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Das Kind, das tötet: Roman (German Edition)

Das Kind, das tötet: Roman (German Edition)

Titel: Das Kind, das tötet: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Lelic
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verlassen hat?«
    »Ich? Ich …« Stephanie sah zu Boden.
    »Prima hat sie es verkraftet. Nicht wahr, Steph?« In seinem Ton lag etwas Boshaftes, und in dem Blick, den Stephanie ihrem Mann daraufhin zuwarf, dementsprechend eine Spur von Zorn.
    »Ich bin zurechtgekommen«, sagte sie.
    Karen wartete, dass sie mehr sagte. »Sie haben es verkraftet«, sagte sie nach einer Weile. »Darf ich fragen, was das heißt?«
    »Na ja, sie ist halt zurechtgekommen«, sagte Blake. »Klare Aussage, oder?«
    Karen schwieg ein weiteres Mal, aber weder Daniels Mutter noch sein Vater sagte etwas in diese Stille hinein. »Wie war es für Sie, Mutter zu sein? So ganz allgemein, meine ich. Hat es Ihnen Freude gemacht? Was würden Sie sagen, wie Sie mit der Mutterrolle zurechtgekommen sind?«
    Stephanie warf einen kurzen Blick zu ihrem Mann. »Ich weiß nicht. Ganz gut, würde ich sagen. Es war nicht leicht, aber es ist ja für keinen leicht. Nicht wahr?«
    Karen ließ die Frage unbeantwortet. »Inwiefern nicht leicht, Stephanie? Können Sie das genauer erklären?«
    Stephanie zögerte, und Blake beugte sich vor, in Karens Blickfeld hinein. »Es geht doch hier um Daniel. Oder etwa nicht? Ich dachte, wir sind wegen dem Bengel hier.«
    »Natürlich«, sagte Karen. »Es geht mir um den Hintergrund, das ist alles. Das soll uns nur verstehen helfen …«
    »Verstehen, verstehen! Was tut es denn schon zur Sache, ob es Steph ›Freude gemacht‹ hat, Mutter zu sein?« Das Letzte sagte er so, als könnte man über so eine Vorstellung ohnehin bloß lachen.
    »Nun ja, Vincent, es tut schon ziemlich viel zur …«
    »Steph hat niemanden umgebracht. Und Frank, ihr Ex, der hat sich zwar gern mal geprügelt, aber der hat auch niemanden umgebracht.«
    Karen neigte den Kopf. »Nein, das nicht. Aber …«
    »Was soll dann also diese Fragerei? Sie wollen Daniel helfen, haben Sie gesagt. Also, für mich klingt es, als wollten Sie eigentlich nur in unseren Familienangelegenheiten rumschnüffeln.« Ihm schien eine Idee zu kommen. Er kniff die Augen zusammen. »Vielleicht für die Zeitung oder so.« Er lächelte. »So ist es doch, oder? Sie wühlen in unserer Dreckwäsche, und was Sie finden, reichen Sie dann an die Zeitungen weiter.« Er gab Karen einen Moment, um zu antworten, aber sie konnte nur den Kopf schütteln. »Ich hab Sie durchschaut«, sagte Blake und lächelte noch breiter. »Stimmt’s?«
    Stephanie rutschte ein Stück vor, drückte die Knie gegen den Couchtisch und streckte halbherzig die Hand darüber. »Vince. Bitte. Darum geht es hier ganz sicher nicht.«
    Blake stand auf. »Das reicht jetzt. Wir haben alles gesagt, mehr erfahren Sie von uns nicht.«
    Karen stand ebenfalls auf und trat ihm gegenüber. »Mr. Blake. Vincent. Ich verspreche Ihnen, dass ich unser Gespräch von Anfang bis Ende vertraulich behandele. Es ist vollkommen ausgeschlossen, dass ich …«
    »Komm, wir gehen, Steph.«
    Stephanie sah hoch zu Karen.
    »Stephanie!« Blake war schon fast an der Tür. »Wir gehen, hab ich gesagt!«
    Seine Frau blickte zu Boden und begann, ihre Sachen zusammenzupacken.
    Blake wartete, die Hand auf der Türklinke. Eine unangezündete Zigarette zwischen den Lippen, spielte er mit seinem Feuerzeug herum. Er tappte nervös mit seinem Turnschuh auf den Boden und beobachtete seine Frau, wobei er Karens Blick demonstrativ mied. Sie wollte etwas sagen, sie ein letztes Mal vom Gehen abzuhalten versuchen, aber Blake war schneller.
    »Wir wollen das hier einfach nur hinter uns bringen«, sagte er und sah sie böse an. »Ihr Gefrage und Gestochere, das führt zu nichts.«
    Karen fiel nichts mehr ein.
    »Hören Sie auf, sich da einzumischen. Lassen Sie uns in Ruhe. Wir wollen nur unser normales Leben zurück.«
    Darauf hätte Karen natürlich etwas erwidern können. Ihr normales Leben werden Sie nie mehr zurückbekommen, hätte sie sagen können. So, wie es jetzt ist – so wird es bleiben.
    »Und dann sind sie gegangen.«
    Leo rührte Zucker in seinen Kaffee. In der Mitte des Tisches standen zwei leere Tassen und vor jedem von ihnen eine dampfende volle.
    Leo ließ den Löffel abtropfen, dann legte er ihn geräuschlos auf der Untertasse ab.
    »Leo? Hast du … Alles klar bei dir?«
    Er sah auf. »Wie bitte? Was? Ja, ich … Tut mir leid«, sagte er noch einmal. »Es war bloß ein langes Wochenende. Das ist alles.« Er setzte sich aufrechter hin. »Also, was hältst du davon?«
    Karen sah ihn eine Weile an, bevor sie antwortete. »Ehrlich gesagt fand

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