Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Kind der Priesterin

Das Kind der Priesterin

Titel: Das Kind der Priesterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
Vom Netzwerk:
…’“ Ich gab ihr den Block zurück.
    Sie lächelte und signalisierte: Ich heiße … Sie blickte verwirrt auf. Wir benutzten ein willkürliches Zeichen/Symbol-System, das auf dem menschlichen Alphabet beruhte, um die menschliche Zeichensprache aufzuzeichnen, und sie hatte noch nie ihren Namen geschrieben gesehen. Ich deutete auf sie, und sie lächelte wieder. Ich heiße … Die mittleren Finger krümmten und streckten sich auf ihrer linken Hand, die Rechte hielt sie mit der Handfläche nach unten, der Erde entgegen. Etaa. Ich bin Priesterin, ich kann es lesen.
    Erleichtert lächelte ich ebenfalls und zeigte ihr, wie man die Dosen öffnete.
    Nachdem ich gegessen hatte, brachte sie den schläfrigen Alfilere zu mir und setzte ihn mir vorsichtig auf den Schoß. Ich wiegte ihn in der Beuge meines verwundeten Arms, er kuschelte sich glücklich hinein und versuchte, an meiner Jacke zu saugen. Etaa lachte, und ein Gefühl, fremd und unendlich vertraut zugleich, überkam mich wie der Frühling, machte mich atemlos … und zufrieden.
    Ich danke dir für die Errettung meines Kindes. Etaas dunkle Augen sahen direkt in meine, ohne Widerwillen. Ich hatte Angst vor dir, vorher, wegen deiner Andersartigkeit. Ich glaube, es gab keinen Grund zur Furcht. Du bist sehr … sehr gut gewesen.
    Wieder senkte sie schuldbewußt den Blick. Ich dachte an den König.
    Beschämt durch meine eigenen, verborgenen Vorurteile, schrieb ich mühsam: „Das warst du auch, obwohl du ein Recht dazu hattest, dich zu fürchten und mich zu hassen. Etaa, meine Fremdartigkeit wird mit der Zeit zunehmen. Glaube mir aber, daß dir deshalb niemals Schaden zugefügt wird.“
    Sie nickte. Ich glaube es … Kannst du die Mahlzeiten, die ich zubereite, nicht essen? Sie sind besser als das … Mit einer leicht geringschätzigen Handbewegung wies sie auf die leeren Dosen. Ich fragte mich, ob sie ihr so widerwärtig vorkamen wie mir die grobe, menschliche Nahrung.
    Ich zögerte, bevor ich die Antwort niederschrieb. „Ich kann kein Fleisch essen.“ Ich fügte nicht hinzu, daß ich überhaupt nichts essen konnte, das nicht wie mein eigener Körper auf Silikonbasis aufgebaut war.
    Die Götter tun manche seltsamen Dinge, nicht nur, daß sie ihre Gestalt verändern. Meron war klüger, als er wußte; für sein Volk seid ihr wirklich falsche Götter.
    Sie betrachtete mich kühl, fast selbstgefällig in ihrer Überzeugung. Ich erinnerte mich von ihrer Begegnung mit einem anderen Gott gehört zu haben, damals, in den öden Fluren des königlichen Palastes.
    Anscheinend war sie durch meine Verblüffung befriedigt. Ich schrieb: „Wie hast du das erfahren?“
    Der König weiß es. Einmal hat er einen Gott in seiner nichtmenschlichen Gestalt gesehen. Er weiß, daß ihr nicht diejenigen seid, die seinem Volk versprochen waren.
    Ich runzelte vor Überraschung die Stirn. Deshalb also verachtete der König die Götter, er hatte die Wahrheit entdeckt. Auf einmal bekamen sein unterdrückter Zorn und sein schlecht verborgener Haß auf die Kirche einen Sinn, und ich begriff, daß an dem Mann wohl mehr gewesen war als königliche Arroganz und verzehrender Ehrgeiz. Jetzt aber war das kaum von Bedeutung. „Wer, glaubt der König, sind wir dann?“
    Er weiß es nicht … und ich auch nicht. Wir kennen nur eure Macht über uns und unser Volk. Sie betrachtete mich und ihr dunkelhaariges Kind, das glückselig auf meinem Schoß eingeschlafen war. Wer seid ihr … was seid ihr? Warum mischt ihr euch in unser Dasein ein?
    „Weil wir Angst vor euch haben, Etaa.“
    Sie hob die Augenbrauen, als sie die Antwort las, und hob die Hände zu weiteren Fragen, ich aber schüttelte den Kopf.
    Sie zögerte, ein resigniertes Lächeln auf dem Gesicht. Warum trägst du keine goldenen Gewänder wie die anderen Götter?
    Ich lachte und schrieb: „Ich bin noch ein junger Gott, wir besitzen nicht alle Privilegien.“ Nebenbei, es war für einen Biologen in goldenen Gewändern unmöglich, gültige Beobachtungen von Xenogruppen durchzuführen.
    Wieder lächelte sie, das heimliche Lächeln einer Frau, die selbst die Inkarnation einer Göttin war. Wie soll ich dich nennen? „Nenne mich Tarn.“ Ich gab ihr das Namenszeichen, das ich bei den Menschen hatte, denn Wicowoyake wäre zu schwierig gewesen. Ich merkte, daß ich gähnte, ein Zug, den ich ebenfalls von den Menschen übernommen hatte, und widerstrebend gab ich den schlafenden Alfilere her und meinem eigenen Schlafbedürfnis nach. Als seine Mutter ihn

Weitere Kostenlose Bücher