Das Kastler-Manuskript - Ludlum, R: Kastler-Manuskript - THE CHANCELLOR MANUSCRIPT
Bleistift?«
»Ja.«
»Dann schreib auf. St. Claire benutzt den Namen Bravo ...«
Peter wartete in dem Privatwagen auf der Nebenstraße, die zum Chesapeake führte; es war eine Sackgasse, die am Wasser endete. Die Ufer waren Marschland, und die wild wachsenden Binsen bewegten sich im Dezemberwind. Es war kurz nach zwei Uhr nachmittags; der Himmel war bedeckt, die Luft kalt, und die Feuchtigkeit war selbst im Inneren des Wagens zu spüren.
Alison und O’Brien befanden sich einige Meilen nördlich von ihm in dem sterilen Haus in St. Michael’s. Der FBI-Mann hatte sich bereit erklärt, ihm drei Stunden Zeit zu lassen — bis fünf Uhr — ehe er Morgan anrief und ihn nach Bravos Identität fragte. Wenn Kastler bis dahin nicht zurückgekehrt sein sollte, das hatte Quinn ganz deutlich erklärt, würde er Peter für tot halten und die entsprechenden Maßnahmen einleiten.
Kastler erinnerte sich an Varaks Worte. Es gab da einen Senator. Einen Mann, der keine Angst hätte, den einzigen in ganz Washington, an den man herantreten, und den man um Hilfe bitten konnte. Für Peter war das ein weiteres Stück von dem Wahnsinn gewesen. Er hatte einen Senator für seinen ›Kern‹ erfunden. Wieder war die Parallele zu nahe; die Person in seinem Manuskript hatte ihre Basis in einem lebenden Menschen.
Er gab Quinn den Namen des Senators, für den Fall, daß er nicht zurückkommen sollte.
In der Ferne war eine schwarze Limousine um eine Straßenbiegung gerollt, näherte sich jetzt langsam. Er öffnete die Tür seines Wagens und stieg aus. Die Limousine kam sieben Meter von ihm entfernt zum Stillstand. Das Fenster des Chauffeurs öffnete sich.
»Mr. Peter Kastler?« fragte der Mann.
»Ja«, antwortete Peter erschrocken. Auf dem Rücksitz des Wagens war niemand. »Wo ist Botschafter St. Claire?«
»Wenn Sie einsteigen wollen, Sir, bringe ich Sie zu ihm.«
»Meine Instruktionen lauteten anders.«
»Es muß aber so geschehen.«
»Nein, das muß es nicht!«
»Der Botschafter hat mir aufgetragen, Ihnen zu sagen, es geschehe zu Ihrem eigenen Schutz. Er hat mich gebeten, Sie an ein Gespräch vor viereinhalb Jahren zu erinnern. Er hat Ihnen damals auch die Wahrheit gesagt.«
Peters Atem stockte einen Augenblick lang. Munro St. Claire hatte vor viereinhalb Jahren wahrhaftig die Wahrheit gesprochen, ihn gut beraten. Er hatte ihm sein Leben zurückgegeben. Kastler nickte und stieg in die Limousine.
Die riesige viktorianische Villa stand dicht am Wasser. Ein langer Steg stach von der breiten Rasenfläche in die Bucht hinaus. Das Haus selbst hatte vier Stockwerke. Im Erdgeschoß gab es eine breite, halb verkleidete Veranda, die über die ganze Breite des Hauses reichte und zur Chesapeake Bay blickte.
Der Chauffeur ging Kastler voraus über die Eingangstreppe. Er schloß die Tür auf und winkte Peter einzutreten. »Gehen Sie nach rechts durch den Bogen und dann ins Wohnzimmer. Der Botschafter erwartet sie.«
Kastler trat in die Halle. Er war allein. Er ging durch einen Bogen in einen Raum mit hoher Decke und wartete, bis seine Augen sich dem Licht angepaßt hatten. Am anderen Ende stand eine einsame Gestalt von einer zweiflügeligen Glastür, die den Blick auf die Veranda und die Wellen der Chesapeake Bay freigab. Er wandte Kastler den Rücken; er blickte auf die sich beständig ändernde Oberfläche der Bucht hinaus.
»Willkommen«, sagte Munro St. Claire und drehte sich um, um Peter anzusehen. »Dieses Haus hat einem Mann Namens Genesis gehört. Er war Bravos Freund.«
»Ich habe von Banner und Paris, Venice und Christopher gehört. Und natürlich von Bravo. Von Genesis habe ich nicht gehört.«
St. Claire hatte ihn offenbar geprüft. »Dazu gab es für Sie auch keinen Anlaß. Er ist tot. Ich finde es unglaublich, daß Varak Ihnen meinen Namen genannt hat.«
»Das hat er nicht. Genauer gesagt, er hat sich sogar geweigert, es zu tun. Ein Mann Namens Bromley hat das getan, aber er wußte das nicht. Seine Codebezeichnung im Bureau war Viper. Aus dem B wird ein V und damit eine der verschwundenen Akten. Halb Wahrheit, halb Lüge. So hat man mich programmiert. «
St. Claires Augen verengten sich, als er sich von der Glastür abwandte und auf Kastler zuging. »>Halb Wahrheit, halb Lüge‹; hat Varak das gesagt?«
»Ja. Er ist vor meinen Augen gestorben. Aber vorher hat er mir alles gesagt.«
»Alles?«
»Von Anfang an. Begonnen bei Malibu bis Washington. Wie man mich dazu provoziert hat, mich einzuschalten. Wie ich
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