Das Kellerzimmer - Gesamtausgabe
können. Auch Lea war regelrecht euphorisch.
Benny und ein weiterer Mann kamen in den Raum. Der zweite Typ schloss die Tür hinter sich und schaute die Mädchen an. Kimberley kam sich vor wie eine Schaufensterpuppe, die von oben bis unten begutachtet wurde. Nur nicht so schön und leblos.
„Und?“, fragte Benny den pockennarbigen Besucher. Er sah richtig runtergekommen aus, eigentlich wie einer von ihnen, dachte Kimberley.
Zögernd versuchte Lea es mit einem „Hallo“ und Kimberley echote den Gruß. Zurück kam jedoch nichts.
„Geht so. Eigentlich zu alt. Egal.“ Der Akzent des Narbengesichts klang osteuropäisch. Lea schubste Kimberley leicht von der Seite an, doch Kimberley war wie vom Donner gerührt. Bestimmt hatte Lea recht gehabt – es ging hier nicht um Modeln, die brauchten Mädchen für Sexfilme!
„Ist ja nicht so schlimm“, versuchte es Kimberley im lockeren Ton, „wir versuchen es woanders nochmal. Ich glaub, ich bin sowieso zu dick für so was.“
„Genau, machen Sie sich bitte keine Mühe, wir gehen dann mal“, sagte Lea.
Die Männer reagierten überhaupt nicht. Kimberley und Lea gingen zwei Schritte in Richtung Tür und wollten sich so schnell wie möglich verdrücken. Bloß weg hier! Nie wieder würde Kimberley so leichtsinnig sein, schwor sie sich und befand sich nun direkt neben Benny. Wie ein Hund schnappte er zur Seite und packte Kimberley am Arm.
„Aua! Lassen Sie mich los!“, schrie sie. Lea versuchte, auf der anderen Seite abzuhauen, aber der Pockentyp griff auch sie ab. „Ey! Lass das! Lass mich los!“ Es ging alles ganz schnell. Die widerlichen Kerle redeten nicht viel, sondern packten die Mädchen mit beiden Händen und traten ihnen in den Rücken. Kimberley und Lea hatten gar keine Chance, denn sie waren viel schwächer als die Männer. Als Lea dem einen Mann in die Hand biss, schlug er ihr mit voller Wucht ins Gesicht. Kimberley wusste nicht, wohin sie zuerst schauen sollte. Benny schob sie in das Zimmer nebenan und drückte sie brutal hinein. Sie fiel hin, landete auf Möbeln, die kreuz und quer herumstanden, dazwischen befanden sich große Farbeimer, eine Leiter und weiterer Krempel. Sie hatte sich das Knie aufgeschlagen, doch bevor sie klar denken konnte, landete bereits Lea auf ihr. Das Blut aus Leas Nase verteilte sich auf Kimberleys Shirt. Beide Mädchen weinten und schrien. Die Zimmertür des kleinen Raums wurde zugezogen und Kimberley hörte, wie sich der Schlüssel umdrehte.
„Lea! Lea! Bist du in Ordnung? Oh Gott, Lea, scheiße, die haben uns eingesperrt!“ Kimberley liefen die Tränen herunter und sie schob den Körper der Freundin von sich. Gott sei Dank, Lea öffnete ihre Augen.
„Aua, ah, Mist, meine Nase, dieser Penner. Wo sind die?“
„Weiß ich nicht. Sie haben uns eingesperrt. Lea, was machen wir denn jetzt? Wir müssen hier raus.“
Lea schaute nach oben und richtete sich ein wenig auf. „Immerhin haben wir ein Fenster hier. Da können wir Selbstmord begehen, wenn wir rausspringen.“
Wäre sie bloß nicht abgehauen! Kimberley sehnte sich nach ihren Eltern, nach ihrem sicheren Zuhause, von ihr aus auch in der unsicheren Veilchengasse. Hauptsache weg hier, weg von den dunklen Gestalten, Gewalt und Angst. Um sich zu beruhigen, schaukelte sie mit dem Oberkörper hin und her. Selbst die Schmerzen im Bein merkte sie kaum. Sie wollte einfach zu ihrer Mama.
„Hör auf zu heulen“, sagte Lea genervt. „Das bringt uns jetzt auch nicht weiter. Ey, dieser Penner hat mir bestimmt die Nase gebrochen. Mann, ich blute wie ein Schwein…“
Sie lauschten nach draußen, hörten aber nichts. Vielleicht waren die gar nicht mehr in der Wohnung. Kimberley versuchte aufzustehen, aber das war gar nicht so einfach. Jetzt merkte sie ihr Knie doch. Aua! Trotzdem riss sie sich zusammen, stolperte zur Tür und drückte vorsichtig die Klinke herunter. Abgeschlossen, natürlich.
„Lea, du kannst sowas doch bestimmt. Hast du nicht irgendwas, womit wir das Schloss aufmachen können, einen Draht oder so?“
„Hab ich noch nie gemacht, aber warte mal.“ Sie wühlte in ihren Taschen herum und gab Kimberley eine Haarklammer. Kimberley stocherte mit der Klammer im Schlüsselloch herum und bemühte sich, keine Geräusche zu produzieren.
„Das geht nicht“, jammerte sie, „versuch du mal!“
Auch Lea kam nicht weiter und sagte beim Rumfummeln mit der Haarnadel:
„Mach mal das Fenster auf und guck, ob da jemand ist, dann rufst du ganz laut um Hilfe! Aber
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