Das Kastler-Manuskript - Ludlum, R: Kastler-Manuskript - THE CHANCELLOR MANUSCRIPT
standen vor einer nationalen Katastrophe. «
»Hoovers verschwundene Archive?«
Sutherland gab nicht gleich Antwort. Seine großen, dunklen Augen bohrten sich in die Kastlers. »Sie haben es also erfahren«, sagte er. »Es stimmt. Diese Archive mußten gefunden und vernichtet werden, aber bis dahin waren alle Versuche, sie ausfindig zu machen, gescheitert. Bravo war verzweifelt und griff daher zu verzweifelten Maßnahmen. Eine davon waren Sie.«
»Warum hatten Sie mir dann gesagt, daß die Archive vernichtet worden waren?«
»Man hatte mich gebeten, gewisse Einzelheiten von dem, was man Ihnen gesagt hatte, zu bestätigen. Aber ich wollte nicht, daß Sie sich zu ernst nahmen. Sie sind Romanschriftsteller, kein Historiker. Ihnen noch mehr Bewegungsspielraum einzuräumen, hätte Sie in große Gefahr gebracht. Das konnte ich nicht zulassen. «
»Sie wollten also einen Köder für mich auslegen, aber nicht, daß ich ihn wirklich schluckte, war es das?«
»So könnte man es ausdrücken.«
»Nein, das’kann man nicht. Da ist noch mehr. Sie schützten eine Gruppe von Männern, die sich Inver Brass nennen. Sie sind ein Mitglied dieser Gruppe. Sie sagten mir, einige wenige verantwortungsbewußte, besorgte Männer und Frauen hätten sich zusammengeschlossen, um Hoover zu bekämpfen, und sich nach seinem Tod wieder getrennt. Auch darin haben Sie gelogen. Diese Gruppe reicht vierzig Jahre zurück.«
»Sie haben Ihrer Fantasie zu viel Spielraum gelassen.« Der Atem des Richters ging jetzt schwer.
»Nein, das habe ich nicht. Ich habe mit den anderen gesprochen. «
»Sie haben was?« Die ganze Selbstkontrolle war dahin, das Gefühl richterlicher Gemessenheit, das aus jedem Satz geklungen hatte. Sutherlands Lippen zitterten. »Was in Gottes Namen haben Sie getan?«
»Ich habe die Worte eines Sterbenden gehört. Und ich glaube, Sie wissen, wer dieser Mann war.«
»O Gott! Longworth!« Der schwarze Hüne erstarrte.
»Sie haben es gewußt! « Der Schock war so groß, daß Peter der Atem stockte. Seine Muskeln spannten sich, er drohte, das Gleichgewicht zu verlieren und richtete sich wieder auf. Es war also Sutherland. Keiner der anderen hatte diese Verbindung hergestellt. Sutherland! Und er hätte das unmöglich wissen können, ohne Varak zu folgen, ohne das Telefon des Hay-Adams anzuzapfen!
»Ich weiß es jetzt«, sagte der Richter mit ausdrucksloser, gefährlich klingender Monotonie. »Sie haben ihn in Hawaii gefunden, ihn zurückgeholt und ihn zerbrochen. Vielleicht haben Sie damit eine Kette von Ereignissen ausgelöst, welche die Fanatiker zum Handeln veranlaßt! Das könnte dazu führen, daß sie schreiend an die Öffentlichkeit treten und ihre Anklagen von Verschwörung und noch Schlimmerem hinausbrüllen! Was Longworth getan hat, war notwendig. Es war richtig!«
»Wovon, zum Teufel, reden Sie denn? Longworth war Varak, und das wissen Sie verdammt gut! Er hat mich gefunden! Er hat mir das Leben gerettet und ich habe ihn sterben gesehen.«
Um Sutherlands Gleichmut schien es geschehen. Sein Atem stockte, und sein mächtiger Körper zitterte, als würde er jeden Augenblick hinfallen. Seine Simme klang leise, von tiefem Schmerz erfüllt. »Varak war es also. Das hatte ich in Betracht gezogen, wollte es aber nicht glauben. Er hat mit anderen zusammengearbeitet; ich dachte, es sei einer von ihnen. Nicht Varak. Die Wunden seiner Kindheit heilten nie; er konnte der Versuchung nicht widerstehen. Er mußte alle Waffen haben.«
»Wollen Sie mir damit sagen, daß er die Archive genommen hat? Das paßt nicht zusammen. Er hatte sie nicht.«
»Er hat sie jemand anderem ausgeliefert.«
»Er hat was?« Kastler trat einen Schritt vor. Sutherlands Worte hatten ihn erschreckt.
»Sein Haß ging zu tief. Sein Gerechtigkeitsgefühl war verdreht; alles was er wollte, war Rache. Und die sollten ihm die Archive verschaffen.«
»Was auch immer Sie damit sagen wollen, es stimmt nicht!
Varak hat sein Leben dafür gegeben, jene Akten zu finden! Sie lügen! Er hat mir die Wahrheit gesagt! Er sagte, es sei einer von vier Männern!«
»Es ist...« Sutherland blickte auf das Wasser hinaus. Nur das Klatschen der Wellen durchbrach das lastende Schweigen. »Allmächtiger Gott«, sagte er dann und wandte sich wieder Peter zu. »Wenn er nur zu mir gekommen wäre. Ich hätte ihn vielleicht überzeugen können, daß es einen besseren Weg gab. Wenn er nur zu mir gekommen ...«
»Warum sollte er? Sie waren auch nicht über jeden Verdacht erhaben.
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