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Das katholische Abenteuer - eine Provokation

Das katholische Abenteuer - eine Provokation

Titel: Das katholische Abenteuer - eine Provokation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt
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mächtigsten Mobilisierungskampagnen in der Geschichte der amerikanischen Demokratie rollt an. Auf dem Abschlussbankett erinnert Pat Robertson an den Spruch aus dem Zweiten Weltkrieg: »Lobe den Herren – aber reich mir die Munition.«
    Selbstverständlich ist die Christian Coalition ein Magnet auch für politische Freaks. Andrew Patterson aus Virginia sitzt beim Schlussbankett unterhalb des Podiums und starrt auf die Prominenz. Er kaut nervös auf seiner Lippe. Er spürt einen Aufbruch im Lande, sagt er, merkwürdig erregt. Die Christian Coalition habe das gleiche Ziel wie die Nazis. Nämlich? »Unsere Kultur zu retten und die Traditionen zu behaupten.« So wie die Nazis auf die Dekadenz der 20er Jahre geantwortet hätten, so sei die CC die Rettung aus dem moralischen Sumpf der 60er Jahre.
    Er schaut verträumt auf die Bühne, wo ein patriotisches Krippenspiel gegeben wird: Washington und Lincoln und Jefferson und Adams sitzen zusammen und beklagen den Verfall der Sitten. »Was soll man nur mit Richtern machen«, sagt ein trauriger Washington, »die den Kindern das Beten in der Schule verbieten?«
    »Abknallen«, murmelt Patterson versonnen.

Der schwarze Jesus
    Harlems Pastoren und ihre Bedeutung für Nachbarschaftshilfe und Bürgerrechte
     
     
     
    Orgelmusik hat ihn angekündigt. Rund achtzig Schwarze, viele in afrikanischer Tracht, klatschen rhythmisch. Dann steht Al Sharpton, die neue politische Hoffnung der Schwarzen, auf der Bühne der Schulaula. Sein Kampfschrei: »Keine Gerechtigkeit, kein Friede.« Die Versammlung johlt. »No justice, no peace« – seit den Rodney-King-Prozessen ist dies das Hallelujah der Straße.
    Selten war die schwarze Bewegung zerstrittener, selten ihre politische Führung in Washington kopfloser. Doch hier, in Harlem, sind die Lösungen einfach, die Alternativen klar: gut oder böse, Himmel oder Hölle, schwarz oder weiß.
    Himmel und Hölle kennt Al Sharpton aus frühester Kindheit. Hineingeboren in die Slums von East New York, kurz darauf in Cadillacs chauffiert, weil sein Vater plötzlich zu Reichtum gekommen war, dann wieder in die Slums zurück, weil sich das Familienoberhaupt aus dem Staub gemacht hatte – die einzige Konstante in einem solchen Lebensbeginn ist der schwarze Kirchengospel.
    Man merkt ihm an, dort oben, dass er die Rhetorik von Paradies und ewiger Verdammnis inhaliert hat, bevor er überhaupt lesen konnte. Andere Kinder der Nachbarschaft spielten Basketball – er predigte.
    Al Sharpton – das ist die Generation nach Martin Luther King. Er wuchs auf als auftrittsgewohntes Kind, und er hatte brillante Ersatzväter. Von Bürgerrechtler Jesse Jackson lernte er die Technik des Protests. Von Soulsänger James Brown die Macht der Show. Und von Box-Promoter Don King, dass es nichts schadet, umstritten zu sein. Al Sharpton, ein Spieler in der Politarena.

    Die Märsche auf weiße Bastionen sind heute Geschichte. Sie leben fort als Erinnerung, als Simulation. Die neue Generation muss die Aufhebung der Rassentrennung nicht mehr erkämpfen, sondern beerben. Ein schweres Erbe.
    Vielen sind die Erfolge der Integration mittlerweile zweifelhaft geworden. Das Durchschnittseinkommen schwarzer Haushalte liegt unverändert seit Jahrzehnten weit unter dem der weißen. Das Unrecht ist beseitigt, die Ungleichheit nicht.
    Die Innenstädte zerfallen, die schwarzen Familien sind zerrüttet. Ein Drittel aller schwarzen Teenager wird straffällig. Wenn er nachts auf der Straße Schritte hinter sich höre, meinte Bürgerrechtler Jesse Jackson kürzlich resigniert, und er drehe sich um und sähe Weiße hinter sich, sei er erleichtert.
    Einer wie Sharpton hat den Vorteil, dass er sich die Resignation nicht anmerken lässt. Seine Bühne: die Stufen des Rathauses. Sein Werkzeug: das Megaphon. So sehen ihn die Fernseh-Crews am liebsten, und so hat ihn Tom Wolfe in seinem Roman Fegefeuer der Eitelkeiten porträtiert – Sharpton, der Einpeitscher vom Dienst, seit rund fünfzehn Jahren so sehr New York wie die ewig verlierenden Mets oder fluchende Taxifahrer.
    Doch nun steht da ein neuer Sharpton. Einer, der für den Senat kandidiert. Bei seinem letzten Rennen zwei Jahre zuvor hatte er überraschend drei Viertel aller schwarzen Stimmen auf sich vereinigt. Er ist nicht länger die schrille Nummer am Rande. Das schwarze Establishment nimmt ihn ernst.
    Die alten, angepassten schwarzen Politbroker, so denken viele, haben ausgedient. Schwarze Bürgermeister in Metropolen wie New York und Los

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