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Das Kind der Stürme

Das Kind der Stürme

Titel: Das Kind der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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Ciarán. Ich erkenne das an, und dein Vater und ich haben tatsächlich vor langer Zeit einmal darüber gesprochen. Ciarán und ich waren niemals Feinde. Und was Niamh angeht, sie erzählte mir einmal, wie sehr sie sich danach sehnte, ein Kind zu haben. Ich verstand, was sie damit meinte, denn damals war ich mit meinem ältesten Sohn schwanger, obwohl sein Vater weit weg war und es unwahrscheinlich schien, dass wir je zusammen sein könnten. Ich verstehe, wie sehr sie sich danach sehnte. Sie klammerte sich selbst im finstersten Augenblick an diese Hoffnung.«
    »Mag sein«, sagte ich widerstrebend, »aber sie hat mich nicht geliebt. Wie konnte sie? Wenn sie mich geliebt hätte, wenn es so etwas wie Liebe gäbe, wie hätte sie sich dann entscheiden können zu sterben, als ich noch zu klein war, um mich auch nur an sie zu erinnern?«
    »Ich weiß, was sie über dich dachte und wie sie empfand.« Liadans Stimme im Dunkeln war leise, aber fest. Sie blies die Kerze aus. »Ich habe es gesehen. Manchmal werden mir solche Visionen gewährt. Ich habe es gesehen, noch bevor du zur Welt kamst. Niamh saß in einem seltsamen Ort, einem Ort aus blauem Licht und weichem Schatten, wie eine kleine Höhle, halb verborgen unter dem Meer, wo ganz sanft die Flut hereinkam. Niamh und ihr Kind. Ihr habt beide Muster in den Sand gezeichnet, vorsichtig und ruhig. Ich werde nie vergessen, wie sie ausgesehen hat, als sie dich beobachtete. Und deshalb ist es mir immer schwer gefallen zu begreifen, wieso sie …« Ihre Stimme verklang.
    Eine Weile konnte ich gar nichts sagen. Ihre Worte hatten die Erinnerung zurückgebracht: die kleine Höhle unterhalb der Honigwabe, der Ort, wo die Elemente zusammentrafen, die Zuflucht, an der ich so manche Stunde verbracht hatte, allein oder mit Darragh, und ich hatte zugesehen, wie das Licht auf dem flachen Stein spielte, den reinen Sand durch meine Finger rieseln lassen und hatte gehört, wie die kleinen Wellen an den Strand plätscherten. Dieser Ort rief mich zurück nach Kerry; ich versuchte mir vorzustellen, wie Mutter dort am Strand saß und zusah, wie die kleine Fainne im Sand spielte. Aber mehr als das war es nicht: ein Bild. Ich sehnte mich danach, mich zu erinnern, aber ich konnte es nicht. Wahrscheinlich war das ganz gut so. Ich war in Gefahr, zu viel zu empfinden, und Empfindungen machten die Dinge nur schwieriger.
    »Tante Liadan?«
    »Mhm?«
    »Ist es so unmöglich, dass ich Eamonn heiraten könnte?«
    Sie schwieg lange. »Ja«, sagte sie dann schließlich.
    »Aber warum?«, fragte ich. »Du kennst meine Herkunft. Wo sonst würde ich einen Mann von solcher Position finden? Ist seine Werbung nicht eine große Ehre für mich? Ich verstehe das nicht.«
    »Ich werde hier in diesem Haus nicht darüber sprechen, Fainne.« Dieser Tonfall ließ keine weiteren Diskussionen zu. »Das kann warten. Du kannst warten. Anders als Eamonn bist du erst sechzehn und hast alle Zeit der Welt. Und nun solltest du lieber schlafen, denn wir werden morgen früh aufbrechen.«
    Ich schwieg, denn ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich glaubte, dass sie eingeschlafen wäre, aber nach einer Weile sagte sie: »Weißt du, es ist durchaus möglich, aus Liebe zu heiraten. Tatsächlich ist unsere Familie dafür bekannt, so etwas zu tun, so unwahrscheinlich es auch sein mag. Es wäre traurig, wenn du nur um der Sicherheit willen oder wegen strategischer Interessen heiraten würdest. Praktisch vielleicht, aber traurig. Hast du einen Schatz, Fainne?«
    »Nein«, flüsterte ich viel zu schnell.
    »Nun denn«, sagte Tante Liadan ins Dunkel.
    Manchmal war Angriff die beste Verteidigung. »Du hast doch sicherlich nicht aus Liebe geheiratet«, sagte ich herausfordernd.
    »Wieso sagst du das?« Liadan klang nicht beleidigt, aber überrascht.
    »Verzeih mir, aber nach allem, was ich höre, klingt dein Mann nicht nach der Art Mensch, für den ein Mädchen die Aussicht auf eine hervorragende Heirat aufgeben und ihr Zuhause für immer verlassen würde. Wie hast du ihn kennen gelernt?«
    Kurzes Schweigen folgte.
    »Wenn ich mich richtig erinnere«, sagte Liadan, und ich hörte an ihrer Stimme, dass sie lächelte, »haben mir seine Männer einen Schlag über den Kopf versetzt und mich verschleppt. In diesen Tagen hielt ich ihn für ziemlich schrecklich, und er hielt mich für nichts weiter als eine Last.«
    »Also«, sagte ich und fragte mich, ob sie Geschichten erzählte, um sich einen Spaß mit mir zu machen, »hast du nicht aus Liebe

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