Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)
der Marquis ihm ins Ohr träufelte.
Er bot einen Landfrieden an, wenn der König seine Truppen entlasse. Nur zu gern bereit, für den Frieden alles zu geben, legte der König seine Trümpfe aus der Hand. Stolz zog der Marquis mit seinem Gefolge im Alcázar ein und wurde von Enrique wie der verlorene Sohn empfangen. Dominga zog sich resigniert wieder nach Arévalo zurück, während Beatriz ihrer Verbitterung lautstark Luft machte.
»Ich kann es nicht fassen! Gibt es denn keinen, der den Mut hat, seinen Dolch zu führen, um den König endgültig von dieser Schlange zu befreien?«
»Rede nicht so«, herrschte Isabel die Freundin ungewohnt barsch an, obgleich Jimena vermutete, dass sie ähnliche Gedanken hegte. Doch falls sie dachte, es hätte nicht schlimmer kommen können, dann täuschte sich Isabel.
Es war ein Morgen im Frühling 1466, als Jimena mit einem Schrei aus ihrem Bett auffuhr.
»Was hast du denn?«, murmelte Beatriz schlaftrunken und schälte sich aus ihren Linnen. »Ist etwas passiert, oder hast du wieder einmal nur schlecht geträumt?«
Heute wird etwas passieren, dachte Jimena, sagte es aber nicht. Sie wusste, was Beatriz von solchen Vorhersagen hielt.
Es war am späten Vormittag, als Enrique nach seiner Schwester schicken ließ. Ihre jungen Damen folgten wie immer in ihrem Schatten und blieben dann respektvoll an der Tür stehen, während der König Isabel mit freundlichem Lächeln zu sich winkte. Isabels Miene wirkte dagegen eher angespannt, was vermutlich an der Anwesenheit von Juan Pacheco de Villena lag und noch mehr an dessen selbstgefälligem Grinsen, das nichts Gutes verhieß. Und so ließ die Hiobsbotschaft auch nicht lange auf sich warten. Kaum hatte sich Isabel gesetzt, begann der König von den glücklich beigelegten Zerwürfnissen zwischen dem Marquis und ihm zu sprechen.
»So weit soll es nie wieder kommen!«, beschwor er. »Von nun an soll das Haus Trastámara mit dem von Villena nicht nur in Freundschaft und Vertrauen verbunden sein.«
Jimena spürte, wie ihr schlecht wurde, und auch Isabel schien Böses zu ahnen.
»Ich habe meinem Freund dem Marquis vorgeschlagen, dass ich dich, liebe Schwester, seinem Bruder Don Pedro zur Frau gebe.«
Er sah Isabel an, als habe er ihr eben ein wundervolles Geschenk gemacht und erwarte ihren stürmischen Dank. Isabel jedoch zeigte keine Spur von Freude. Jimena konnte spüren, wie es in ihr arbeitete.
»Don Pedro? Meint Ihr Don Pedro Girón Pacheco, den Großmeister von Calatrava?«
Die Männer nickten. Isabel konnte ihr Entsetzen nicht mehr verbergen. »Er ist ein uralter Mann«, stieß sie hervor.
»Nun übertreibe nicht«, widersprach der König. »Er ist noch nicht einmal fünfzig!«
»Und ich bin fünfzehn Jahre alt!«, rief Isabel außer sich.
»Das ist nicht von Belang«, versuchte sie der König zu beschwichtigen. »Er ist ein einflussreicher Mann. Er ist Großmeister und nennt weite Ländereien und zahlreiche Burgen sein Eigen. Jedenfalls halte ich ihn für einen geeigneten Ehemann für meine Schwester.«
»Ach ja?«, begehrte Isabel auf. »Ich dachte, Ihr könntet Euch nicht entscheiden, ob ich in das Königshaus von Portugal einheirate oder gar dem Bruder des französischen Königs gegeben werde. Und nun ist ein Don Pedro gut genug?«
Jimena sah, wie peinlich der König berührt war, doch im Fall dieser Ehe war er nicht bereit, so schnell nachzugeben.
»Du stehst hier unter meinem Schutz, und daher wirst du auch meine Anweisungen befolgen«, sagte er ungewöhnlich streng. »Und nun geh in dein Gemach. Ich will dich erst wieder hier in der Halle sehen, wenn du bereit bist, dich zu benehmen, wie ich es von dir verlangen darf!«
Isabel sprang auf und rannte mit gerafften Röcken aus dem Saal. Jimena, Teresa und Beatriz folgten ihr. Oben in ihrem Gemach warf sie sich auf ihr Bett und brach in Tränen aus. Jimena konnte sich kaum erinnern, wann sie Isabel je hatte weinen sehen, doch diese Nachricht raubte ihr die Fassung.
»Natürlich weiß ich, dass ich irgendwann heiraten muss und dass königliche Töchter das Band zu den Königshäusern anderer Länder sind«, sagte sie nach einer Weile schluchzend, »aber diesen alten Großmeister will ich nicht!«
Beatriz setzte sich neben sie und streichelte ihre Schulter. Dann trat ein Ausdruck wilder Entschlossenheit in ihre Miene.
»Ich weiß nicht, was Gottes Ratschluss sein wird, aber ich würde diese Heirat nicht erlauben!«
Sie zog ihren kleinen Dolch zwischen den Falten ihres
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