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Das Kind der Stürme

Das Kind der Stürme

Titel: Das Kind der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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an den Hügeln seltsame Steine aufgeschichtet waren, von denen man nicht hätte sagen können, ob diese scheinbar zufällige Arbeit von Menschen geleistet worden war oder von etwas Älterem. Die Winterschatten verwandelten Felsen in Gnome, Riesen oder sich duckende Erddrachen. Selbst das Unterholz schien böswillig, niedrige, dunkle Büsche, die lange Dornenranken ausstreckten, um an Rock und Strumpf zu zerren. Wir ritten schnell, und es schien, dass selbst die Krieger keine Lust hatten, sich hier länger aufzuhalten als unbedingt notwendig.
    Der Weg wurde schmaler, bis nur einer von unserer Eskorte noch zu sehen war, der Mann direkt vor uns. Jemand stieß einen Ruf aus, und der Mann erstarrte. Wir Frauen zügelten unsere Pferde, und Liadan legte mir die Hand auf den Arm, um mich zu beruhigen. Vor uns auf dem Weg stand eine Gruppe wild aussehender Männer, die mit Messern, Keulen und kleinen Äxten bewaffnet war. Ihr offensichtlicher Anführer, ein riesiger Kerl mit einer Augenklappe und gelben, fauligen Zähnen, trat vor und richtete seine Waffe auf unsere Wache.
    »Runter mit euch«, befahl er. »Und keine Spielchen. Wir sind zu sechst und du bist nur einer, wenn man deine Freundinnen da nicht mitzählt. Schön langsam. Gib mir das Schwert. Und das Messer. Jetzt dreh dich um. Und jetzt …«
    Zu meiner Verblüffung tat unser Mann genau, was man ihm sagte, ohne auch nur zu protestieren. Die Angreifer nahmen ihm seine Waffen ab und griffen nach den Zügeln des Pferdes, als wollten sie es wegführen. Ich starrte mit wachsendem Entsetzen hin, als der Mann mit der Augenklappe grinsend auf uns zuschlenderte. Tante Liadan saß ruhig da und wirkte nicht sonderlich verängstigt. Vom Rest der Eskorte war nichts zu sehen.
    »Sieh mal da«, erklärte der Anführer der Gruppe, als er neben meinem kleinen Pferd stand. »Was haben wir denn da?«
    Ich hob die Hand und wollte einen Zauberspruch aussprechen.
    »Nicht, Fainne«, sagte Liadan leise. »Das ist nicht notwendig.«
    Hinter dem Anführer hatten die anderen unserem Bewacher die Maske abgezogen, und nun sahen sie die Zeichen auf seinem Gesicht. Jemand fluchte, und ich hörte die Worte ›Bemalter Mann‹, die in entsetztem Flüsterton ausgesprochen wurden. Der Mann an meiner Seite erstarrte, dann wich er zurück, sein Gesicht plötzlich kreidebleich um das Schwarz der Augenklappe. Dann gab es mehrere leise Geräusche, ein Schwirren, ein Knacken, das Geräusch eines Pfeils, der sein Ziel traf. Der Mann, den sie entwaffnet hatten, fuhr herum und fällte einen seiner Angreifer mit einem gut platzierten Tritt. Ohne weiteres Handgemenge lagen plötzlich sechs Männer auf dem festen Boden, ächzten oder keuchten oder waren auf sehr Unheil verkündende Weise still geworden. Hinter und vor uns, links und rechts, erschienen Johnnys Männer unter Bäumen oder hinter Felsen und steckten kleine Gegenstände wieder in Gürtel und Taschen. Ein Pfeil wurde blutig aus einer Wunde gezogen. Ein Messer wurde wirkungsvoll angewandt. Ich schloss die Augen.
    »Fainne? Es tut mir Leid. Hattest du Angst?« Dieser maskierte Krieger sprach mit Johnnys Stimme. Der Mann, den die Angreifer entwaffnet hatten, holte sich seine Waffen zurück und zog die Kapuze wieder über, als wären solche Begegnungen etwas ganz und gar Normales, wie wenn man die Schafe zusammentrieb oder ein Brot anschnitt.
    »Ich kann auf mich selbst aufpassen«, fauchte ich und zwang mein Herz dazu, langsamer zu schlagen. »Es war nur eine seltsame Art, einem Hinterhalt zu begegnen, das ist alles. Du hättest uns warnen können.«
    »Wir haben unsere eigene Art. Und das hier kann man kaum als einen Hinterhalt bezeichnen. Sie haben sich viel zu dumm angestellt.«
    »Du hättest sie nicht töten müssen.«
    »Es war dumm von ihnen, einen solchen Überfall auch nur zu versuchen, und sie haben nichts Besseres verdient. Außerdem sind nicht alle tot. Ein paar werden eine Geschichte mit nach Hause nehmen, die Geschichte vom Bemalten Mann. Dieser Pass wird nun eine Weile sehr sicher sein, bis sie es vergessen und es wieder versuchen. Diesmal haben sie sich ihr Opfer schlecht ausgesucht. Niemand rührt meine Mutter an. Wenn du mit ihr unterwegs bist, hast du den besten Schutz, der überhaupt möglich ist.« Seine Stimme war fest, und er hielt sich so selbstsicher und ruhig wie stets. Großmutter hatte also ihren Zauber noch nicht gewirkt? Konnte ich hoffen, dass sie aus eigenen Gründen auf diese Grausamkeit verzichten würde?
    Wir ritten

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