Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)
Kleides hervor. »Eher bringe ich diesen Don Pedro eigenhändig um, als dass ich diese Sünde zulasse!«
»Das darfst du nicht tun«, schluchzte Isabel. »Der Marquis würde dich vierteilen lassen.«
Ehe Beatriz ihre Entschlossenheit bekräftigen konnte, mischte sich Jimena ein. »Ja, ein Dolch in deiner Hand ist nicht das Richtige. Es muss einen anderen Weg geben, diese Hochzeit zu verhindern.«
Sie lief hinaus und verließ den Alcázar . Den ganzen Tag wanderte sie durch die Stadt und zerbrach sich den Kopf, wie man Isabel vor dieser Ehe retten konnte. Es war einfach falsch, das wusste sie, und irgendetwas musste geschehen.
Ihre Wut wuchs mit jedem Augenblick, bis sie glaubte, ihr Kopf müsse zerspringen. Ausgerechnet ein Pacheco! Wie konnte der König seiner Schwester so etwas antun? Wie konnte er sich und dem Reich so etwas antun?
Am Abend erfuhren sie mit Schrecken, dass der Bräutigam bereits auf dem Weg nach Segovia war, um seine Braut und die sicher nicht kleine Mitgift in Empfang zu nehmen. Isabel kämpfte mit ihrer aufsteigenden Panik, die sie zu übermannen drohte. Sie rührte ihr Essen nicht an und fand die ganze Nacht keinen Schlaf. Auch Jimena konnte nicht einschlafen und konzentrierte sich mit aller Macht auf den einen Gedanken: Don Pedro durfte nicht in Segovia eintreffen. Diese Hochzeit durfte nicht stattfinden! Es war ganz gut, dass niemand in ihre Gedanken sehen konnte, denn vor mancher Vorstellung schrak sie sogar selbst zurück.
Würden sie am Ende gar doch zu einem Dolch greifen müssen, um Isabel zu befreien? Nein! Das Schicksal konnte einen anderen Weg wählen! Sie hoffte und betete, dass sie recht behalten würde.
Es verwunderte Jimena nicht, dass ihre Tante Dominga zwei Tage später plötzlich im großen Hof stand, als sie mit Isabel, Teresa und Beatriz vom Frühmahl kam. Sie stürzte auf ihre Tante zu, um sie zu umarmen, hielt aber ob der ernsten Miene inne.
»Du weißt es schon«, sagte sie. »Ja, natürlich. Warum sonst bist du gekommen?«
Dominga umarmte sie und schloss dann ihre Tochter in die Arme. Noch immer sagte sie kein Wort, sondern musterte die vier jungen Mädchen mit dieser rätselhaften Miene, die Jimena nicht zu deuten wusste.
»Lasst uns ein Stück spazieren gehen«, sagte sie leise. »An einen Ort, wo wir ungestört sprechen können.«
Jimena wartete, bis sie außer Hörweite waren. »Wie hast du von der geplanten Hochzeit erfahren?«, platzte sie heraus. »Deshalb bist du doch gekommen, nicht wahr? Du musst sie verhindern«, drängte sie. »Wenn jemand das kann, dann du!«
In ihrer Stimme klang so viel Zuversicht, dass sie auch in Isabels Augen Hoffnung aufleuchten sah.
»Könnt Ihr das wirklich?«, fragte sie leise. »Ich muss gestehen, ich habe vieles für Humbug gehalten und denke, dass so manche, die sich weise Frau, Astrologin oder Kartenlegerin nennen, nur die Leichtgläubigkeit der Menschen ausnutzen. Aber Ihr seid nun schon so lange am Hof meiner Mutter … Bitte, sagt mir ehrlich, habt Ihr diese Kräfte, von denen man nur hinter vorgehaltener Hand spricht?«
Dominga schwieg, bis sie im Schatten eines ausladenden Baumes innehielt und sich zu Isabel umdrehte.
»Ihr werdet Don Pedro nicht heiraten müssen«, sagte sie in einem Ton, der keinen Zweifel ließ.
Isabel und Beatriz seufzten beide aus tiefer Erleichterung. Vielleicht hatte Beatriz gebangt, ihren Schwur doch noch mit Blut einlösen zu müssen?
»Was hast du vor?«, wollte Jimena wissen, doch Dominga schüttelte den Kopf.
»Nichts. Ich wollte euch nur sagen, dass ihr nicht länger bangen müsst, doch schweigt still! Es wird nicht mehr lange dauern, bis die Nachricht den Hof erreicht. Dann tut überrascht, selbst wenn ihr die Neuigkeit nicht bedauert.«
Mit diesen rätselhaften Worten trat Dominga den Rückweg zum Palast an. Den Mädchen gelang es nicht, auch nur einen Satz der Erklärung aus ihr herauszuholen. So waren sie alle in Aufruhr, den sie nur mühsam unterdrücken konnten, bis am Abend ein von Schweiß und Staub bedeckter Bote in den Hof ritt, vom Pferd sprang und nach dem König und dem Marquis rufen ließ.
Beatriz, die gerade auf dem Weg in die Gemächer gewesen war, um Isabel ihren Fächer zu holen, machte kehrt und lief zu den Freundinnen zurück. Sie traten gerade in den Saal, als der Bote vor dem König und dem Marquis de Villena die schicksalsträchtigen Worte ausstieß:
»Don Pedro ist tot!«
»Wie kann das sein?«, rief der Marquis. »Wie kommst du dazu, so etwas zu
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