Das Kind der Stürme
Festland fahren, um dort ein paar Dinge abzuholen, die sie bestellt hatte, und daher gestattete man mir mitzugehen, denn es schien angemessener, dass wir beiden jungen Frauen zusammen unterwegs waren. Es war interessant, dass Johnny es nicht für notwendig hielt, eine ältere Frau mitschicken zu müssen. Auf diese Weise, dachte ich, zeigte er seinen Männern, dass er ihnen trotz allem, was geschehen war, immer noch vertraute.
Der Tag war klar, die See kabbelig. Brenna schwatzte vergnügt, während das Boot auf und ab schaukelte, und ich biss die Zähne zusammen und hielt den Blick auf das Ufer gerichtet. Endlich war die Überfahrt vorbei. Johnny hatte Gareth und Corentin ausgewählt, um uns Mädchen zu begleiten, was vielleicht ein wenig unfreundlich war. Beide waren schwer bewaffnet. Brenna öffnete das Bündel, das im Vorratshaus auf sie wartete, und begann den Inhalt zu inspizieren, wobei sie leise vor sich hin murmelte. Ich beobachtete Johnny und Godric und die anderen, die sich diverse Päckchen und Pakete auf die Schultern luden und zum Boot hinuntertrugen. In der Siedlung ging es geschäftig zu, voll bepackte Wagen waren erst vor kurzer Zeit eingetroffen; Bewaffnete patrouillierten überall. Schlange ging keine Risiken ein und behielt eine beträchtliche Streitmacht auf dieser Seite des Meers. Man konnte nicht einfach nach Inis Eala hinübersegeln, und niemand betrat unangekündigt diese Festung. Brenna ließ sich Zeit. Ich setzte mich draußen auf eine Bank, genoss den klaren Tag und fragte mich, ob die Luft vielleicht sogar ein bisschen wärmer war als sonst. Meine Gedanken schweiften zurück zur Insel. Bald würde ich einen geheimen Ort finden müssen, um weitere Verwandlungen zu üben und meine Fähigkeiten für die Aufgabe zu stärken, die vor mir lag. Vielleicht morgen oder übermorgen.
»Fainne?« Ich zuckte zusammen, als ich Johnnys Stimme hörte.
»Müssen wir gehen?«, fragte ich und stand auf.
»Noch nicht. Die Jungs möchten erst noch ein Bier trinken. Da drüben ist ein Bursche, der sagt, dass er dich kennt.«
»Bursche? Was für ein Bursche? Das muss ein Irrtum sein. Ich kenne niemanden.«
Johnny grinste. »Ich habe das Gefühl, den da kennst du. Er hat sich einfach nicht abweisen lassen.«
Kalte Angst ließ mich schaudern. Ich folgte meinem Vetter ohne ein Wort zu einer Stelle, wo ein paar alte Mähren locker angepflockt waren und leere Wagen in einer Reihe standen. Und dort stand ein schlaksiger junger Mann mit schwarzem Haar bis auf die Schultern, einem kleinen Bart und einem goldenen Ring im Ohr und tätschelte die Nase einer hässlichen braunen Stute.
»Hallo, Löckchen«, sagte Darragh.
Mein Herz begann heftig zu schlagen, und das hatte überwiegend mit Angst und ganz wenig mit Freude zu tun. Wenn ich bei Verstand gewesen wäre, hätte ich Johnny vielleicht gesagt, der Mann sei ein vollkommen Fremder und er solle ihn wegschicken. Aber ich fand nicht einmal meine Stimme wieder; ich stand einfach nur da und glotzte. Und plötzlich war Johnny verschwunden, ebenso wie Corentin, der sich im Hintergrund gehalten hatte. Ich verfluchte das Taktgefühl meines Vetters.
»Du siehst gut aus«, sagte Darragh.
Endlich konnte ich sprechen. »Was machst du hier? Du solltest nicht hier sein! Wo ist Aoife?« Er antwortete nicht sofort. Ich sah ihn weiterhin fragend an.
»Ich habe sie verkauft«, sagte er schließlich.
Ich glaubte, meinen Ohren nicht zu trauen. Er hatte Aoife verkauft, die so sehr Teil seiner selbst war, dass sie halb Mensch zu sein schien? Aoife, sein Glückspferd?
»Verkauft?«, wiederholte ich. »Unmöglich!«
Darragh senkte den Blick. »Man kann nicht einfach einen Arbeitsvertrag brechen und durch das halbe Land reisen, ohne die nötigen Mittel zu haben, Fainne. Also habe ich diesen Handel abgeschlossen. Ich habe meine Freiheit erhalten und O'Flaherty die Stute. Er wird sich gut um sie kümmern.«
»Aber warum?«
Er schwieg. Er sah mich an, dann wandte er wieder den Blick ab. Ich glaubte, neuen Kummer in seinen Augen zu sehen, als bezweifelte selbst er die Klugheit seiner Entscheidung.
»Hier gibt es nichts für dich zu tun«, flüsterte ich leidenschaftlich, denn ich war wütend auf ihn, weil er hergekommen war, und auf mich, wegen der Gefühle, die in mir aufwallten – Gefühle, für die die Tochter eines Zauberers keine Zeit hatte, nicht, wenn wichtige Taten zu vollbringen waren. »Du hättest nicht herkommen dürfen. Es ist gefährlich. Du musst nach Hause gehen,
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