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Das katholische Abenteuer - eine Provokation

Das katholische Abenteuer - eine Provokation

Titel: Das katholische Abenteuer - eine Provokation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt
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den Protestanten dieser Vorwurf nie gemacht? Nur weil es sie noch nicht gab?
    Und gibt es nicht derzeit eher Kreuzzüge gegen uns, auf der ganzen Welt? Mit Bomben und Gewehren in Ägypten, im Sudan, in Pakistan? Doch die werden von unseren demokratischen Dauertalkrunden übersehen, denn dass Christen Opfer sein könnten, passt nicht auf die Platte, die in unserer Gesellschaft am liebsten aufgelegt wird und die beim Täter-Christen einen Sprung hat.
    (Nicht vergessen, ich bin im Moment Don Camillo!)
    Kommen wir zu den Hexenverbrennungen. Mittelalterlich? Nein, die Kirche hatte den Hexenglauben verboten. Hexenverbrennungen sind eine Erfindung der frühen Neuzeit, und sie blühten besonders prächtig auf in protestantischen, später puritanischen Gegenden, wie in Salem. In Spanien hat die katholische Inquisition die Hexenverfolgung verhindert.
    Allerdings kümmert man sich in unseren Talkshows auch eher wenig um die jüngsten Exzesse der Hexenverfolgung, im Kongo, in Tansania, in Südafrika, wo es zu Hunderten, ja Tausenden Hexenmorden gekommen ist. Es waren die Kolonialmächte, insbesondere die christlichen Missionare, die die Hexenverfolgung untersagt hatten. Nun, mit Erkämpfung der Unabhängigkeit und Vertreibung der Missionen, wird nachgeholt, was liegen geblieben ist.

    Fazit, Herr: Deine Kirche ist zahm und zivil und aufgeklärt, und Dein Stellvertreter auf Erden spricht mit so sanfter Stimme (wenn auch nicht ohne imponierende Konsequenz und Unerschütterlichkeit), und der antikirchliche Lärmpegel ist so gewaltig, dass ich durchaus Lust hätte auf eine lautstarke katholische Konterrevolution.
    Und dann warte ich, bis der Anfall vorüber ist.
    Schlimme Sache, aber es ist nun mal so: Ich denke katholisch, ich fühle und lache und wüte katholisch, ich sündige, ich beichte, ich schaue katholisch auf die Welt.
    Die lutherische Schreckenstheologie war mir immer fremd. Der Gedanke daran, dass ich selber gar nichts tun kann, um in den Himmel zu kommen, sondern vollständig von der Gnade Gottes abhänge, ließ mich von jeher schaudern. Meine Schuld wäre nie abzutragen. Es ist der finsterste Teil der Augustinischen Erbsünden-Theologie, den Luther übernommen hat.
    Deswegen bin ich gerne katholisch, und da diese Welt so überraschend religiös aufgeladen ist, werde ich ständig daran erinnert, dass ich katholisch bin und nicht, sagen wir, moslemisch. Ich habe im Koran gelesen und war weniger beeindruckt als Goethe. Ich fand die Beschreibung der Höllenqualen für die Ungläubigen auf Dauer ermüdend und die Himmelsekstasen für die Gerechten übersüßt. Dann schon lieber die psychedelischen Delirien aus der Johannes-Apokalypse. Ansonsten: not my cup of tea, auch wenn mir Elemente aus dem Alten und dem Neuen Testament wie die jungfräuliche Empfängnis bekannt vorkommen.
    Ich bin katholisch. Punkt.
    Da ist zum Beispiel die Debatte über den Plan, in Manhattan, New York, 250 Meter von Ground Zero entfernt, eine 100-Millionen-Dollar-Super-Moschee samt islamischem Kulturzentrum zu errichten. Und rums – ich reagiere in meinen Vereinsfarben: katholisch.
    Sicher hat die betreffende Moslem-Bruderschaft das Recht auf einen Moscheebau. Dennoch halte ich diesen Plan für, um es vorsichtig auszudrücken, emotional nicht sehr intelligent.
Um nicht zu sagen: unsensibel. Um nicht zu sagen: provokativ. Andere denken ebenso. Widerstand bildet sich. Worauf der für den Plan verantwortliche Imam prompt meint, dass es die moslemischen Gläubigen in allen Teilen der Welt sehr erzürnen würde, wenn es den Gegnern der Moschee gelingen würde, sich mit einer Baublockade durchzusetzen. Und wir wissen, wie furchteinflößend es sein kann, wenn der Islam sich ärgert. Und das wiederum ärgert mich. Doch nicht nur mich.
    Hani Shukrallah, Chef der englischsprachigen Internetseite »Ahram Online« in Kairo, schrieb nach dem Anschlag auf die christlichen Kopten in Ägypten: »Ich klage jene unter uns an, die sich lautstark über die Entscheidung empört haben, dass der Bau eines muslimischen Zentrums in der Nähe des Ground Zero in New York gestoppt werden sollte, und auf der anderen Seite applaudieren, wenn die ägyptische Polizei den Bau eines Treppenhauses in einer koptischen Kirche im Kairoer Omranya-Bezirk zum Stillstand bringt.«
    Was den Terrorangriff von 9/11 angeht, der rund 3000 Todesopfer gekostet hat, vergaß der New Yorker Imam übrigens nicht, hinzuzufügen, dass dieser Massenmord auch mit der »amerikanischen Politik« zu tun

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