Das Kind der Stürme
Sean bin ich nichts weiter als eine arme Verwandte. Ohne eine gute Heirat und einen guten Mann, der mich anleitet, stehe ich einer Zukunft gegenüber, in der ich vollkommen bedeutungslos sein werde, vielleicht sogar nur eine Art bessere Dienerin.«
Eamonn verzog das Gesicht. »Du könntest hier leben. Ich würde gut für dich sorgen. Alles, was du willst: schöne Kleider, Schmuck, du würdest mein Haus führen, meine Ländereien verwalten und mir Gesellschaft leisten, wenn ich hier bin. Ich könnte dir ein gutes Leben bieten, Fainne. Du brauchst nicht in den Haushalt meiner Schwester zurückzukehren, um dort die Dreckarbeit zu machen. Und ich würde dich auf sanfte Art in diese Freuden einführen, von denen du gesprochen hast. Ich könnte mir vorstellen, dass du nichts dagegen hättest.«
»Aber Ihr werdet mir keinen Ring und nicht Euren Namen geben und mich nicht Eure Söhne zur Welt bringen lassen. Eher als diese Schande zu ertragen, wollt Ihr gar keine Söhne haben. Ich würde in allem nur einen jämmerlichen Ersatz für sie darstellen, nicht wahr?« Meine Stimme bebte, so sehr ich mich auch anstrengte.
»O Fainne! Ich habe das ungeschickt angefangen und dich verstört. Eine Ehe ist vollkommen unmöglich, meine Liebe. Alle würden auf mich herabschauen. Eine solche Heirat würde als dumm und Verschwendung betrachtet, man würde glauben, dass ich die Beherrschung verloren habe. Man würde über mich lachen.«
»Wenn Ihr nicht heiratet, werdet Ihr keine legitimen Söhne haben. Wenn Ihr sterbt, werden sich die Aasvögel auf Eure Ländereien stürzen und sie zerfetzen. Ist es das, was Ihr wollt? Habt Ihr den Willen verloren, um das zu kämpfen, was Euch gehört, und Euren Kindern ihr Geburtsrecht zu sichern? Ihr enttäuscht mich. Ihr habt bereits zugelassen, dass Euer Feind siegt.«
Wieder schwieg er lange Zeit.
»Dann sag mir doch«, begann er schließlich erneut, setzte seinen Kelch auf dem Tisch ab und nahm meine Hände in seine: »Sag mir, wer du wirklich bist und wo du hergekommen bist. Denn eins ist sicher, ich werde keine Frau heiraten, die keinen Vater hat.«
Meine Strategie war gefährlich, und das hier war der schwierigste Teil. Ein Mann mit einem solchen Gefühl für Angemessenheit würde von der Wahrheit angewidert sein. Ich musste es ihm sagen, und ich musste dabei genügend Interesse erwecken, damit er sich noch anhörte, was danach kam.
»Also gut«, sagte ich mit einem Zögern, das recht natürlich war. »Ich werde Euch die Wahrheit sagen. Sie wird Euch nicht gefallen. Und ich denke, ich muss Euch vorher das Versprechen abnehmen, dass Ihr mich ausreden lasst und Euch alles in Ruhe anhört. Gebt mir Euer Wort.«
»Selbstverständlich«, sagte Eamonn, und er bewegte den Daumen ein wenig an meinem Handgelenk, als hielten ihn im Hinterkopf immer noch die Freuden des Fleisches fest im Griff, ganz gleich, wozu seine Vernunft ihm riet. Wenn das so war, gab mir das einen Vorteil, und ich musste ihn nutzen, obwohl ich das widerlich fand.
»Also gut«, sagte ich noch einmal. »Das hier ist schwierig für mich, begreift Ihr das? Es ist, als würde ich zugeben, dass ich – dass ich einen gewissen Makel habe. Ich bin nicht, was Ihr von mir gedacht habt, Eamonn. Ich habe Euch nie erzählt, dass ich in einem Kloster von christlichen Schwestern aufgezogen wurde. Ich habe Euch glauben lassen, was Ihr wolltet, das war alles. Ich wuchs bei meinem Vater in Kerry auf, wo wir beide allein lebten. Mein Vater hat mir alles beigebracht, was er wusste. Er war einmal ein Druide, aber jetzt ist er es nicht mehr, nicht mehr, seit er meine Mutter getroffen und sie mitgenommen hat. Sein Name war – ist Ciarán, und er ist ein Halbbruder von Conor von Sevenwaters.«
Darauf folgte sehr langes Schweigen. Eamonn hielt meine Hände weiter fest, aber nun waren seine Finger so starr, als wären sie zu Eis geworden.
»Was?«, sagte er so leise, dass ich ihn kaum hören konnte. Er wirkte zutiefst schockiert.
»Mein Vater ist der Sohn von Colum von Sevenwaters und seiner zweiten Frau. Sie hat ihn weggebracht, als er noch sehr klein war, aber sein Vater brachte ihn zurück in den Wald, wo er als Druide aufgezogen wurde. Er ist ein guter, weiser, ehrenhafter Mann. Er ist in all diesen Jahren mein einziger Verwandter gewesen, mein Führer und Lehrer.«
»Aber – aber das bedeutet … du verstehst, was es bedeutet?«
Jetzt ließ er meine Hände los.
»O ja. Es bedeutet, dass die Vereinigung zwischen meiner Mutter und meinem
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