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Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)

Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)

Titel: Das kastilische Erbe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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sprechen.
    »Nein«, gab sie gekränkt zurück. »Warum sollte ich? Darf es mich nicht interessieren, wann du wieder da bist?«
    Eine Weile herrschte Stille zwischen ihnen. Sie hörte nur wieder dieses Lachen einer Frau und unterdrücktes Gemur mel. Dann erklang Musik. Wo war er? In einem Restau rant? Unterwegs ein Halt an einer Raststätte? Nein, es müssten mehr Stimmen zu hören sein, und auch die Musik passte nicht. Zu romantisch für eine Raststätte.
    »Was glaubst du denn, wann du da sein wirst?«, wiederholte Isaura und versuchte das zunehmende Unbehagen zu unterdrücken.
    »Spät. Nicht vor Mitternacht. Warum?«
    »Ich wollte noch etwas mit dir besprechen.« Es ärgerte sie, dass es bettelnd klang wie bei einem Kind.
    »Können wir das nicht aufs Wochenende verschieben?« Wieder diese Frauenstimme. Dieses Mal klang sie näher. Drängender. Justus legte die Hand auf das Mikro seines Handys. Isaura hielt den Atem an. Sie spürte einen kalten Schauder, der ihr den Rücken herabrann, und fühlte, wie sich ihre Nackenhaare aufstellten. Sie wusste nicht warum, doch innerhalb weniger Augenblicke war sie schweißgebadet.
    »Isa? Ich muss jetzt auflegen. Geh ins Bett und warte nicht auf mich. Wir reden später.«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, legte er auf. Sie erwartete ja gar nicht, dass er ihr zum Abschied einen Liebesschwur ins Ohr säuselte – das hatte er schon lange nicht mehr getan –, aber so?
    Das Telefon noch in der Hand, taumelte Isaura zurück, bis sie mit dem Rücken gegen die Wand stieß. Erst kam der Schmerz, dann eine Welle von Zorn. Sie umklammerte das Telefon, als wollte sie es zerbrechen. Neben ihr kippten drei der teuren Rotweingläser aus dem Regal und zerschellten auf dem Boden.
    Nein, das durfte nicht wahr sein. Das passierte nur den anderen, nicht ihr.
    Sie konnte nicht einmal genau sagen, woher der Gedanke kam und warum sie sich so sicher war. Sie hatte seine Treue nie infrage gestellt. Woher kam das nun plötzlich?
    Isaura stand reglos da, den Rücken fest gegen die Wand gepresst. Sie starrte auf das Telefon in ihrer Hand, das sie noch immer umklammerte, als wollte sie es erwürgen. Ohne dass sie es wollte, drückte sie auf die Wahlwiederholungstaste und hob es ans Ohr. Was sollte sie ihm sagen? Wie die Gefühle ausdrücken, die ihr die Luft nahmen? War sie etwa völlig übergeschnappt und warf ihm grundlos etwas vor? Was gab es schon für Beweise? Keine! Nicht einmal einleuchtende Indizien. Warum nur ließ sich die Überzeugung nicht mehr vertreiben?
    Es klingelte dreimal, dann wurde abgehoben. Isaura setzte gedanklich bereits zu einer Entschuldigung an, als die Frauenstimme, die sie vorher nur im Hintergrund gehört hatte, sich meldete.
    »Sie schon wieder? Hat Justus sich nicht klar ausgedrückt? Sie sollen ins Bett gehen und nicht auf ihn warten! Was ist daran denn nicht zu verstehen?«
    Isaura blieb die Luft weg. Sie wusste nicht, was sie auf diese Frechheit erwidern sollte. Da erklang Justus’ Stimme.
    »Sandy, war das mein Handy? Was machst du denn? Ich habe dir doch gesagt, du sollst nicht drangehen, wenn es klingelt!« Er klang zornig. Kein Wunder.
    »Ja, das hast du, aber deine Frau will nicht auf dich hören und stört uns weiterhin.«
    Sie hörte ihn nach Luft schnappen. »Es ist Isaura?«
    »Ja, oder hast du noch mehr Ehefrauen?«
    Er riss ihr das Telefon aus der Hand. »Isa?«
    Sie legte auf und warf das Telefon weg, als hätte es sie gebissen. Mit schwankendem Schritt kehrte sie zum Sofa zurück und ließ sich in die Polster fallen. Gedankenfetzen wirbelten durch ihren Geist, doch sie war nicht in der Lage, sie festzuhalten, zu ordnen und weiterzuverfolgen. So saß sie nur da und atmete schwer. Isaura wollte es einfach nicht glauben. Es kamen ihr nicht einmal Tränen, denn wenn sie jetzt anfing zu weinen, dann hätte sie akzeptiert, dass dieser Irrsinn Realität war. Unstet huschte ihr Blick durch das Wohnzimmer, das ihr plötzlich so fremd vorkam. Was hatte sie hier verloren? Das war nicht mehr ihr Zuhause. Das war nicht mehr der Ort glücklicher Stunden zusammen mit Justus. Ihr Blick irrte umher und blieb dann an dem Bildnis der unbekannten Frau aus dem fernen Spanien einer anderen Zeit hängen. Ihr Blick war ihr wie ein Spiegel, und sie erkannte die tiefe Kränkung und das Leid in ihm wieder. Was war ihr widerfahren?
    Sicher war ein Mann für ihren traurigen Blick verantwortlich, dachte Isaura und schalt sich dann selber. So ein Unfug. Das war nur ein altes Gemälde,

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