Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)
ihm zum Auto zurück. Justus steuerte den Wagen bis in den Hof, stieg aus und betrachtete das Haus und die umliegenden Gebäude mit einem ähnlichen Blick wie dem, mit dem er die Ruine des Herrenhauses angesehen hatte.
»Ist das nicht ein herrlicher Blick über den Fluss?«, fragte Isaura mit ausladender Handbewegung. »Vor allem im Licht der Abendsonne kann ich mich kaum sattsehen.«
Die rosa gefärbten Wolken spiegelten sich im breiten Strom, und der Wind fuhr wispernd durch die Pappeln am Ufer und durch das noch winterbraune Schilf, an dessen Rändern einige Enten herumpaddelten.
Justus gönnte dem Schauspiel nur einen kurzen Blick, ehe er über den unkrautüberwucherten Hof auf die Scheune und den Schuppen mit Carmens altem Wagen zuging, von dem Isaura nicht einmal wusste, ob er überhaupt noch fuhr. Mit einem Seufzer wandte sich Isaura ab und folgte ihm auf seiner Inspektion. Der Kater kam gähnend aus dem Schuppen und strich Isaura um die Beine. Ihrem Begleiter dagegen gönnte er nur einen misstrauischen Blick.
»Das ist also dein Streuner«, sagte er und beäugte den Kater kaum weniger misstrauisch. »Der hat bestimmt Unmengen von Zecken und Flöhen.«
Isaura überlegte, ob sie ihn provozieren sollte, indem sie ihm verriet, dass der Kater seit ihrer ersten Nacht bei ihr im Bett schlief, doch sie ließ es bleiben und murmelte stattdessen: »Mit kommt er sauber und gesund vor.«
Justus verlor das Interesse an dem Tier und richtete seine Aufmerksamkeit auf den baulichen Zustand der Scheune. Er warf einen Blick über die Strohballen und die große Menge Gerümpel und rüttelte dann an einem der Balken, die den Dachboden stützten. Staub rieselte auf sie herab.
»Na, das kommt mir nicht sehr vertrauenerweckend vor«, murmelte er. »Lass uns lieber hinausgehen, ehe das Ding über uns zusammenbricht.«
Als Nächstes nahm er sich die beiden Schuppen vor. Im ersten lagerten nur für ihn uninteressante landwirtschaftliche Geräte, die alle ähnlich antiquiert waren wie die Einrichtung des Hauses. Selbst ein kleiner Traktor aus den Sechzigerjahren – wie Justus bemerkte – stand dort zwischen Heugabeln, Sensen, Eimern und Kisten. Der zweite Schuppen dagegen entlockte ihm einen Aufschrei der Begeisterung.
»Ist das wirklich ein Peugeot 204 Cabrio?« Er trat näher und strich fast ehrfürchtig über die eingestaubte Motorhaube.
»Oh ja, so einen habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Der wurde Ende der Sechzigerjahre gebaut.«
Er umrundete den Wagen, trat dann einen Schritt zurück und kniff die Augen ein wenig zusammen.
»Schade, dass er in einem so schlechten Zustand ist. Es ist eine Schande, ihn hier in diesem verdreckten Schuppen einstauben zu lassen. Vermutlich fährt er nicht einmal mehr.« Er sah zu Isaura hinüber, doch diese hob die Schultern.
»Ich weiß es nicht. Ich habe es nicht ausprobiert. Soll ich nach den Schlüsseln suchen?«
Justus folgte ihr ins Haus. Er sprach kein Wort, doch seine Miene und sein Kopfschütteln sagten mehr als Worte. Isaura führte ihn zuerst in die Küche, in der sie sich seit dem ersten Augenblick heimisch fühlte. Justus kommentierte die alten Geräte darin mit einem Aufschnaufen. Dann sah er sich das Wohnzimmer und oben die beiden kleinen Kammern und das altmodische Badezimmer an.
»Das ist ja geradezu mittelalterlich. Viel Geld kann deine Großtante nicht gehabt haben. Oder sie hat es nicht eingesehen, etwas in ihr Haus zu investieren. Hier ist seit mehr als vierzig Jahren nichts mehr gemacht worden.«
Nein, weder das Haus noch der Hof noch der Garten mit seiner Scheune und den Schuppen fanden Gnade vor seinen Augen. Carmens Oldtimer war das Einzige, das ihm hier gefiel. Er machte auch keine Anstalten, sich an den Küchentisch zu setzen, um etwas zu trinken. Es schien ihn zum Wagen zurückzutreiben, um endlich ins Hotel fahren zu können, wo alles so sein würde, wie er es gewohnt war und wie er es mochte. Isaura stellte dem Kater rasch noch eine Schüssel Futter und eine Schale Milch hin, dann eilte sie Justus hinterher.
Er schwieg, bis sie wieder auf der Hauptstraße waren, und Isaura hütete sich, ihn nach seiner Meinung zu fragen. Nein, sie war sich sicher, dass sie die gar nicht hören wollte. Dennoch blieb sie ihr nicht erspart. Justus holte tief Luft.
»Du willst dir das doch nicht wirklich ans Bein binden? Dass du überhaupt nur einen Moment darüber nachgedacht hast! Was willst du denn damit anfangen? Also, wenn ich dir einen Rat geben darf, dann
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