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Das Kind der Stürme

Das Kind der Stürme

Titel: Das Kind der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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nicht erfahren, er durfte keinen Grund haben, mich zu suchen, nicht, solange Großmutter ihre Magie gegen ihn wirken konnte. »Wenn er herkäme, würde ich ihm sagen«, zwang ich mich weiterzusprechen, »genauer gesagt, würde ich ihm befehlen, nach Hause zurückzukehren und nie wieder in meine Nähe zu kommen. Ich würde sagen, er und ich sind nicht gut füreinander, und das werden wir auch nie sein. Wenn er mir folgt, kann das nur zu Schmerz und Kummer führen. Sag ihm, ich kann auf mich selbst aufpassen. Es ist besser so.«
    »Sonst noch was?« Janis hatte die faltigen Lippen aufeinander gepresst und die schwarzen Brauen hochgezogen. Sie war eindeutig alles andere als beeindruckt.
    »Und – und sag ihm«, flüsterte ich, »sag ihm, dass ich es nicht vergessen habe. Sag ihm, ich versuche, das Richtige zu tun.«
    Nun schwiegen wir beide, und es war nur das Quietschen des Bratspießes zu hören, auf dem eine ganze Lammseite briet, das Klirren von Tellern und das Lachen und Scherzen der Krieger, die hier einen Augenblick Wärme und Gesellschaft suchten, bevor sie sich wieder an die endlosen Drills und Übungskämpfe der Feldzugsvorbereitungen machten.
    »Du hast dir einen einsamen Weg gewählt«, sagte Janis leise. »Und du bist noch nicht einmal sechzehn, immer noch ein Kind. Ein langer, einsamer Weg.«
    »Daran bin ich gewöhnt«, erklärte ich. Vielleicht war es ihr Blick, vielleicht war es die Freundlichkeit in ihrer Stimme, ich weiß es nicht. Aber es brachte Bilder aus der Vergangenheit zurück, und wenn ich in diesem Augenblick hätte weinen können, hätte ich es getan. »Ich habe Erinnerungen«, sagte ich ihr. »Das ist immerhin etwas.«
    »Nicht viel, um darauf zu bauen«, sagte Janis.
    ***
    Wir ritten nach Norden. Und in dem Augenblick, als wir die Festung von Sevenwaters hinter uns ließen, wurde Johnny zu einem unserer Bewacher. Die dunkle Kapuze bewirkte, dass man ihn nicht mehr von den anderen unterscheiden konnte. Alles schien in Ordnung. Großmutters leise Stimme war seit der Nacht, als ich sie heraufbeschworen und ihre Pläne für Johnny gehört hatte, still gewesen. Alle ritten rasch, niemand zeigte Anzeichen von Krankheit oder Schmerz. Man hätte nicht sagen können, wann Großmutters Zauber Johnny treffen würde, obwohl sich das Amulett nun die ganze Zeit warm anfühlte, was ich als ein Zeichen dafür betrachtete, dass sie mich beobachtete. Unsere Wachen umgaben uns schweigend, mich und meine Tante Liadan, während wir über waldige Abhänge und breite Waldwege ritten, vorbei an zugefrorenen Teichen und vereisten Bächen. Sie führten uns durch schmale Pfade in eine marschige Wildnis und über hohe Pässe, wo große Raubvögel über uns kreisten und der Boden vom Frost eisenhart war. Sie schlugen mit uns ein Lager im Schutz eines alten Hügelgrabs auf, das mit geheimen Symbolen gekennzeichnet war. Die ganze Zeit behielten sie ihre Masken an, außer wenn sie aßen. Man konnte einen vom anderen nicht unterscheiden.
    »Eine Art von Schutz«, erklärte Liadan. »Das ist notwendig, um die Zeichen zu verbergen, die sie tragen.«
    »Wenn das so gefährlich ist, warum schmücken sie sich dann auf diese Weise?«, fragte ich.
    Liadan lächelte. »Es ist für sie ein Zeichen des Stolzes. Ein Zeichen der Zugehörigkeit. Unsere Krieger halten es für eine große Ehre, dass man es ihnen gestattet. Nicht jeder wird in diese Truppe aufgenommen.«
    »Worin bestehen denn die – die Anforderungen? Adliges Blut? Mutige Taten?«
    »Jeder dieser Männer ist einzigartig. Jeder bringt seine eigenen Qualitäten mit. Wenn er etwas beitragen kann, etwas, das wir brauchen, wird er akzeptiert werden, solange er die Prüfung besteht.«
    »Prüfung? Was für eine Prüfung?«
    »Eine Prüfung der Fähigkeiten und der Loyalität. Es ist unterschiedlich. Du wirst viele verschiedene Arten von Menschen auf Inis Eala finden. Männer aller Art, aller Hautfarben und Glaubensbekenntnisse.«
    »Und Frauen?«
    »Ja, auch ein paar Frauen. Es braucht eine ganz besondere Art von Menschen, um an einem solchen Ort zu leben, Fainne. Eine besondere Art von Kraft.«
    »Tante Liadan?«, sagte ich, als wir uns unter der seltsamen Kuppeldecke zum Schlaf niederlegten. »Dieser Ort hier … hast du die Zeichen gelesen? Die Inschriften?«
    Sie schwieg einen Augenblick.
    »Nein, Fainne«, sagte sie mit seltsam angespannter Stimme. »Diese Sprache ist viel älter als jede, die ich zu lesen gelernt habe. Ich kann sie nicht lesen.«
    »Diese

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