Das Kind, das tötet: Roman (German Edition)
über seine Kindheit?«
»Sie wollen ihm doch helfen, Mr. Blake, oder etwa nicht? Sie wollen doch, dass Daniel versteht, warum er das getan hat.«
»Erst mal muss er schuldig gesprochen werden. Das steht ja wohl fest. Solange er nicht sagt, dass er schuldig ist, kann ihm keiner helfen.« Blake wandte sich zur Seite, murmelte jetzt nur noch. »Was ja schon passiert ist, soweit ich das sehe.« Er wandte sich wieder zu Karen und hielt die Zigarettenschachtel hoch. »Sie sagen mir jetzt bestimmt gleich, dass ich hier drin nicht rauchen darf, oder?«
Karen zuckte zusammen. »Tut mir leid.«
Blake rümpfte die Nase und steckte die Zigarettenschachtel wieder in seine Hemdtasche.
»Wir wollen ihm doch helfen.«
Karen sah Stephanie an.
»Natürlich wollen wir helfen. Wir wissen bloß nicht, wie. Das ist es ja. Das macht uns ja gerade so zu schaffen.«
Karen nickte. »Das verstehe ich, wirklich. Wir wollen alle nur das Beste für Daniel, und anhand Ihrer Informationen finden wir vielleicht leichter heraus, was genau das sein könnte.«
»Warum interessieren Sie sich dafür?«, fragte Blake. »Das will ich jetzt mal wissen. Was hat Ihnen Daniel erzählt? Wenn er Ihnen nämlich mit irgendeiner rührseligen Geschichte gekommen ist und Steph die Schuld an allem …«
»Nein, keineswegs. Das ist absolut nicht der Grund, weshalb ich Sie eingeladen habe. Daniel wirkte bei unserem Gespräch in erster Linie verängstigt. Er war verwirrt. Er hatte offenbar mit seiner Familiengeschichte zu kämpfen, und ich hatte gehofft, von Ihnen etwas mehr darüber zu erfahren.« Karen zögerte einen Moment, dann fügte sie hinzu: »Ich will ehrlich zu Ihnen sein: Unter normalen Umständen würden wir jetzt nicht hier sitzen. Aber Leo und ich kennen uns schon eine Weile, und … na ja … ich gebe zu, dass ich gehofft hatte, bei Daniels Resozialisierung mitwirken zu können. Je nachdem, wie der Fall weiter verläuft, natürlich.«
Blake schnaubte verächtlich. »Sie wollen also einen Job an Land ziehen. Darum geht’s Ihnen. Sie suchen einen Verrückten, den Sie auseinandernehmen können, um dann irgendeine schlaue Studie darüber zu schreiben.«
»Ich möchte helfen, Mr. Blake. Vincent. Darf ich Sie Vincent nennen? Ich bin wirklich nur daran interessiert, mein Bestes für Ihren Stiefsohn zu tun.«
Noch einmal schnaubte Blake. Sie können mir viel erzählen, sagte seine Miene. Ich habe Sie durchschaut.
Stephanie durchbrach das Schweigen. »Wie können wir helfen? Was wollen Sie von uns wissen?«
Karen sah die beiden nacheinander an, dann wandte sie sich zu Blake. »Als Sie vorhin gesagt haben, dass Daniel Ihrer Frau die Schuld geben könnte. Was haben Sie damit gemeint?«
»Was? Nichts weiter. So was machen Kinder doch. Jeder, andauernd. Mama ist schuld. Papa ist schuld. Alle sind schuld, nur nicht man selber.« Blake sah zu seiner Frau, die ihn mir leerem Blick anstarrte. »Verdammt noch mal, Steph, jetzt sag du doch auch mal was. Gerade du weißt doch am besten, wovon ich rede.«
Stephanies Kiefer spannte sich an.
»Meinen Sie, er gibt Ihnen die Schuld an irgendetwas?« Obwohl Karens Frage diesmal Stephanie galt, kam die Antwort von Blake.
»Hab ich doch gerade gesagt, oder nicht? Das machen Kinder so. Jeder macht das so. Sonst wollte ich damit gar nichts sagen.« Wieder brummelte er vor sich hin, so in der Art: Genau das habe er gemeint.
Karen beobachtete ihn einen Moment. Sie seufzte. »Sie dürfen rauchen, Vincent. Das ist in Ordnung. Ich mache das Fenster auf.« Sie lächelte Blake an.
Er kniff die Augen zusammen, verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich auf dem Sofa zurück. Karen sah in ihren Schoß.
»Darf ich?«
Karen hob den Kopf. Stephanie zeigte auf ihre Handtasche.
»Ja, natürlich«, sagte Karen. »Machen Sie ruhig.« Sie stand auf und ruckelte so lange an dem Schiebefenster herum, bis es sich ein Stück öffnen ließ. Sie blickte sich suchend um, ging dann zu ihrem Schreibtisch und nahm alle Stifte aus einem Becher. Den leeren Becher stellte sie auf die Armlehne von Stephanies Sessel, und an ihrem eigenen Platz legte sie einen der Stifte und einen Notizblock bereit. Stephanie blies den Rauch in Richtung Fenster, aber er wurde wieder hereingeweht.
»Sie haben nach Daniels Kindheit gefragt«, begann Stephanie, als Karen sich wieder gesetzt hatte. »Wie er zu Hause gelebt hat.«
Mit zorniger Miene beobachtete Blake seine Frau.
»Genau«, sagte Karen. »Mich würde interessieren …« Sie
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