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Das Kind der Priesterin

Das Kind der Priesterin

Titel: Das Kind der Priesterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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Versagen anklagen, ‚Priester’“, sagte ich. „Du tust mir leid.“ Ich schlug ihm mit dem Dolchgriff über den Kopf und fühlte, wie er schlapp wurde.
    Dann eilte ich zu Etaa, fiel neben ihr auf die Knie und hob ihren Kopf. Beinahe hungrig suchten ihre Augen die meinen, und einen Augenblick lang füllten sie sich mit wilder Freude, als ihre wunden Hände über mein Gesicht strichen, doch dann verkrampften sie sich zur Faust, während sie versuchte, Zeichen zu formen. Meron, mein Kind … mein Kind kommt!
    Verzweiflung schnürte mir die Kehle zusammen; seit der Empfängnis war kaum ein halbes Jahr vergangen, und es war zu früh, viel zu früh … Ich fühlte, daß mein Hemdrücken voll Blut war, das Messer des Mörders hatte sich jedoch in den Falten meines Umhanges verfangen, und die Wunde war nicht tief. Ich nahm Etaa auf meine Arme und suchte, vor Schmerz keuchend, den Weg zurück durch die endlosen Flure.
    Flure, die auch unendlich leer waren, bis ich plötzlich auf den Erzbischof und Bischof Perrine stieß. Der Erzbischof sah uns als erster, sein Lachen verging ihm und ließ blanken Schrecken auf seinem Gesicht zurück. Er eilte mir mit ausgestreckten Armen entgegen, bis er meine Augen sah. Da bemerkte ich Furcht bei meinem Vetter. Er blieb stehen. „Majestät.“ Seine Lippen zitterten.
    Bischof Perrines Augen folgten der Blutspur auf den Steinen hinter uns, und er fiel, unzusammenhängendes Zeug daherredend, auf die Knie.
    „Bischof …“ Ich taumelte gegen die Wand, um meine kostbare Last zu schützen. „Wenn mein Sohn stirbt, Ihr Herren, werden selbst die Götter hier bei mir keinen Zufluchtsort mehr finden.“ Ergrimmt drängte ich mich an ihm vorbei und sah noch in meinem Spiegel, wie er auf das Archiv zueilte.
    Endlich fand ich eine Wache und auch eine freundlichere Umgebung und ließ Hilfe herbeirufen. Meine Ärzte umschwärmten mich wie die Fliegen, verbanden meine Wunden und bedrängten mich zu ruhen, doch ich blieb an der Tür des Gemachs stehen, in das man Etaa gebracht hatte, bis endlich meine Knie nachgaben und ich mich nicht mehr auf den Beinen halten konnte. Von dem, was folgte, blieb mir außer meiner hilflosen Wut über das Geschehen und über meine eigene Schwäche wenig in Erinnerung, bis ich in meinem Himmelbett wieder erwachte. Kniende Diener umringten mich, und ich fand mich einem Gott gegenüber. Angestrengt erinnerte ich mich an das einzig wirklich Wichtige: Etaa … mein Kind?
    Mir war, als ob der Gott lächelte, doch konnte ich nicht scharf genug sehen. Ich war bei ihnen …
    „Nein!“ ich schlug nach ihm aus und wurde von meinen entsetzten Dienern zurückgehalten. Eurer Dame geht es gut, sie fragt nach Euch. Und Euer Sohn – ja, Majestät, Euer Sohn – wird leben. Er ist gut entwickelt für ein Kind, das so früh geboren wurde, und wir werden über ihm wachen.
    Ich sank in die Kissen zurück. Vergebt mir, Herr, ich war nicht ich selbst Ich danke Euch. Und nun, Doktor, will ich mit Eurer Hilfe zu meiner Etaa gehen und meinen Sohn sehen.
     
    Die Kirche gab öffentlich bekannt, daß der Angreifer ein wahnsinniger Priester gewesen sei, der fälschlich angenommen hatte, ich sei im Hinblick auf die heiligen Kirchenbücher der Gotteslästerung schuldig. Er war im Schnellverfahren exkommuniziert und wegen seines Verrates hingerichtet worden, auf Befehl des Erzbischofs. In der kirchlichen Partei am Hof raunte man, daß der Priester schwerlich wahnsinnig gewesen war, doch während der Feier zur Geburt eines königlichen Erben wurde kaum darauf geachtet. Ich nannte meinen Sohn nach meinem Vater Alfilere, und für mich bedeutete er den schönsten Anblick auf Erden. Und gleich danach kam seine Mutter, ihr Gesicht strahlend vor Freude, wenn sie ihn in seiner goldenen Wiege betrachtete oder ihn mit ihren verbundenen Händen liebkoste.
    Ich begann nun, sie überall hin mitzunehmen, neugierig auf die Eindrücke, die sie am Hofe sammelte. Und obwohl sie dagegen protestierte, setzte ich sie offen bei Tisch an meine Seite. Die Königin wollte nichts von ihrer Position aufgeben, sie saß noch immer neben mir, obwohl ihre Blicke wie Dolche in meinem Rücken waren. Ihr Bruder hielt sich in diesen Tagen dem großen Saal fern, und ich fragte mich, ob er seinerseits neue Klingen schärfte. Doch würde er wohl nie wieder einen solchen offenen Angriff auf mich wagen, und obgleich meine Ratgeber von seinem Verrat wußten und in mich drangen, gegen ihn vorzugehen, weigerte ich mich. Wenn ich meinen

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