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Das Kind der Rache

Das Kind der Rache

Titel: Das Kind der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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verhältnismäßig leicht
gewesen.
Das Problem war der Kopf.
Die Schädeldecke war zertrümmert, und Dr. Mallory hatte
seine ganze ärztliche Kunst aufwenden müssen, um die Splitter
aus dem hervorquellenden Gewebe zu entfernen. Was jetzt
noch zu tun blieb, war das Anlegen von Bandagen. Danach
würden sie auf die Mattscheibe starren und warten, bis die
Kurven der Gehirnströme, das Elektroenzephalogramm, in eine
gerade Linie übergingen, so daß der Patient für tot erklärt
werden konnte.
»Nun, was meinst du?« fragte Dr. Cohen.
»Es sieht so schlimm aus, daß ich keine Prognose wage«,
war Dr. Mallorys Antwort.
»Hat er nicht doch eine Chance durchzukommen?«
»Immerhin hat er trotz schwerster Verletzungen überlebt«,
sagte Dr. Mallory.
Sein Kollege nickte. »Es war gut, daß wir ihn gleich ans
Atemgerät angeschlossen haben. Ohne das wäre er schon
hinüber.« Eine steile Falte erschien auf seiner Stirn. »Weißt du,
was ich befürchte?«
»Was denn?«
»In den meisten Fällen braucht der Patient ein solches
Atemgerät nur für kurze Zeit. Dieser Junge aber wird das
verdammte Ding - wenn er überhaupt durchkommt - für den
Rest seines Lebens brauchen.«
Zehn Minuten später. Dr. Mallory betrat das Büro seines
Chefs. Marsh und Ellen sprangen auf.
»Er lebt noch«, sagte Dr. Mallory. »Aber es sieht böse aus.«
»Sagen Sie mir, was los ist«, brachte Marsh hervor. »Ich
muß die ganze Wahrheit wissen.«
»Etwas Endgültiges kann man jetzt noch nicht sagen. Klar ist
nur, daß der Junge einen Gehirnschaden davongetragen hat.«
Ellen erstarrte.
»Wir müssen noch eine Reihe von Tests machen«, fuhr Dr.
Mallory fort. »Gar nicht so einfach, weil er an das Atemgerät
und an den Kardiostimulator angeschlossen ist.«
»Was können wir tun, um ihm zu helfen?« fragte Ellen.
»Im Augenblick gar nichts. Wir müssen uns erst einmal
Klarheit verschaffen, wie schwer die Gehirnverletzung
wirklich ist. Ich denke, heute früh gegen sechs werden wir
mehr wissen.«
»Ich verstehe«, murmelte Ellen. Und dann: »Kann ich zu
ihm?«
Die beiden Männer wechselten einen Blick. »Natürlich
können Sie zu ihm, Mrs. Lonsdale«, sagte Dr. Mallory. »Nichts
dagegen einzuwenden, daß Sie sich zu ihm setzen. Vielleicht
spürt er trotz seines Zustandes, daß seine Mutter bei ihm ist.«
    Barbara Fannon warf einen Blick auf die Wanduhr. Sie war
erstaunt, daß es schon fünf Uhr früh war. Ihr war es
vorgekommen, als sei seit der Einlieferung von Alex erst eine
knappe Stunde vergangen.
    Es war ihre Aufgabe gewesen, die Tests zu koordinieren.
Was jetzt noch fehlte, war ein Pneumenzephalogramm, ein
Röntgenbild des Schädels, das nach Füllung der Hirnkammer
mit Luft hergestellt wurde. Dieser Test war noch nicht
durchgeführt worden, weil man den Verletzten dazu hätte
aufrichten müssen. Aber Alex' Zustand war so labil, daß sie
diesen Test erst später machen würden. Ohnehin hatte Barbara
eine volle Stunde gebraucht, bis sie die erforderlichen
Spezialisten zu nächtlicher Stunde erreicht und ins Medical
Center beordert hatte.
    Der Warteraum, neben der Notaufnahme gelegen, hatte sich
geleert. Barbara hatte den Wartenden gesagt, daß sie für den
Rest der Nacht nichts Neues über den Zustand des Patienten
erfahren würden. Es sei noch nicht abzusehen, wann die
Ergebnisse der Tests vorliegen würden.
    Jetzt war sie todmüde. Sie wollte das Wartezimmer
verlassen, als sie im dunkleren Teil des Raumes Lisa Cochran
samt ihren Eltern entdeckte.
    Sie wandte sich zu dem Mädchen.
»Soll ich dir einen Kaffee machen?«
Lisa schüttelte den Kopf.
»Wir haben vergeblich versucht, sie davon zu überzeugen,
daß sie hier nicht helfen kann«, sagte Carol, die Mutter des
Mädchens.
    »Ich darf Alex jetzt nicht allein lassen«, flüsterte Lisa. »Was
ist, wenn er aufwacht und nach mir fragt?«
Barbara nahm neben dem Mädchen Platz. »Alex wird heute
nacht nicht mehr aufwachen, Lisa.«
Das Mädchen betrachtete Barbara aus verweinten Augen.
»Wird er überhaupt je wieder aufwachen?«
Barbara wußte, daß es ihr nicht zustand, Auskünfte über das
Befinden dieses Patienten zu erteilen, aber sie wußte auch, was
Alex für Lisa empfand. Wie oft hatte der Sohn ihres Chefs ihr
vorgeschwärmt, wie wunderbar seine Freundin Lisa war. Nach
den Erfahrungen der letzten Stunden war Barbara davon
überzeugt, daß der Junge das Mädchen richtig einschätzte. »Ich
weiß es nicht«, sagte sie vorsichtig.
»Wird er je wieder

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