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Das Kind der Rache

Das Kind der Rache

Titel: Das Kind der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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nach vorn. »Wenn der
Junge überhaupt durchkommt, wird er weder gehen noch
sprechen können. Es ist sogar fraglich, ob er je wieder hören
kann. Möglicherweise kann er sehen, dieser Teil des Gehirns
zeigt die geringsten Verletzungen. Aber ich weiß nicht, ob ihm
das etwas nützt. Es ist zweifelhaft, ob er die visuellen
Eindrücke verarbeiten kann.«
»Ich glaube Ihnen nicht«, sagte Marsh.
»Ich fürchte, Sie mißverstehen mich«, sagte Dr. Mallory.
»Jeder von uns hofft, daß die Funktionen des Gehirns bei
Ihrem Sohn wiederhergestellt werden können. Die große Frage
ist nur, ob das möglich ist.«
Marsh Lonsdale ließ nicht erkennen, ob er den letzten Satz
überhaupt gehört hatte. »Ich möchte, daß wir Dr. Torres aus
Palo Alto zuziehen.«
»Dr. Raymond Torres?«
»Fällt Ihnen sonst jemand ein, der Alex in diesem Zustand
noch helfen könnte?«
Dr. Mallory schwieg. Er dachte über den Mann nach, dem
sein Chef die weitere Behandlung des Jungen anvertrauen
wollte.
Raymond Torres war in La Paloma aufgewachsen. Auch
wenn keiner der Ärzte im Medical Center an den brillanten
medizinischen Fähigkeiten dieses Mannes zweifelte, so gab es
doch reichlich Vorbehalte, was den Charakter von Torres
anbetraf. Nach seiner ärztlichen Ausbildung hatte er La Paloma
verlassen und wohnte seitdem in Palo Alto. In seine
Heimatstadt kehrte er nur in größeren Abständen zurück, um in
aller Heimlichkeit Maria Torres, seine alte Mutter, zu
besuchen. Die Leute in La Paloma glaubten zu wissen, daß
Raymond sich seiner Mutter schämte.
Inzwischen war Dr. Torres weit über die Grenzen von La
Paloma hinaus bekannt geworden. Er widmete sich der
Erforschung des menschlichen Gehirns. Was sein Benehmen
anging, so bezeichneten ihn die Befürworter als lässig, die
Kritiker als arrogant.
Tatsache blieb, daß Raymond Torres eine Koryphäe auf
seinem Fachgebiet, der Gehirnchirurgie, war.
»Ich habe Einwände«, sagte Dr. Mallory. »Vieles, was der
Kollege Torres versucht, ist noch im Versuchsstadium
begriffen.«
»Er weiß mehr über das menschliche Gehirn als irgend
jemand sonst«, sagte Marsh. »Was das spezielle Gebiet der
Unfallchirurgie angeht, hat dieser Mann schier unglaubliche
Erfolge erzielt. Ich möchte, daß er sich Alex ansieht.«
»Aber, Marsh...«
Dr. Lonsdale stand auf. »Noch lebt der Junge«, sagte er.
»Und solange er lebt, muß ich versuchen, ihm zu helfen. Wenn
wir nichts tun, wird er den Rest seines Lebens nur noch
dahinvegetieren. Sie, Dr. Mallory, haben mir doch gerade
selbst gesagt, wie schlecht bei normalem Verlauf die
Aussichten für eine Heilung sind. Was Dr. Torres angeht, so
sehe ich nur zwei Möglichkeiten. Entweder er kann meinem
Sohn helfen, oder er kann es nicht. Schlimmer als jetzt kann es
nicht werden. Ich möchte, daß Sie ihn sofort anrufen. Sagen
Sie ihm, daß Alex einen Unfall gehabt hat. Sagen Sie ihm, daß
ich mit ihm sprechen möchte.«
Er hatte bemerkt, daß Dr. Mallory immer noch zögerte. »Der
Junge ist alles, was ich habe, Dr. Mallory«, fügte er hinzu. »Ich
werde nicht tatenlos zusehen, wie er stirbt.«
Nachdem Lonsdale den Raum verlassen hatte, nahm Dr.
Mallory den Hörer ab und wählte die Nummer von Dr. Torres
im 30 Kilometer entfernten Palo Alto an. In einem
halbstündigen Gespräch gelang es ihm, dem Spezialisten die
Zusage für ein Gespräch mit Dr. Lonsdale, seinem Chef,
abzugewinnen.
Fünftes Kapitel
Er war unendlich müde. Marsh Lonsdale spürte, daß die
Situation hoffnungslos war.
    Er war nach Palo Alto gefahren, wo er mit dem Gehirnchirurgen in dessen Institut zusammentraf. Das Gebäude, das
aus einer Villa mit zwei Anbauten bestand, war eine
architektonische Mischung, die man nicht eben als gelungen
bezeichnen konnte. Auf einem Felsen, der in dem
weitflächigen Vorgarten lag, verkündete ein Messingschild,
wozu die Baulichkeiten- das Haupthaus hatte früher einer
vornehmen Familie als Wohnung gedient - jetzt benutzt
wurden: INSTITUT ZUR ERFORSCHUNG DES
MENSCHLICHEN GEHIRNS.
    Das Mädchen am Empfang hatte Marsh unverzüglich zu Dr.
Torres geführt. Er hatte dem Gehirnspezialisten die Testbögen
und Röntgenaufnahmen seines Sohnes übergeben. Dr. Torres
hatte die Unterlagen keines Blickes gewürdigt, sondern sie
einem Assistenzarzt in die Hand gedrückt. Nachdem dieser das
Büro verlassen hatte, zündete sich der Chirurg eine Pfeife an,
eine Prozedur, für die er sich, wie Marsh meinte, unnötig viel
Zeit nahm.
    Es gab einen merkwürdigen Gegensatz zwischen der

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