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Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)

Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)

Titel: Das kastilische Erbe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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entgegen, und Isaura starrte zurück. Stumm und bewegungslos saß sie da und erwiderte den in Öl und Farbe gebannten Blick.
    »Isaura?«, rief die Stimme noch einmal, dann tauchte Sven, einer der Praktikanten des Zeitungsverlags, zwischen zwei deckenhohen Regalen auf.
    »Da bist du ja!«, rief er mit Empörung in der Stimme. »Warum antwortest du denn nicht? Ich suche dich überall.«
    Langsam, wie unter Zwang, hob Isaura den Kopf und sah ihn an.
    Sven war groß und dürr. Sein rotes Haar stand ihm meist nach allen Seiten vom Kopf ab, und seine weiße Haut war an jeder Stelle – soweit Isaura das beurteilen konnte – mit Sommersprossen übersät.
    »Was ist? Was hast du da?«
    Sven trat näher und betrachtete ebenfalls das Gemälde, das die ganze linke Seite einnahm. »Unbekannte Schöne«, las er den Titel darunter. »Spanien, erste Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts. Machst du jetzt was über Spanien?«
    »Kann sein«, gab Isaura ausweichend zur Antwort und richtete ihren Blick wieder auf das Bildnis, das sie aus irgendeinem Grund magisch anzog. Es war nicht die Frau aus ihren Träumen, das war ihr sofort klar. Im Gegensatz zu dem Bildnis hatte diese viel feineres, dunkelblondes Haar, und ihre Augenfarbe war heller. Die Dame auf dem Bild hatte dunkles Haar, das wie Kastanien schimmerte, und braune Augen. Auch die Gesichtszüge unterschieden sich ganz eindeutig, und dennoch konnte Isaura sich nicht von dem Bildnis losreißen, das sie mit so viel Ernst und Traurigkeit direkt anzusehen schien. Lag es nur daran, dass das Gewand, das die Frau trug, dem in ihrem Traum ähnelte? Ja, das wäre möglich gewesen. Warum hatte sie den strengen geometrischen Stil der frühen spanischen Hofmode nicht gleich erkannt?
    Sven drängte sich noch ein Stück näher und beugte sich ebenfalls über das Buch. »Sie sieht dir ähnlich«, sagte er und musterte mit gerunzelter Stirn erst das Bild und dann seine Kollegin.
    Der Bann war gebrochen. Isaura lachte. »Ja, ich habe damals im – wann war das noch gleich? – in den ersten Jahren des sechzehnten Jahrhunderts dem Hofmaler Modell gesessen. Es kommt mir vor, als sei es gestern gewesen. Und ich sage dir, das Kleid war höllisch unbequem!«
    Sven grinste breit. »Ja, so sieht es auch aus. Ein wenig unnatürlich, nicht wahr? Als wären die Proportionen irgendwie verschoben.« Er hob die feinen, rötlichen Brauen und legte den Kopf ein wenig schief. »Oder war nur der Maler nicht der Talentierteste?«
    Isaura lächelte noch immer, schüttelte aber den Kopf. »Nein, das würde ich so nicht sagen. Es ist zwar nicht mein Spezialgebiet, doch ich meine mich zu erinnern, dass die spanische Mode eine recht steife und unbequeme Sache war, die auf die natürlichen Körperformen nicht allzu viel Rücksicht nahm. Selbst Männer mussten eine Art Korsett tragen.«
    Sven klopfte sich auf seine schmächtige Brust. »Na, viel einzuschnüren gäbe es bei mir nicht.«
    Isaura knuffte ihn in den Arm, als sie sah, wie sein Blick an ihr hinaufwanderte. »Untersteh dich, einen Kommentar abzugeben, was man bei mir einschnüren könnte oder nicht!«
    Sven grinste breit. »Ich werde mich hüten. Und nun komm! Ich soll dich nämlich schnellstmöglich zur Redaktionssitzung schleppen. Alex ist schon ein wenig ungehalten, um es mal vorsichtig zu formulieren.«
    Isaura sah auf ihre Uhr. »Oje, so lange wollte ich gar nicht hierbleiben. Ich fürchte, ›ungehalten‹ trifft die Sache nicht ganz.«
    Sie sprang auf. Sven klappte das Buch zu und machte Anstalten, es zu der Lücke im Regal hinter ihnen zurückzubringen, doch Isaura riss es ihm aus der Hand und stopfte es in ihre Aktentasche.
    »Man darf die Bücher hier nicht ausleihen«, protestierte Sven.
    Isaura reckte sich ein wenig, um wenigstens annähernd so groß wie der junge Mann zu sein, und übte sich an einem überheblichen Blick. »Das weiß ich auch. Aber ich muss nachher noch etwas nachsehen, ehe ich es zurückbringe.«
    Sven hob die Schultern und machte sich auf den Weg zur Tür. »Deine Sache«, murmelte er.
    Schweigend gingen sie nebeneinanderher den Gang entlang. Sven hielt ihr die schwere Metalltür auf, die den Archivteil des Hauses von den Redaktionsbüros trennte.
    »Woher kommt eigentlich dein Name?«, fragte er plötzlich. »Isaura. Habe ich vorher noch nie gehört.«
    Isaura blieb stehen. »Ja, das ist ein ungewöhnlicher Name. Als Teenager habe ich dazu mal Bücher gewälzt und rausgefunden, dass er sich von ›Isaria‹ ableitet, dem

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