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Das Kind der Stürme

Das Kind der Stürme

Titel: Das Kind der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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du besser dran bist, wenn du dich von mir fern hältst. Bitte glaub mir das.«
    Aoife trabte stetig weiter, und nun sah ich, dass der Himmel tatsächlich grau geworden war und das Muster der Schatten um uns herum sich verändert hatte.
    »Ich könnte raten«, sagte Darragh wieder. Seine Hand am Zügel war entspannt, sein Arm um mich fest und sicher. »Es gab ein Feuer. Meine Tante hat mir das erzählt. Ein Mann ist umgekommen, ein anderer wurde verletzt. Und ein Kind. Ein Unfall. Du warst immer gut, wenn es darum ging, Feuer zu entfachen.«
    Ich schwieg.
    »Du hast Recht, das war etwas Schreckliches. Du könntest mich relativ einfach davon überzeugen, dass du etwas damit zu tun hattest. Aber du wirst mich nie überzeugen können, dass du so etwas bewusst getan hast – die Unschuldigen verletzt und einen heiligen Mann getötet. Das würde ich nie glauben.«
    »Es gibt noch mehr«, flüsterte ich.
    Darragh wartete.
    »Das Mädchen in der Bucht. Das Fischermädchen, das verschwunden ist. Erinnerst du dich an sie?«
    Er schwieg.
    Jedes Wort war eine Herausforderung. Ich zwang sie eins nach dem anderen hervor, während mein Herz laut hämmerte.
    »Ich – ich habe Zauberei angewandt, Darragh. Und habe einen Fehler gemacht. Ich habe sie verändert, und sie ist gestorben. Etwas ist schief gegangen und sie ist gestorben. Ich habe es niemals jemandem gesagt, bis jetzt. Jetzt kannst du sicher nicht mehr mein Freund sein.«
    Nun würde er mit Freuden gehen. Er würde mich verachten und mich verlassen, und ich würde mir keine Gedanken mehr machen müssen, denn er wäre in Sicherheit. Es war schlimm, weil es wehtat, weil es sich anfühlte wie ein Messer im Herzen, das sich hin und her drehte. Aber es war auch richtig, dass ich litt, und dennoch konnte kein Leiden die Dinge ungeschehen machen, die ich getan hatte und die ich weiterhin tun musste.
    »Sie war ein gutes kleines Mädchen«, sagte Darragh leise. Wir kamen einen sanften Abhang hinunter, und zwischen hohen Ulmen lag im Morgenlicht das lang gezogene, niedrige Haus von Glencarnagh vor uns. Nicht allzu weit entfernt konnte ich zwei Männer in grünen Waffenröcken entdecken, die das Anwesen bewachten. Aoife blieb stehen.
    »Du musst jetzt gehen«, flüsterte ich. »Lass mich hier. Ich finde schon zum Haus zurück. Du bist schon viel zu weit mitgekommen.«
    Darragh, der hinter mir saß, regte sich nicht.
    »Darragh!«, flüsterte ich eindringlich. Der Himmel wurde immer heller; ich musste schnell nach drinnen gehen und das Amulett anlegen, bevor es Tag wurde. Das hatte ich Großmutter versprochen. Und Darragh musste verschwinden, bevor man uns sah. Ich fürchtete Eamonns Zorn.
    Endlich regte sich Darragh und rutschte vom Rücken des Pferdes, um mir nach unten zu helfen. Er packte mich an den Armen und sah mir im frühen Morgenlicht forschend ins Gesicht.
    »Vielleicht sollte ich nach Kerry reiten und deinen Vater holen«, murmelte er. »Vielleicht sollte ich das tun.«
    »Nein!«, keuchte ich. »Nein! Tu das bloß nicht! Geh einfach, geh einfach und lass mich in Ruhe! Wie deutlich muss ich es denn noch sagen, damit du es verstehst?«
    »Man muss auf dich aufpassen. Das habe ich immer schon gesagt, und daran hat sich nichts geändert. Du bist da in irgendetwas verwickelt, das zu groß für dich ist. Es ist nicht richtig, Fainne.«
    Ich holte tief Luft. »Hör doch auf mit dem Unsinn«, sagte ich und versuchte, so kalt wie nur möglich zu klingen. »Die Sache ist ganz einfach. Ich will dich vergessen, ich will jede Spur von dir aus meinem Geist tilgen. Ich wünschte, du würdest endlich gehen und ich würde dich nie wieder sehen. Glaub mir, das ist die Wahrheit.«
    Darragh wurde sehr bleich, und dann nahm er langsam die Hände weg. Ich stellte fest, dass ich auch ohne seine Hilfe stehen konnte, wenn auch nur gerade eben so. Er sah mir immer noch ins Gesicht. Sein Blick war forschend, versuchte mir bis ins Innerste zu dringen.
    »Gib mir deine Hand«, sagte er.
    Ich setzte zum Widerspruch an, aber stattdessen streckte ich die Hand aus, und er nahm sie. Wir schauten beide nach unten.
    »Ich glaube dir nicht«, sagte Darragh, als seine Finger den kleinen Kreis aus geflochtenem Gras berührten, den ich am kleinen Finger trug, den winzigen Ring, den ich wie zufällig in der verborgensten Ecke meiner Truhe gefunden hatte, als ich meine Großmutter herausgefordert hatte und besiegt worden war. Diesen Ring hatte sie nicht gesehen, und sie würde ihn auch nie sehen, denn er würde

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