Das Kastler-Manuskript - Ludlum, R: Kastler-Manuskript - THE CHANCELLOR MANUSCRIPT
der andere überzeugt.
»Wo sind sie? Ich meine, genau.«
»Die beiden Telefonleute sind in Australien, im Busch von Kimberly; sie werden nie zurückkommen. Sie hätten sonst eine Anklage wegen Totschlag im Marine Corps zu erwarten. Der Mann, der sich unter dem Decknamen ›Salter‹ betätigt hat, ist in Tel Aviv; nichts ist für ihn wichtiger als das Heilige Land oder der Heilige Krieg. Wir versorgen ihn mit Einzelheiten über die palästinensischen Terroristen. Er lebt nur für seine Sache, und wir helfen ihm dabei. Die Schauspielerin ist in Mallorca; sie hat eine Schuld beglichen und will nicht mehr als das, was sie bekommen hat. Der Engländer, der den Wagen und die Phase eins übernommen hatte, ist wieder bei MI-Sechs. Er hat sich als Doppelkurier in Ostberlin Geld von den Russen geben lassen; er weiß, daß ich die Fakten besitze, die zu seiner Exekution führen könnten. Und über den Arzt in Paris, der eigentlich die geringste Sorge ist, wissen Sie selbst Bescheid. Jeder hatte ein Motiv, und keiner kann aufgespürt werden. Sie sind Tausende von Meilen entfernt.«
St. Claire starrte Varak an. »Sie haben jemanden ausgelassen. Was ist mit dem Mann in dem Alarmraum? Dem, der den Decknamen >Krepps‹ benutzt hat?«
Varak erwiderte Bravos Blick. »Ich habe ihn getötet. Das war meine Entscheidung, und ich würde sie wieder treffen.«
St. Claire nickte. »Sie sagen damit also, daß alle Personen, alle Fakten , so gut verborgen sind, daß sie nie entdeckt werden können. Hoovers Tod kann nie etwas anderem als natürlichen Ursachen zugeschrieben werden.«
»Genau. Natürliche Ursachen.«
»Wenn wir also einen Blinden einschalten würden, gäbe es keine Gefahr, daß dieser Mann zufällig die Wahrheit entdeckt. Hoovers Todesursache bleibt außer Reichweite.«
»Außer Reichweite.«
Bravo begann wieder, auf und ab zu gehen. »Ich habe Sie nie gefragt, weshalb es nie zu einer Autopsie kam.«
»Befehl vom Weißen Haus. Wie ich höre, auf sehr diskrete Weise weitergegeben.«
»Das Weiße Haus?«
»Sie hatten einen Grund. Den habe ich ihnen geliefert.«
St. Claire fragte nicht weiter; er wußte, daß Varak die Struktur des Weißen Hauses studiert hatte und konnte sich seine Strategie ungefähr ausmalen, eine ganz und gar professionelle Strategie. »Außer Reichweite«, wiederholte Bravo. »Das ist äußerst wichtig. «
»Für wen?«
»Für einen Blinden, den die Fakten nicht einschränken. Für einen, Mann, den nur ein Konzept interessiert. Eine Theorie, die nicht bei jedem Schritt bewiesen werden muß. Ein solcher Mann könnte einen Alarm auslösen und möglicherweise auch den gegenwärtigen Besitzer der Akten dazu bringen, ans Licht zu treten.«
»Jetzt kann ich Ihnen nicht folgen. Ohne erkennbare Fakten gibt es kein Motiv für einen Blinden. Was könnte er zu erfahren hoffen? Was könnten wir erfahren?«
»Vielleicht eine ganze Menge. Das Wort, auf das es ankommt, lautet Fakten .« St. Claire starrte die Wand über Varaks Kopf an. Seltsam, dachte er. Er hatte lange Zeit nicht an Peter Kastler gedacht. Und wenn er an ihn gedacht hatte — wenn er seinen Namen in einer Zeitung oder in einer Buchkritik gelesen hatte — dann immer leicht amüsiert. Er hatte dann immer den verwirrten Studenten von vor sechs Jahren vor sich gesehen, der damals nach Worten gesucht hatte. Seitdem hatte Kastler die Worte gefunden, eine große Zahl von Worten.
»Ich fürchte, ich verstehe nicht, worauf Sie hinauswollen«, sagte Varak.
Bravo senkte den Blick. »Haben Sie je von einem Schriftsteller Namens Peter Kastler gehört?«
» Gegenschlag! « sagte Varak. »Das habe ich gelesen. Eine Menge Leute drüben in Langley hat das ganz schön heiß gemacht.«
»Es war doch nur ein Roman.«
»Aber der Wahrheit gefährlich nahe. Dieser Kastler hat eine
Menge falscher Begriffe und unkorrekter Prozeduren verwendet, aber unter dem Strich hat er ganz genau das beschrieben, was wirklich geschehen ist.«
»Weil die Fakten ihn nicht eingeschränkt haben. Kastler sucht sich ein Konzept heraus, findet eine Situation und sucht sich ausgewählte Fakten. Und die ordnet er dann so an, daß sie zur Wirklichkeit, so wie er sie wahrnimmt, passen. Ursache und Wirkung binden ihn nicht; er schafft sie. Sie sagen, er hätte einer Menge Leute drüben in Langley Angst gemacht. Das glaube ich; er hat eine große Leserschaft. Und er recherchiert auch gründlich. Angenommen, es würde bekannt, daß er Recherchen für ein Buch über Hoover, über seine
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