mehr zusammen gewesen waren? Alles Misstrauen und alle Verwirrung lösten sich auf wie Wolken an einem Sommerhimmel.
    Wir hielten uns streng an unsere Abmachung, waren immer sehr vorsichtig und trafen uns höchstens alle zwei Wochen. Wichtiger als alles andere war für uns die Gewissheit, dass wir uns immer lieben würden, egal was passierte. Die Tennishütte war nicht gerade der romantischste Ort, und unsere Treffen waren überschattet von der Furcht, erwischt zu werden – und doch waren diese gestohlenen Stunden mit die glücklichsten in meinem Leben. Selbst jetzt noch beschwört der Geruch nach Teer in mir diese berauschende Freude herauf.
    Endlich kam der Frühling. Bienen summten in den Apfelblüten, die Vögel balzten, und junge Kälbchen tollten auf den Auwiesen herum. Wenn man selbst verliebt ist, sieht man alles in einem rosigen Licht. So meinte ich auch Vera, die mit John zum Abendessen erschien, niemals hübscher gesehen zu haben, denn sie strahlte von innen heraus. Mein Bruder war aus Kanada zurück und hatte fünf Tage Urlaub, bevor er sich seiner Staffel anschließen sollte. Sie hielten Händchen und sahen unglaublich glücklich aus. Sie trug ein neues Kleid mit Blumenmuster, das ihre weiblichen Vorzüge betonte, und ihr Haar umspielte in weichen Wellen ihr Gesicht, gehalten an einer Seite von einer Silberspange. An ihrem Finger glitzerte ein Ring.
    Als wir alle zusammen im Salon saßen, sagte John ziemlich steif: » Mutter, Vater, Lily. Wir haben euch etwas mitzuteilen. Ich habe Vera einen Antrag gemacht und freue mich, dass sie angenommen hat. «
    Vera errötete mädchenhaft, als er ihr einen Kuss auf die Wange drückte. » Gestern haben ihre Eltern uns ihren Segen gegeben. «
    Mutter schlang ihre Arme um beide. » Oh, meine lieben Kinder, das ist eine wunderbare Nachricht « , sagte sie unter Tränen. » Ich hoffe, ihr werdet beide sehr glücklich. «
    Vater klopfte John auf die Schulter und schüttelte seine Hand. » Exzellente Wahl, alter Knabe. Ihr gebt ein reizendes Paar ab. «
    » Du kleine Hexe! Meinen

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