Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)
Grafen von Ledesma in der Königin Bett wieder aufnahm und diese Frage der Moral zu einer der hohen Politik erhob. Sollte wirklich Don Beltrán de la Cueva der Vater von Juana sein und nicht der König, dann wäre sie auch keine Infantin und noch weniger Anwärterin auf den Thron! Ganz offen wurde sie nur noch »La Beltraneja« genannt, um den Wahrheitsgehalt der Behauptung zu unterstreichen.
Und der König? Er lächelte nur und unternahm nichts gegen die Verschwörer, die die Schlinge auslegten und dann begannen, sie zuzuziehen. Ein von führenden Vertretern des Adels in Burgos ausgestelltes Papier wurde präsentiert, in dem der König bezichtigt wurde, das Reich seinem Günstling Beltrán de la Cueva auszuliefern, der das Kind der Königin gezeugt habe, und das daher enterbt und aus der Thronfolge ausgeschlossen werden müsse.
Beatriz lachte, als Isabel ihr davon erzählte, doch die Freundin fuhr sie ungewohnt schroff an.
»Das ist überhaupt nicht lächerlich. Das ist ein gefährliches Komplott, das einem Staatsstreich nahekommt!«
Jimena sah sie ungläubig an. »Das kann ich nicht glauben.«
»Aber ja, Erzbischof Carrillo hat mir das Schreiben gezeigt. Ich wollte meinen Augen nicht trauen, was für Vorwürfe ich dort geschrieben fand. Sie werfen dem Grafen von Ledesma nicht nur Undankbarkeit und Gottesverachtung vor. Sie behaupten, er würde den König unterdrücken und wolle die Granden zwingen, Juana als Prinzessin anzuerkennen, was sie aber nicht sei. Außerdem wird er bezichtigt, mir und meinem Bruder Alfonso nach dem Leben zu trachten!«
»Was?« Jimena stieß ob der Ungeheuerlichkeit der An schuldigung einen Schrei aus. Sie mochte den Grafen. Er war ein edler Mann, und selbst wenn er der Favorit der Königin sein sollte oder der des Königs oder sogar der Favorit beider, so war er doch von einer Zurückhaltung und Diskretion, die ihn angenehm von den vielen Wüstlingen bei Hof unterschied und von deren lautem, derbem Auftreten, das Jimena so abstieß.
»Das wäre Hochverrat, und er würde wie der unglückliche Don Alonso de Córdoba den Kopf verlieren, wenn es zu einer Anklage käme! Weiß er denn davon? Wir müssen ihn warnen!«
Jimena war schon an der Tür, als sie bemerkte, dass Isabel nicht mit ihr kam. Sie drehte sich zu der Halbschwester des Königs herum. »Glaubst du das etwa? Dass der Graf gegen euch intrigiert und euch nach dem Leben trachtet?«
Isabel zögerte, dann schüttelte sie den Kopf. »Dennoch wäre es jetzt nicht klug, wenn man mich mit dem Grafen zusammen sähe. Wer weiß, was Enriques Gegner daraus konstruierten.«
Jimena stimmte ihr zu. »Sind es denn Enriques Gegner oder die Gegner des Grafen? Oder die Anhänger deines Bruders, von denen ich nicht einmal wusste, dass es sie gibt?«
Erst als sie es aussprach, wurde ihr klar, wer von der ganzen Sache am meisten profitieren sollte: Isabels jüngerer Bruder Alfonso, der dann nicht nur königlicher Spross sein, sondern auch Kronprinz und Nachfolger König Enriques werden würde.
»Meinst du, Alfonso weiß davon?«, fragte sie vorsichtig.
»Du wolltest wohl fragen, ob mein Bruder etwas mit diesem Komplott zu tun hat«, entgegnete Isabel scharf. »Er ist elf Jahre alt!«
Jimena wehrte ab. »Nein, das wollte ich nicht fragen. Natürlich würde er keine solchen Intrigen spinnen, doch wer weiß, vielleicht ist einer der Verschwörer an ihn herangetreten und hat ihm ein wenig Gift ins Ohr geträufelt, um ihn für die Sache zu gewinnen.«
»Ich werde mit ihm reden«, sagte sie. »Und du such Graf von Ledesma. Wir müssen ihn zumindest warnen.«
Jimena fand den Grafen, der über die Vorgänge durch aus informiert war. Er versuchte ihre Befürchtungen mit einer freundlichen Miene zu zerstreuen, doch sie spürte seine Furcht.
»So wie es aussieht, werde ich wohl, um die Gemüter zu besänftigen, auf die Würde des Großmeisters des Santiago-Ordens verzichten und diese unserem jungen Infanten Alfonso überlassen müssen«, sagte er mit einem verzerrten Lächeln.
»Wenn das nur alles ist, was Ihr durch dieses Komplott verliert!«, entgegnete Jimena, deren Sorge er nicht zerstreuen konnte. »Wollt Ihr nicht lieber den Hof verlassen und Euren Gegnern ein wenig aus dem Weg gehen, bis sich die Sache beruhigt hat? Ich fürchte, Ihr könnt nicht damit rechnen, dass der König zu Euren Gunsten ein Machtwort spricht und die Verräter zur Rechenschaft zieht.«
»Die Granden von Kastilien und vornweg Erzbischof Carrillo und der Marquis de
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