Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)
in die Seele verletzt hatte.
»Müssen wir das jetzt besprechen?«
»Ja, zum Teufel! Wann denn sonst?«, schrie Isaura. »Wenn du mir das nächste Mal vorlügst, du seist geschäftlich unterwegs, und dich derweil mit deiner Geliebten amüsierst?«
Nun stieg auch ihm Zornesröte ins Gesicht. »Jetzt ist es aber genug! Du weißt, dass ich das nicht leiden kann, wenn du unsachlich und beleidigend wirst. Benimm dich wie eine erwachsene Frau!«
Natürlich, er fühlte sich in die Ecke gedrängt und wollte seine Schuld nicht eingestehen. Da war es besser zurückzuschlagen. Dennoch waren die Worte für sie wie eine Ohrfeige.
»Ach ja? Und wie benimmt sich eine erwachsene Frau deiner Meinung nach korrekt, wenn sie von ihrem Mann betrogen wird? Wie in den vergangenen Jahrhunderten? Großmütig darüber hinwegsehen? So tun, als habe man nichts erfahren, und demütig darauf warten, ob der Gatte einen irgendwann verlässt oder nicht?«
»Mit dir kann man nicht sachlich reden«, gab Justus zurück und wandte sich ab. »Ich gehe jetzt schlafen, und wenn du wieder vernünftig bist, dann können wir darüber sprechen.«
Und nach diesen Worten ging er tatsächlich davon. Isaura dachte, sie bekäme keine Luft mehr. Sie schloss die Augen und presste die Lippen zusammen, um nicht laut zu schreien. Mit einem Knall zersprangen zwei Porzellanfiguren, die Justus ihr von irgendeiner Reise mitgebracht hatte. Seine Schlafzimmertür fiel hart ins Schloss, dann war es still, und Isaura hörte wieder nur die Uhr. Sie tappte zum Sofa zurück und ließ sich in die Polster fallen. Die Augen weit aufgerissen, saß sie die ganze Nacht da, während die Zeit langsam mit dem gleichmäßigen Ticken der Uhr verstrich.
Es war Samstag. Noch nicht einmal acht Uhr. Sie saßen stumm vor ihren Milchkaffeetassen, doch sie rührten sie nicht an. Justus sah übernächtigt aus, was Isaura fast mit Erleichterung feststellte. Er war also doch nicht so abgebrüht, dass dies alles spurlos an ihm vorbeiging. Wie sie selbst nach dieser Nacht aussah, wollte sie gar nicht wissen. Sie hatte seit gestern keinen Blick in den Spiegel geworfen. Sie trug noch ihre Kleidung vom Vortag und hatte sich weder gewaschen noch gekämmt. Ihr Haar hing ihr zerzaust über die Schultern herab.
»Und?«, begann sie müde. »Bist du nun bereit, meine Fragen zu beantworten?«
Justus nickte nur stumm und starrte in seinen Kaffee.
»Geht das schon lange? Ist es etwas Ernstes?«, wiederholte Isaura ihre Worte.
Justus hob die Schultern. »Nein, nicht sehr lange. Ich bin da halt irgendwie reingerutscht.«
Aha. Völlig unschuldig und ohne auch nur die Möglichkeit, ›Nein‹ zu sagen. Isaura sprach es nicht aus. Stattdessen fragte sie: »Liebst du sie?«
»Nein, ich weiß nicht so recht. Dazu kenne ich sie nicht gut genug.«
Isaura unterdrückte die bösen Worte, die ihr auf der Zunge lagen.
»Und wie soll es nun deiner Meinung nach weitergehen? Du kannst nicht alles haben. Du musst dich entscheiden.«
»Das ist mir auch klar«, gab Justus heftig zurück. »Ich wollte dir nicht wehtun.«
Isaura presste die Lippen zusammen.
Ja, deshalb hast du mich heimlich betrogen. Das war natürlich angenehmer. Was für ein Missgeschick, dass es herausgekommen ist!
Sie sprach auch das nicht aus, stattdessen wiederholte sie: »Wie soll es jetzt weitergehen? Wirst du mit ihr Schluss machen?«
Justus nickte halbherzig. »Das muss ich ja wohl, nicht wahr?«
»Und dann? Meinst du, dann ist alles vergeben und vergessen, und wir leben weiter, als sei nichts geschehen?«
Er wurde schon wieder zornig. »Ich habe einen Fehler gemacht, und es tut mir leid. Willst du unsere Ehe dafür einfach so wegwerfen?«
Isaura schüttelte den Kopf. »Nein, so einfach wegwerfen will ich sie nicht. Schließlich habe ich mehr als zehn Jahre fest daran geglaubt. Aber einfach so wegwischen kann ich das auch nicht.«
»Und was schlägst du dann vor?«, fragte Justus nach einer Weile und trank von seinem Kaffee, der bestimmt schon kalt war.
»Ich wollte ursprünglich etwas ganz anderes mit dir besprechen«, begann Isaura mit einem traurigen Auflachen, als sie an ihre Pläne dachte. Gemeinsame Urlaubspläne für eine Ehe, von der sie nun nicht mehr wusste, ob sie noch zu retten war.
»Was denn?«, erkundigte sich Justus, und sie hörte die Erleichterung über den Themenwechsel in seiner Stimme.
»Ich fahre für einige Wochen nach Spanien.«
»Was? Warum denn das?«, gab Justus erstaunt zurück.
Isaura hob die
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