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Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)

Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)

Titel: Das kastilische Erbe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Dominga schien über die Idee allen Ernstes nachzudenken, schüttelte dann aber den Kopf.
    »Nein, das ist kein geeigneter Zeitpunkt für solche Maßnahmen. Nicht jetzt, da er Juana wieder als Erbin eingesetzt hat und sein Zorn auf Isabel ungebrochen ist. Sie täte gut daran, sich mit ihrem Bruder zu versöhnen, statt von einem Versteck ins nächste zu flüchten und zuzusehen, wie ihre Anhänger ihr – einer nach dem anderen – davonlaufen.«
    »Das hat Isabel ja versucht«, verteidigte Jimena die Freundin.
    »Ach ja? Indem sie ihn in einem offenen Rundbrief an den Adel Kastiliens schmähte?«, widersprach Dominga zwischen Ärger und Belustigung schwankend. »Wobei sie es nicht ungeschickt angefangen hat, das muss ich ihr lassen. Wie hat sie es doch gleich formuliert?« Sie runzelte die Stirn und dachte nach.
    »›Ich befinde mich in der gleichen Lage wie die heilige Susanna‹, war es nicht so? ›Schweige ich, schade ich meiner Sache, spreche ich, bin ich gezwungen, die Ehre meines Bruders, des Königs, zu verletzen.‹«
    »Sie hat ihm keine der schändlichen Dinge unterstellt, über die der Adel ganz offen spricht!«
    »Nein, sie hat ihre Worte sehr sorgfältig gewählt«, gab Dominga zu. »Dennoch weiß jeder, was gemeint ist.«
    »Ich finde, sie hat sehr gemäßigt und klug auf seinen An griff reagiert«, behauptete Jimena und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust. »Sag mir, Tante, was hat Isabel Schlimmes getan, um diesen unversöhnlichen Zorn ihres Bruders zu verdienen? Sie hat lediglich den Mann ihrer Wahl geheiratet.«
    Dominga schnalzte ärgerlich mit der Zunge.
    »Nun stell dich nicht naiver, als du bist. Hier geht es nicht darum, dass ein Mädchen ihren Gefühlen nachgegeben hat und eine unvorteilhafte Ehe eingegangen ist. Isabel hat hinter dem Rücken des Königs mit einem Land, mit dem er im Zwist liegt, ein Bündnis geschlossen, für das sie sich selbst als Pfand gab – und in ihrer Rolle als Erbin auch noch das ganze Land. Sie hat Enriques Politik, sei sie nun überlegt und klug oder nicht, das spielt hier keine Rolle, auf den Kopf gestellt. Er hat nicht unrecht, wenn er ihr vorwirft, den Pakt von Guisando gebrochen zu haben und sich in offener Rebellion gegen die Krone zu stellen. Er hat alles Recht des Königs, ihr zu zürnen und die Folgen ihres Handelns ungeschehen zu machen.«
    Jimena sah sie mit wachsendem Staunen an, das sich in Zorn wandelte.
    »Bist du nun plötzlich auf der Seite des Königs? Dann kannst du Isabel ja gleich aus dem Weg räumen und ihn von diesem Ärgernis befreien.«
    Nun wurde Dominga ebenfalls zornig. »Rede keinen Unsinn. Du weißt, dass Isabel und Fernando das Land in eine goldene Zeit führen müssen und dass wir sie dabei unterstützen werden.«
    »Aber wie?«, fragte Jimena, deren Zorn in sich zusammenfiel und sie ratlos zurückließ.
    »Zuallererst, indem wir sie dem König wieder näherbringen.«
    Jimena grübelte, doch ihr wollte keine Idee kommen, wie sie das bewerkstelligen sollten.
    »Warte ab. In wenigen Tagen werdet ihr Besuch bekommen. Alles, was du machen musst, ist, Isabel dazu zu bringen, die Gäste aufzunehmen und ihren Plänen offen zu lauschen. Dann wird der Stein ins Rollen geraten.«
    »Wer wird kommen?«, erkundigte sich Jimena neugierig, doch Dominga gab ihr keine Antwort. Ihr Blick wanderte zur Tür.
    »Psst!«
    Sie war schneller dort, als man es ihr in ihrem Alter zugetraut hätte, und riss die Tür auf. Erstaunt starrte Jimena die Gestalt an, die sie hier vor den Gemächern der Damen am allerwenigsten erwartet hätte.
    Falls er sich ertappt fühlte, verstand es Erzbischof Carrillo meisterhaft, seine Überraschung zu verbergen. Er hielt es auch nicht für nötig zu bestreiten, dass er gelauscht hatte. Nein, ganz im Gegenteil. Er trat noch ein Stück auf Dominga zu. Er senkte seine Stimme, als er sprach, doch der drohende Ton war nicht zu überhören.
    »Überlegt Euch gut, was Ihr tut, Doña Dominga«, zischte er. »Die Kirche kann und wird irgendwann gegen Euresgleichen vorgehen, das schwöre ich. Also hütet Euch! Denn wenn der Verdacht in mir keimt, Ihr könntet Euch mit dem Teufel oder einem seiner höllischen Dämonen verbündet haben, dann werde ich mich nicht scheuen, Euch ergreifen zu lassen. Bedenkt: Wer sich in die Hand des Teufels begibt, dessen Seele kann nur mit Feuer gereinigt werden!«
    Er sah sie noch einmal scharf an, dann wandte er sich ab und eilte mit wehenden Gewändern davon. Jimena starrte ihm sprachlos

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