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Das katholische Abenteuer - eine Provokation

Das katholische Abenteuer - eine Provokation

Titel: Das katholische Abenteuer - eine Provokation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt
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»Ich glaube jedoch, dass unter den Trümmern der gegenwärtigen Institutionen noch die katholische Hierarchie weiterleben wird.« Sie muss.
    Die größte Kirchenfeindlichkeit scheint bisweilen aus den eigenen Reihen zu kommen. Da zählt dann nur noch die Eitelkeit diverser publizistischer Gegenpäpste wie eben Heiner Geißler. Nur eine Revolution könne die Kirche retten, heißt es in einer Presse-Vorschau zu seinem neuen Buch, Immer dieser Jesus. Jesus wäre längst ausgetreten, meint Geißler. Weil sie, die Kirche, demokratie- und frauenfeindlich sei und so weiter.

    Allerdings, das erzählte Geißler mir vor einer Maischberger-Sendung zwischen zwei Mettwursthäppchen, habe er das Projekt zunächst verschoben, um ein anderes vorzuziehen, ein Buch über seine Rolle als Stuttgart-21-Schlichter. Man muss Prioritäten setzen. Erst er selbst also, dann Jesus, von dem er im Übrigen so genau weiß, was er tun und wie er denken würde, dass ich den starken Verdacht habe, Geißler hofft nach seinem phänomenalen Schlichter-Erfolg nun auf einen Platz in der Heiligen Dreifaltigkeit. Stünde natürlich die Frage im Raum, wer von den anderen drei Platz macht.
    Ja, wahrscheinlich sind die katholischen Betriebsnudeln und Vereinsmeier noch schlimmer als die Spötter von außen. Rechtzeitig zum nächsten Besuch des Papstes in Deutschland haben prominente CDU-Politiker mit dem Vorschlag, verheiratete Männer, sogenannte »viri probati«, zum Priesteramt zuzulassen, eine teilweise Aufhebung des Zölibats gefordert. »Aus Sorge« über den zunehmenden Priestermangel.
    Allerdings nimmt die Zahl der Gottesdienstbesucher noch rapider ab als die der Priesteranwärter. Hier liegt das Drama, auf das mit keinem Wort eingegangen wird. Kann es sein, dass sie wegbleiben, weil den Kirchen im Reformeifer der letzten Jahrzehnte zunehmend das Geheimnis, die Liturgie, die Andacht abhandengekommen sind, dass einfach zu viel gewöhnliches Tageslicht auf dieser Gegenwelt liegt?
    Kurz nach den Politikern meldeten sich 144 Theologieprofessoren zu Wort. Ebenfalls »aus Sorge«, diesmal über die Kirchenkrise, die der Missbrauchsskandal ausgelöst habe. Sie empfehlen unter anderem eine Lockerung des »moralischen Rigorismus«. Wie das? Sollte nicht der Rigorismus eher verschärft werden? Würde sich die winzige pädophile Minderheit unter den Priestern bei Lockerung der Moral eher dem Briefmarkensammeln zuwenden, statt sich über die Schutzbefohlenen herzumachen? Die Odenwaldschule hat wohl zur Genüge bewiesen, wie wenig eine lockere Moral geeignet ist, den Missbrauch zu verhindern!

    Des Weiteren fordern die Theologen (die immerhin den Nachwuchs der deutschen katholischen Kirche ausbilden!) den üblichen, sattsam bekannten Reformkatalog ein, also eine Aufhebung des Zölibats, Priesterweihe für Frauen, den Segen für schwule Lebensgemeinschaften und die Basisdemokratie bei der Bestallung von Bischöfen und Pfarrern. Eigentlich verlangen sie den Protestantismus.
    Auch von den Theologen kein Wort darüber, dass die »Kirchenkrise« in Wahrheit eine »Gotteskrise« ist, wie Kardinal Kasper zu Recht ausführte, also ein alarmierendes Verdunsten des Glaubens, dem dann doch nicht mit Verfassungsfragen begegnet werden kann, sondern nur mit einem erneuerten Bekenntniseifer. Mit galvanisierenden Beispielen wie dem, das Johannes Paul II. gegeben hat. Ach, ganz vergessen: Auch gegen ihn, den verkündungsstarken Mystiker-Papst, der das System der Gottlosigkeit, den Kommunismus, mit Kirche und Gebet bezwungen hatte, hatten Theologen ja protestiert, bereits 1989 in einem Memorandum, wegen undemokratischer Strukturen und so weiter. Wahrscheinlich ist es einfach so unter deutschen Theologieprofessoren, dass es mittlerweile als uncool gilt, von Gott zu reden statt von Memoranden.
    Zurück zur Kirchenverfassung. Nehmen wir nur den Zölibat, der den katholischen Priester am augenfälligsten von seinem protestantischen Kollegen unterscheidet. Man wendet gegen ihn ein, dass ein katholischer Priester Eheleuten keinen Rat geben könne, weil ihm die Erfahrung fehle. Kann es der geschiedene evangelische Pfarrer denn besser? Die Scheidungsrate in evangelischen Pfarrhäusern ist hoch. Gibt es bei denen dann nicht viel eher das Glaubwürdigkeitsproblem, wenn sie zur Eheschließung die Formel sprechen: »Was Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht lösen«?
    Der Zölibat ist offenbar eine Provokation. Warum, frage ich mich? Merkwürdigerweise respektieren wir Mahatma

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