Das Kellerzimmer - Gesamtausgabe
sie auf einmal im Haus drüben verschwunden und kommt nicht wieder. Ich befürchte, dass sie vielleicht doch recht haben könnte. Vermutlich ist das Blödsinn, aber ich würde es ewig bereuen, wenn ich Sie nicht darauf hingewiesen hätte.“
„Um ehrlich zu sein, Herr Zielke, das klingt in der Tat etwas phantasievoll. Es ist ja durchaus möglich, dass Frau Mahler einfach nur im Wohnzimmer der Suhrhoffs sitzt und mit denen plaudert, oder?“
„Eigentlich schon. Aber eigentlich auch nicht. Mich jedenfalls hat Herr Suhrhoff schroff abgewiesen. Bitte, können Sie dort nach dem Rechten schauen? Ich kann ja auch mitkommen!“
„Das schaffen wir schon noch grad so alleine“, pikierte sich der ältere Polizist und spitzte seine Lippen. „Wir schauen mal und gehen dem Hinweis nach. Auf Wiedersehen, Herr Zielke.“
„Wenn Sie gestatten, komme ich ein paar Schritte mit.“
„Nein, bleiben Sie bitte hier.“
Die können mich doch mal, dachte Sören und schlich nach draußen, sobald die Polizisten sein Grundstück verlassen hatten. Er wollte unbedingt sehen, was sich drüben abspielte. Bestimmt würde der fürchterliche Suhrhoff denen auch gleich die Tür vor der Nase zuschlagen.
Doch Ingmar hatte gerade etwas ganz anderes zu tun. Er befürchtete, dass Hanna ihn überwältigen könnte, wenn er Elaine zu ihr ins Kellerzimmer sperrte. Zwei Weiber konnten schon mal zu Furien werden. Er lief auf dem Flur auf und ab und trat hin und wieder nach der wimmernden Frau am Boden. Schon wieder klingelte es an der Tür! Verdammt, das fehlte ihm jetzt grade noch!
„Kein Wort! Hörst du, kein Wort!“, zischte er Elaine an und ging zur Tür. Ach du Scheiße, die Bullen! Ingmar strich sich die Haare aus der Stirn und zog sein T-Shirt glatt. Wortlos öffnete er die Tür und schaute die Beamten fragend an.
„Guten Abend, Herr Suhrhoff. Wir haben einige Fragen an Sie und würden uns gerne kurz mit Ihnen unterhalten.“
„Passt mir grad ganz schlecht. Können wir ja auch bestimmt hier an der Tür klären.“
Er zog die Tür ganz nah ran, sodass ein Blick ins Innere des Hauses nicht möglich war. Elaines letzte Chance war gekommen. Mit letzter Kraft robbte sie nach vorn und krallte sich an Ingmars Bein. „Hilfe!“ stöhnte sie laut und noch einmal „Hilfe! Ich bin verletzt!“
***
Die Bullen hatten ihn unsanft ins Hintere des Polizeiwagens geschoben. Wütend schaute er aus dem Fenster dem Treiben vor seinem Haus zu. Das hatte er alles nur Don Fetti zu verdanken, der ihn mit einem bösen Blick bedacht hatte, kurz bevor sie ihm die Handschellen anlegten. Dieses schmierige Schwein! Diese fette Hanna! Immerhin hatte sie vielleicht ein paar Kilo im Kellerzimmer abgenommen. Haha, dachte Ingmar Suhrhoff bitter, da hatte er sogar aus Versehen ein gutes Werk für Don Fetti getan.
Alles war schief gelaufen. Die drei Weiber wurden aus ihren Ecken befreit, mit Decken und Wasser versorgt und warteten auf die Rettungswagen. Überall Blaulicht, die Veilchengasse war voller Schaulustiger, die sich am Anblick der unwirklichen Szene ergötzten. Lisa würde ohne ihn niemals klarkommen, da war er sich sicher. Er musste unbedingt einen guten Anwalt bekommen, damit er schnell wieder zu Hause sein würde. Dem würde er auch erzählen, dass Lisa Vivien umgebracht hatte und es sich nicht um den Plötzlichen Kindstod handelte. Er würde sie alle fertigmachen, alle.
Sören legte den Arm schützend um seine Frau, die nur mit einer Wolldecke bedeckt auf dem hässlichsten Sofa lag, das er je gesehen hatte.
„Bald ist der Krankenwagen da, Schatz. Ich muss eben Kimberley und deinen Eltern Bescheid sagen. Allen… Ach, Schatz, ich hab mir solche Sorgen gemacht! Wenn ich geahnt hätte, dass du nur ein paar Meter entfernt warst!“
Die Tränen rannen über Sörens Gesicht und Hanna schloss erleichtert die Augen. Sie lebte noch. Sie würde ihr Kind wiedersehen, ihr Mann war bei ihr. Jetzt würde alles gut werden. Das Schwein war im Gefängnis.
Neben ihr auf einem Sessel saß zusammengekauert Lisa, eingehüllt in einen Bademantel und zitternd vor Angst und innerer Kälte. Sie wurde von einem Polizisten befragt und konnte kaum antworten. Elaine trat humpelnd zwischen Hanna und Lisa und griff nach den Händen der beiden. Die drei Frauen weinten leise vor sich hin. Der Albtraum war vorbei. Sie mussten Lisa helfen, damit sie nie wieder Ingmar ausgeliefert war. Bis dahin würden sie sich besser kennenlernen. Keine von ihnen sprach, doch sie wussten auch so,
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