Das Kastler-Manuskript - Ludlum, R: Kastler-Manuskript - THE CHANCELLOR MANUSCRIPT
sind.« Die Drinks kamen; die Kellnerin ging. Phyllis holte ein kleines Notizbuch heraus. »Sie möchten nicht über das sprechen, woran Sie gerade arbeiten. Gut. Dann sagen Sie mir, was Sie von den heutigen Romanen halten. Sind die modernen Romane wieder unterhaltend?«
Peter sah in ihre besorgten Augen. Das Licht der Kerzen ließ sie größer erscheinen und machte ihr Gesicht weich. »Ich wußte gar nicht, daß Sie für die Witzseite schreiben. Oder hat man mich in eine Kategorie eingeteilt?«
»Habe ich Sie beleidigt? Ich halte das für ein interessantes Thema. Was denkt ein gut bezahlter Schriftsteller, der ankommt? Ihre Theorien haben Sie ja, weiß Gott, deutlich dargelegt. Witzig sind die keineswegs.«
Kastler grinste. Phyllis Maxwell drückte sich klar und bündig aus; für einen Schriftsteller, der sich zu ernst nahm, mußte das vernichtend sein. Peter antwortete vorsichtig, darauf bedacht, das Thema zu wechseln. Sie kritzelte ein paar Notizen hin, während er sprach. Wie er das nicht anders erwartet hatte, verstand sie sich hervorragend darauf, ein Interview zu lenken.
Ihre Gläser waren inzwischen wieder leer. Peter deutete mit einer Kopfbewegung darauf. »Noch eine Runde?«
»Nein, danke! Jetzt habe ich mich gerade verschrieben.«
»Wo essen Sie zu Abend?«
Phyllis zögerte. »Ich bin verabredet.«
»Das glaube ich nicht.«
»Warum nicht?«
»Sie haben nicht auf die Uhr gesehen. Frauen pflegen auf die Uhr zu sehen, wenn sie zum Abendessen verabredet sind.«
»Nicht alle Frauen sind gleich, junger Mann.«
Peter griff über den Tisch, legte die Hand auf ihr Handgelenk. »Wann sind Sie zum Abendessen verabredet?« Sie zuckte bei seiner Berührung zusammen. Dann nahm sie das Spiel wieder auf. »Das ist nicht fair.«
»Kommen Sie schon, wann?«
Sie lächelte, blinzelte dann. »Halb neun?«
»Dann vergessen Sie es«, sagte er und nahm die Hand weg. »Er hat schon lange aufgegeben und ist gegangen. Es ist zehn Minuten nach neun. Sie werden mit mir zu Abend essen müssen.«
»Sie sind unverbesserlich.«
»Wir essen hier, ja?«
Wieder zögerte sie. »Also gut.«
»Würden Sie lieber woanders hin gehen?«
»Nein, hier ist es mir recht.«
Peter grinste. »Möglicherweise würden wir gar keinen Unterschied feststellen können.« Er winkte der Kellnerin zu und deutete ihr in Zeichensprache an, sie solle noch einmal dasselbe bringen. »Ich weiß, ich weiß. Ich bin unverbesserlich«, sagte er. »Darf ich jetzt Ihnen ein paar Fragen stellen? Sie kennen Washington ebensogut wie irgend jemand, der mir in den Sinn kommt.«
»Wo ist Ihr Notizbuch?« Sie steckte ihres in die Handtasche.
»Bei mir läuft im Kopf ein Band.«
»Das klingt nicht gerade beruhigend. Was wollen Sie wissen?«
»Erzählen Sie mir von J. Edgar Hoover.«
Als Phyllis den Namen hörte, zuckte sie zusammen, und ihre Augen suchten den Kontakt mit den seinen. Irgendwie wirkte ihr Blick ärgerlich, fand Kastler. »Er war ein Ungeheuer. Ich kann über Tote Böses sagen, ohne die geringsten Gewissensbisse zu empfinden.«
»Durch und durch schlecht?«
»In letzter Zeit ja. Ich lebe seit sechzehn Jahren in Washington. Ich kann mich an kein Jahr erinnern, in dem er nicht jemanden von außergewöhnlichem Wert zerstört hat.«
»Das ist stark.«
»Ich empfinde das auch so. Ich habe ihn verabscheut. Ich habe gesehen, was er tat. Wenn es je ein Beispiel für fleischgewordenen Terror von der Hand eines Menschen gab, dann war er das. Niemand hat je darüber berichtet. Ich glaube auch nicht, daß es je dazu kommen wird.«
»Warum nicht?«
»Das Bureau wird ihn schützen. Er war der Monarch. Seine Kronprinzen werden nicht zulassen, daß ein Makel auf sein Bild fällt. Davor haben sie Angst und dazu auch allen Anlaß.«
»Wie können sie es verhindern?«
Phyllis lachte spöttisch, es klang wie ein Husten. »Nicht können, sie haben es bereits getan. Die Öfen, mein Lieber, kleine Roboter in dunklen Anzügen sind durch das ganze Gebäude gegangen und haben alles verbrannt, das ihrem verblichenen Abgott auch nur im
entferntesten hätte gefährlich werden können. Die sind darauf aus, daß er heiliggesprochen wird; das ist der beste Schutz, den sie sich wünschen können. Dann läuft alles wieder wie gewohnt.«
»Sind Sie da sicher?«
»Es heißt — und ich gebe zu, daß das kein Beweis ist — daß Clyde in Eddies Haus auftauchte, ehe die Leiche kalt war. Man sagt, er und ein paar Hofschranzen seien mit tragbaren Aktenwölfen von Zimmer
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