Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Kind der Priesterin

Das Kind der Priesterin

Titel: Das Kind der Priesterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
Vom Netzwerk:
dahinter abhoben. Beim Hinsehen wurde meine Stimmung auch zunehmend düsterer, und ich sagte: „Was ist mit Ntebe und Kraus?“
    „Sie kommen gleich.“ Ihre Stimme klang wieder kühl und unpersönlich. Sie holte einen kleinen Störsender aus der Tasche und stellte ihn neben das Telefon auf den Tisch. „Haben Sie einen Zugriffskode für den Computer erhalten, wie Sie es geplant hatten?“
    „Ich habe einen. Aber …“
    „Aber?“
    „Aber nichts“, sagte ich, weil ich wußte, daß ich womöglich an Selbstmord gedacht hätte, wenn ich mich in diesem Moment nach ihr umgesehen hätte. Ich entschied, daß ich ebensogut auch den Einbruch durchführen und ihn dazu benutzen könnte, Salads Falle mit einem Köder zu versehen, wenn es sein mußte. Außerdem, vielleicht – nur vielleicht – würde ich dabei etwas erfahren, was uns alle aus diesem Durcheinander herausbringen würde.
    Ich ging an die Bar neben dem Bett, ohne Hana dabei direkt anzusehen, und goß mir etwas zu trinken ein.
    „Sie sind ja Linkshänder“, zerrte ihre Stimme an meiner Schulter.
    „Nur wenn ich in Bedrängnis bin“, scherzte ich unabsichtlich. Ich hob die verletzte Hand in die Höhe. Dank ETHANAC funktioniere ich beidhändig; gewohnheitsmäßig bin ich immer noch Rechtshänder.
    Sie seufzte freundlich. „Haben Sie etwas dagegen, wenn ich mich anschließe? Wenn ich auch etwas trinke, meine ich?“
    Ich goß ihr ein Glas Paradiesmilch ein und gab es ihr schweigend, da ich nicht in der Lage war, an etwas anderes als an ein Geständnis zu denken.
    „Danke.“ Sie nickte. „Die Idee, wir könnten in Reichweite unseres Zieles sein, setzt sich allmählich bei mir fest … Und wenn wir Erfolg haben, haben wir das Ihnen zu verdanken.“
    „Und wenn nicht, haben Sie es auch mir zu verdanken.“ Ich leerte mein Glas.
    „Sie sind ein merkwürdiges Wesen, Michael Yarrow …“
    „Ethan Ring.“
    „… ich habe widerstreitende Signale von Ihnen empfangen.“ Sie bemühte sich, meinen Blick zu fesseln. „Stimmt’s?“
    „Das liegt an meiner gespaltenen Persönlichkeit.“
    „Wissen Sie, letzte Nacht im Kasino, da war es eigentlich gar nicht Ihr Spiel, was mich auf Sie aufmerksam machte … Und heute nachmittag, als Sie sagten …“ Sie stand plötzlich auf und trat mir von Angesicht zu Angesicht gegenüber.
    „Sie sind nicht die einzige, die widerstreitende Signale empfängt.“ Ich zog mich zurück und stellte mich vor den Fernsehapparat. „Und jetzt“, erklärte mir der Ansager, „der Schluß des historischen Dramas Stalin, Mann aus Stahl.“
    „Erzählen Sie mir doch mal“, sagte ich verzweifelt, „was Spitzel in ihrer Freizeit machen?“ Wobei mir klar wurde, daß es eigentlich nicht das gewesen war, was ich hatte sagen wollen.
    Aber mit einem leisen Seufzer setzte sie sich wieder hin. „Oh, wir sitzen herum und spielen mit unserem Verstand.“
    Zum Glück, nehme ich an, klopfte es wieder an der Tür. Ich ging hin und öffnete sie; Kraus und Ntebe standen davor. „Erpresser bitte nach hinten durchtreten.“
    Kraus drängte sich angewidert an mir vorbei, und Ntebe folgte ihm ins Zimmer. Sie blickten Hana an, Glas in der Hand, auf meinem Bett sitzend, und dann mich.
    „Wirklich, Hana“, sagte Kraus tadelnd. „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.“
    „Zum Teufel noch mal“, brüllte ich wie ein Schwachsinniger los. „Sind Sie alle verrückt geworden? Sind Sie hier, um einen Computer anzuzapfen oder nicht? Ich mache doch nicht mit, weil es mir Spaß macht! Und ich habe keine Lust, mich wie ein Spielzeug behandeln zu lassen!“ Ich starrte sie an und suchte krampfhaft nach meiner Würde. „Brechen wir diese Amateurvorstellung endlich ab.“
    Ich ging zum Telefon, ehe jemand mich mit einer wütenden Erwiderung von den Beinen hauen konnte, und schloß ETHANACS Terminal an. Ich drückte die Zahlen, die Salad benutzt hatte, und dann den Kode. Ich versetzte mir einen kurzen Schlag auf den Kopf, stand ungefähr eine halbe Minute lang schweigend da und legte den Hörer auf. Zumindest sah es für die anderen wahrscheinlich so aus. In der Zwischenzeit war ETHANAC in den primitiven Computer des Kasinos eingedrungen und hatte ihn wie ein Vampir ausgesogen. Ich spürte, wie die Daten in mein Bewußtsein einsickerten, die Worte bestätigend, die ich bereits geprobt hatte: „Tja, Ihre Vermutung war falsch. Hier ist nicht der Anschluß zu Kabirs irdischem Computernetz. Ich habe aber herausgefunden, wo er wirklich ist.“ Und das

Weitere Kostenlose Bücher