Das Kastler-Manuskript - Ludlum, R: Kastler-Manuskript - THE CHANCELLOR MANUSCRIPT
Wind flackerten. Er wußte nicht, wie lange er gerannt war. Langsam kam wieder Klarheit in seine Gedanken, und er dachte einen Augenblick lang, er sei wieder in New York, . am frühen Morgen, in den Mauern von Fort Tryon, wo ein blondhaariger Mann Namens Longworth gerade sein Leben gerettet hatte.
Aber sein Name war nicht Longworth. Er war Varak, und er war tot.
Peter schloß die Augen. Die Leere, die er so lange gesucht hatte, umfing ihn. Langsam ließ er sich auf den Boden sinken; seine Knie berührten das Gras, und er zitterte.
Er hörte das Geräusch eines näherkommenden Motors. Jetzt knirschte der Kies unter den Rädern. Er schlug die Augen auf und sah sich um.
Ein Motorroller parkte, der Scheinwerferbalken stach schräg nach unten. Ein Polizeibeamter stieg aus dem Sattel. Seine Taschenlampe erfaßte Peter.
»Alles in Ordnung, Mister?«
»Ja. Ja, bei mir ist alles in Ordnung.«
Der Beamte kam näher. Kastler erhob sich unsicher und stellte fest, daß die Hand des Mannes hinter dem Lichtbalken das Pistolenholster aufgeknöpft hatte. »Was machen Sie denn hier unten?«
Ich ... ich weiß nicht genau. Ehrlich gesagt, ich habe etwas zuviel getrunken, also bin ich spazierengegangen. Ich tue das immer; das ist besser, als in den Wagen zu steigen.«
»Und ob es das ist«, antwortete der Beamte. »Sie haben doch nicht etwa irgendwelche Dummheiten im Sinn, oder?«
"Was? Was meinen Sie?«
»Nun, zum Beispiel, ins Wasser zu springen, nicht mehr wieder heraussteigen wollen?«
"Was?«
Der Beamte stand vor ihm und musterte ihn. »Sie sehen ja ziemlich übel aus.«
»Ich bin hingefallen. Ich sag Ihnen ja, ich hatte ...«
»Ich weiß. Einen über den Durst getrunken. Komisch, daß ich nichts rieche.«
»Wodka.«
»Haben Sie irgendwelchen Kummer? Familienprobleme? Schwierigkeiten? Wollen Sie einen Priester oder einen Rabbi aufsuchen? Oder einen Rechtsanwalt?«
Peter begriff. »Jetzt verstehe ich. Sie glauben, ich möchte mich ertränken.«
»Ist alles schon vorgekommen. Wir haben schon Leichen aus dem Becken gezogen.«
»Sind wir am Gezeitenbecken?« fragte Kastler.
»An der Südwestecke.« Der Beamte deutete nach rechts. »Das dort drüben ist der Ohio-Drive. Auf der anderen Seite ist das Jefferson Memorial.«
Peter sah auf die Uhr, auf das Leuchtzifferblatt. Es war kurz nach halb zehn. Er hatte fast zwei Stunden verloren. Zwei Stunden , die wie ausgelöscht waren. Und es gab soviel zu tun. Zuallererst mußte er einen besorgten Polizisten besänftigen. Er bemühte sich, die richtigen Worte zu finden.
»Schauen Sie, mir fehlt gar nichts, Officer. Wirklich. Ich möchte jetzt nur telefonieren. Ist hier eine Zelle in der Nähe?«
Der Beamte griff an seinen Gürtel und knöpfte das Holster wieder zu. »Drüben am Ohio-Drive, vielleicht hundert Meter in südlicher Richtung, kann auch sein, etwas weniger. Wahrscheinlich können Sie dort auch ein Taxi kriegen. Aber, wenn man Sie noch einmal aufhält, dann passen Sie auf. Der nächste Kollege könnte etwas härter zupacken als ich.«
»Danke für die Warnung.« Peter lächelte. »Und vielen Dank auch, daß Sie so besorgt um mich sind.«
»Das gehört mit zu meinem Job. Passen Sie jetzt auf.«
Kastler nickte und ging quer über den Rasen zum Ohio-Drive hinüber. Jemand hatte sein Hoteltelefon angezapft; er konnte Alison zwar anrufen, aber nichts sagen. Vielmehr mußte er Quinn O’Brien erreichen.
»Wo, zum Teufel, stecken Sie? Ich hatte doch Anweisung gegeben, daß Sie im Hotel bleiben sollen! Verdammt noch mal, Sie ...«
»Die Wahnsinnigen haben versucht, mich zu töten«, unterbrach
ihn Kastler schnell und erinnerte sich an Varaks Schilderung.
»Die Wahnsinnigen ? « Es war, als hätte jemand O’Brien einen Schlag versetzt. »Wo haben Sie diesen Ausdruck gehört?«
»Darüber werden wir uns unterhalten. Darüber, und auch über andere Dinge. Ich habe gerade die Corcoran Galerie verlassen. «
»Die Corcoran ... Sie waren dort?«
»Ja.«
»Mein Gott!« O’Briens Stimme klang plötzlich verängstigt.
»Ich bin jetzt unten bei ...«
»Still!« schrie der FBI-Mann ihn plötzlich an. »Kein Wort mehr! Augenblick ... bleiben Sie in der Leitung.« Peter konnte O’Briens Atem hören; der Agent überlegte. »Unser Gespräch gestern nacht. Denken Sie jetzt gründlich nach. Sie sagten mir, Sie hätten drei Gespräche nach New York von Telefonzellen aus geführt. Sie haben Ihre Kreditkarte benutzt.«
»Aber ich ...«
»Still, habe ich gesagt! Denken Sie
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