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Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)

Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)

Titel: Das kastilische Erbe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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nach.
    »Meinst du, es ist ihm mit seiner Drohung ernst?«, fragte sie schließlich zaghaft, als Dominga die Tür wieder geschlossen hatte und zu ihrer Reisetasche zurückgekehrt war.
    »Aber ja«, antwortete ihre Tante fast heiter. »Alles, was er nicht kontrollieren kann, ist ihm ein Dorn im Auge. Und unsere Fähigkeiten sind ihm unheimlich. Deshalb will er sie bekämpfen.«
    »Dann müssen wir in Zukunft sehr vorsichtig sein und noch mehr darauf achten, was wir in wessen Gegenwart sagen oder tun«, meinte Jimena mit einem Seufzer.
    Ihre Tante lachte trocken. »Ja, das kann nicht schaden, doch ich versichere dir, mein Kind, gefährlich wird es für uns erst, wenn wir versuchen, Carrillos Pläne zu durchkreuzen. Solange unsere Kräfte auch seinen Zielen dienen, haben wir nichts zu befürchten.«
    »Es ist nicht unsere Aufgabe, den Machthunger des Erzbischofs zu unterstützen«, grollte Jimena.
    »Nein«, sagte Dominga schlicht, doch etwas in diesem einzigen Wort ließ Jimena aufhorchen.
    »Was hast du gesehen? Werden wir uns gegen Carrillo wenden müssen und seinen ganzen Zorn auf unser Haupt laden?«
    Doch Dominga antwortete nicht. Sie verstaute mit grimmiger Miene die letzten Habseligkeiten und schloss die Tasche. Jimena wurde ein wenig bang zumute, doch sosehr sie sich auch bemühte, sie konnte nicht sehen, welche Gefahr sich am Horizont zusammenzog.
    Jimena schlug die Augen auf. Sie lag neben Teresa in ihrem Bett. Im Haus war es noch ruhig und kühl. Das erste Morgenlicht begann gerade erst zaghaft durch die kleinen Fenster zu kriechen. Normalerweise liebte sie diese Stunde des Tages, in der sie – zwischen Traum und Erwachen – noch ein wenig ihren Gedanken nachhängen konnte. Doch heute erfasste sie eine merkwürdige Unruhe.
    Etwas würde geschehen, aber was? Es hatte irgendetwas mit ihrem Traum zu tun, der kurz vor ihrem Erwachen durch ihren Geist gezogen war. Jimena runzelte die Stirn und versuchte die Bilder zurückzurufen.
    Sie hatte von Beatriz geträumt. Die Freundin war glücklich gewesen und stolz. Jimena versuchte sich zu erinnern, was genau sie geträumt hatte. Eine Hochzeit? Ja, sie hatte Beatriz bei ihrer Hochzeit gesehen. War das Wirklichkeit gewesen und bereits geschehen? Jimena war sich nicht ganz sicher. Außerdem fragte sie sich, ob es etwas zu bedeuten hatte, dass sie gerade heute Nacht diesen Traum gehabt hatte. Sie schloss noch einmal die Augen und versuchte die Bilder zurückzurufen. Stattdessen klang ein Name durch ihren Geist: Andrés de Cabrera.
    Wer war dieser Mann, und warum sollte er wichtig sein?
    Er ist ein Konvertit, ein zum christlichen Glauben übergetretener Jude, erklang Domingas Stimme in ihrem Inneren.
    War das der wichtige Besuch, den Dominga angekündigt hatte?
    Er stammt aus Madrid und ist königlicher Statthalter in Segovia, doch Villena versucht ihn mit allen Mitteln von dort zu vertreiben.
    Dann war er dem Marquis nicht gerade wohlgesinnt, folgerte Jimena. Anderseits musste er dem König nahestehen, wenn Enrique ihm ausgerechnet den Alcázar von Segovia anvertraute, in dessen gesicherten Türmen der Staatsschatz von Kastilien aufbewahrt wurde.
    Ja, gerade deshalb will Juan Pacheco selbst seine Hand auf Segovia legen.
    Jimena nickte. Das passte. Und wenn der König seinen Bluthund nicht energisch zurückrief, dann stand dieser Andrés de Cabrera auf verlorenem Posten.
    Er ist schlau und entschlossen und nicht bereit nachzugeben. Und er hat noch gute Kontakte zu den jüdischen Gemeinden. Den reichen jüdischen Gemeinden!
    Ein Mann von Format mit Einfluss also, den Isabel als Verbündeten gut gebrauchen konnte.
    Jimena sprang aus dem Bett und begann sich rasch anzukleiden. Als sie zum Bett zurücksah, bemerkte sie, dass Teresa die Augen geöffnet hatte und jede Bewegung mit ihrem Blick verfolgte.
    »Jetzt habe ich dich geweckt, das tut mir leid.«
    Teresa schlug die Decke zurück und machte eine wegwerfende Handbewegung. Mit einem Satz war sie aus dem Bett und griff nach ihren Gewändern. Ihre Wangen waren gerötet. Jimena hob ein wenig überrascht die Brauen.
    »Was ist mit dir? Du bist ja ganz aufgeregt!
    Teresa machte ein paar schnelle Gesten mit ihren Händen, doch Jimena kam es vor, als könne sie eine Stimme in ihrem Kopf hören.
    Bist du denn nicht aufgeregt? Beatriz kehrt zu uns zurück!
    Die Frage, woher Teresa das wissen konnte, lag ihr auf der Zunge, doch sie sprach sie nicht aus. Sie wusste es einfach! Jimena schalt sich, dass sie immer wieder vergaß, dass

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