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Das Kind der Priesterin

Das Kind der Priesterin

Titel: Das Kind der Priesterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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die dunkle Holztür trat.
    Es gibt eine ganze Reihe wunderlicher Gruppen auf dem Mars, die vor jeder nur vorstellbaren Plage auf der Erde geflohen sind. Gewöhnlich kommen sie hier ganz gut zurecht, weil genügend öde Trostlosigkeit für jeden vorhanden ist. Aber Schutz der Natur ist eine sehr unpopuläre Angelegenheit; es ist zwar nicht gerade eine Obszönität, hat aber auch vier Silben und kommt ihr damit schon sehr nahe. Ich nahm an, die drei verschlossenen Männer, die sich eben die Hände wuschen, würden sich auf einer Art Faktfindungstour befinden; was im Grunde genommen hieß, daß sie auf Ärger aus waren. Und ich war genau der richtige Bursche, der ihn ihnen verschaffen konnte …
    Ich ging daran, vor dem Spiegel meine Krawatte zu richten, und als der erste Veggie zu mir aufsah, sagte ich mitfühlend: „Wissen Sie, ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wie Sie all die Beschimpfungen und Beleidigungen aushalten.“
    Er drehte sich langsam ganz mir zu. „Was für Beschimpfungen und Beleidigungen …?“
    „Nun, ich will hier natürlich keinen Ärger stiften“, log ich, „aber die beiden Herren an meinem Tisch haben doch tatsächlich gesagt, daß Sie …“ Ich beugte mich zu ihm und flüsterte es ihm ins Ohr.
    „Warzenmelonen!“ brüllte er. Die drei stürmten gleichzeitig aus dem Raum. Da sie frisch von der Erde kamen, schätzte ich, daß es jeder von ihnen leicht mit zwei muskelschwündigen Marsbewohnern aufnehmen konnte …
    Ich stand allein in der gekachelten Einsamkeit und lauschte den Schlachtgeräuschen.
     
    „Ich wollte schon immer einmal ein blaues Auge haben …“ meinte Hana mit leerer Stimme, „seit ich ein kleines Mädchen war.“
    „Ich nehme an, wir kriegen auch noch die dazu passenden Exemplare.“ Ich warf einen einäugigen Blick auf die festverschlossene Tür unserer Zelle und lächelte heiter. Auf dem einen Bett lag Hana ausgestreckt, auf dem anderen ich. Der Raum war nur halb so groß wie mein Hotelzimmer, dafür aber auch nur halb so bequem. Ehe der Kampf losgegangen war, hatte ich die Ordnungshüter der Neutralen Zone angerufen, die in allen die Touristen betreffenden Problemen die ausschließliche Rechtsprechung ausüben. Ein Gefängnis, das unter normalen Umständen für reiche Trunkenbolde da ist, hat natürlich nichts mit dem Durchschnittsgefängnis gemein, wie wir es kennen.
    Im Augenblick war es allerdings ein wenig überfüllt – die gesamte Strafanstalt war vorübergehend mit kampflustigen Gästen aus dem Xanadu vollgestopft. Ntebe und Kraus waren ursprünglich mit uns zusammengesperrt gewesen, kurze Zeit später jedoch aus Gründen, die ich nur ahnen konnte, wieder abgeführt worden. Doch als ich jetzt horchend dalag, meinte ich, sie zurückkommen zu hören, immer noch so laut wie der schuldigste Schurke, der je gelebt hat, ihre Unschuld beteuernd. Und selbst der Gedanke daran, was sie im Schilde führen könnten, wenn sie wieder hier bei uns in der Zelle wären, konnte meine strahlende Erleichterung nicht beeinträchtigen.
    Nun ja, vielleicht ein bißchen.
    Die Zellentür ging auf. Ntebe und Kraus hinkten herein, blutig, doch ungebeugt. Sie sahen mich an, als hätten sie als nächstes Verbrechen Mord auf dem Programm, und die Tür klappte hinter ihnen ins Schloß.
    Ich stand besorgt auf, genau wie Hana, und sie sagte: „Ihr nehmt die Betten. Ihr seht aus, als würdet ihr sie dringender brauchen als wir.“ Ich sah die Sorge auf ihrem Gesicht und haßte den Gedanken an die Veränderung, die sich in ein oder zwei Minuten darauf abzeichnen würde.
    Ntebe sagte: „Du Sohn einer räudigen Hündin!“ und blickte mich dabei direkt an. Aber er ging an mir vorbei und ließ sich schwer auf das leere Bett sinken. „Ich glaube, ich habe eine Gehirnerschütterung. Keine schwere, aber ich kann nicht mehr richtig gucken.“ Das sagte er zu Hana.
    „Das ist sein Werk“, meinte Kraus und wies mit einer zittrigen Hand auf mich. „Das hat er mit Absicht gemacht!“ Er warf wilde Blicke um sich. „Und ich hätte denen erzählen können, wer er ist, und habe es nicht gemacht …!“ Er drehte sich um und trommelte mit der flachen Hand gegen die Tür. „Wache! Wache!“
    „Basil, bitte …“ Ntebe verzog das Gesicht. „Was glaubst du denn, was das hier für ein Pesthaus ist? Nimm das Telefon.“
    „Einen Moment mal.“ Hana schüttelte den Kopf und legte die Hand fest auf den Hörer, ehe Kraus herankam. „Was geht hier vor? Wovon redet ihr? Beruhige dich, Basil

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