Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Kind der Stürme

Das Kind der Stürme

Titel: Das Kind der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
Vom Netzwerk:
wieder sicher in der Truhe sein, bevor ich das Amulett anlegte. Dieser Ring war ein Zeichen der Unschuld; und es stand mir nicht mehr zu, ihn zu tragen.
    Dennoch, in dieser Nacht hatte ich ihn auf meinen Finger geschoben, um zu beweisen, dass ich ihn nicht vergessen hatte.
    »Ich glaube dir nicht«, sagte er noch einmal, dann ließ er meine Hand los. »Aber jetzt ist es beinahe Morgen, und du solltest lieber ins Haus gehen. Werden diese Wachen dich nicht sehen?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Es gibt Möglichkeiten, so etwas zu vermeiden.«
    Er verzog das Gesicht. »Das gefällt mir nicht, Fainne. Ich lasse dich nur ungern hier zurück.«
    Ich sagte nichts. Wir starrten einander noch einen Augenblick an, und dann wandte ich mich ab.
    »Also gut«, sagte Darragh sanft und streckte die Hand aus, um mir eine Locke aus dem Gesicht zu streichen. Seine Finger verharrten einen Augenblick an meiner Schläfe, dann zog er sie zurück und sagte: »Mach's gut, Löckchen. Pass gut auf dich auf, bis –«
    »Nein!«, rief ich. »Sag das nicht! Du darfst nicht zurückkommen! Niemals, verstehst du das!«
    Und dann wandte ich mich von ihm ab und floh so schnell, wie mein gequälter Körper mich in den Schatten der Ulmen tragen konnte, wobei ich einen Zauber anwandte, damit die Wachen mich nicht sehen konnten. Sie sahen nur eine schwache Bewegung im Morgenlicht, den Hauch eines Schattens vor dem Muster der Grasbüschel. Ich warf keinen Blick zurück, nicht einen einzigen, sondern rannte an der Hecke entlang und durch den Garten, schlüpfte durch die Küchentür hinein, den langen Flur entlang und in mein Zimmer, wo das Feuer völlig erloschen und die Kerze zu einem formlosen Wachsklumpen geschrumpft war. Es war bitter kalt, aber nicht so kalt wie die tödliche Kälte, die mein Herz empfand.
    Ich zog den kleinen Ring vom Finger und steckte ihn tief in die Truhe unter den Seidenschal. Ich würde ihn nie wieder tragen. Dann holte ich Großmutters Amulett heraus, dieses Dreieck seltsam gearbeiteter Bronze, und suchte nach einer Schnur oder einem Band, nach irgendetwas, womit ich es mir um den Hals hängen konnte, denn ich wollte nicht riskieren, dass sie zurückkehrte, nicht solange Darragh sich immer noch in der Nähe von Glencarnagh befand. Sobald ich das Amulett trug, würde sie wieder im Stande sein, mich zu kontrollieren. Ich brauchte nur zu tun, was sie wollte, und alle, die ich liebte, würden in Sicherheit sein.
    Dann fiel mir etwas ein: eine Schnur, eine sehr seltsame, die meine Puppe Riona geschmückt hatte. Ich hatte sie ihr abgenommen, zusammen mit dem gleißend weißen Stein, der daran hing. Wo hatte ich die Schnur nur hingetan? In die Tasche eines Kleids, fiel mir ein. Genau – es war das braune Kleid gewesen, das nun zusammengefaltet in der Truhe lag. Ja, da war die Schnur, fest und stark, geflochten aus vielen Fasern und so fest, dass es aussah, als könnte sie nie zerreißen. Die Enden waren mit Leder gebunden. Zuvor war es mir schwer gefallen, den Knoten zu lösen. Nun ging es seltsamerweise ganz einfach. Es schien, dass dieser Gegenstand, der meiner Mutter gehört hatte, nichts dagegen hatte, einen so gefährlichen Zauber zu tragen. Ich packte den kleinen weißen Stein in die Truhe und fädelte stattdessen das Bronzedreieck auf. Als ich die Schnur um meinen Hals befestigte, bemerkte ich, dass ich dabei Es tut mir so Leid, so Leid, flüsterte. Das Amulett fühlte sich nun leichter an, als wäre die Schnur, die es trug, aus viel festerem Stoff als jene, die ausgefranst und unter einer solch bösen Last zerrissen war. Vielleicht wachte selbst in diesen finsteren Zeiten der Geist meiner Mutter noch über mich. Ich schauderte. Es wäre besser, wenn sie nicht zusähe; besser, wenn sie nichts wüsste. Sie sollte nie erfahren, dass ich zum Werkzeug meiner Großmutter geworden war. Denn es kam mir so vor, als würden meine Schritte von diesem Augenblick an den Weg der Zauberin gehen und meine Geschichte zu ihrer Geschichte werden.

KAPITEL 9
    Ich wusste, was ich tun musste. Es war eine Sache der Disziplin. Ich musste meine Willenskraft konzentrieren und meinen Geist kontrollieren. Ich musste alle Energie meiner Aufgabe zuführen und dafür sorgen, dass mir nichts in den Weg geriet. Es hätte schon von dem Augenblick an, als ich in Dan Walkers Wagen gestiegen war und den Strand von Kerry verlassen hatte, so sein sollen. Es hätte in Sevenwaters so sein sollen, aber stattdessen hatte ich es gegen alle Vernunft zugelassen, dass

Weitere Kostenlose Bücher